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Eisenheim
Was wird aus der umstrittenen Gemeinderatswahl in Eisenheim?
Schwerwiegende Fehler machen die Gemeinderatswahl in Eisenheim ungültig, sagt das Landratsamt. Das Verwaltungsgericht sieht dies ähnlich, entscheidet aber anders.
Bei der Gemeinderatswahl im Markt Eisenheim sind im Vorfeld viele Fehler gemacht worden. Das Landratsamt hat die Wahl für ungültig erklärt.  Aber wie sahen die Würzburger Verwaltungsrichter diese Entscheidung?
Foto: Thomas Obermeier | Bei der Gemeinderatswahl im Markt Eisenheim sind im Vorfeld viele Fehler gemacht worden. Das Landratsamt hat die Wahl für ungültig erklärt.  Aber wie sahen die Würzburger Verwaltungsrichter diese Entscheidung?
Thomas Fritz
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:45 Uhr

Die Gemeinderatswahl im Markt Eisenheim: Fehler über Fehler wurden im Vorfeld gemacht. So viele, dass die Verwaltungsbeamten der Kommunalaufsicht im Würzburger Landratsamt ihre Augen nicht zudrücken konnten. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als die Wahl offiziell für ungültig zu erklären. Ein Schock für die Eisenheimer Gemeinderäte. Und wie es zunächst aussieht, müssen sich alle noch einmal zur Wahl stellen – Ausgang ungewiss.

Jan Baumann war der Spitzenkandidat der Freien Wählergemeinschaft (FWG) und ist jetzt zweiter Bürgermeister im Markt Eisenheim. Gerade bei seiner Gruppierung wurden die Patzer gemacht. Der Wahlvorschlag wurde ohne die benötigten zehn Unterschriften eingereicht. Schwerwiegender ist aber, dass die Aufstellungsversammlung jemand leitete, der später vom Gemeinderat zum gemeindlichen Wahlleiter ernannt wurde. Derjenige hat zudem auch noch den Wahlvorschlag der FWG unterzeichnet und wurde von der Gruppierung zum stellvertretenden Beauftragten ernannt. Dem Würzburger Landratsamt blieb gar nichts anderes übrig, als die Wahl Monate später für ungültig zu erklären. 

Eigentlich wären die vielen Fehler gar nicht aufgefallen. Denn der noch im März amtierende Landrat Eberhard Nuß hat während des ersten Corona-Katastrophenfalls entschieden, dass jetzt weder Personal noch Zeit zur Verfügung stehen, um die Gemeinderatswahlen in 52 Landkreis-Gemeinden zu überprüfen. Aber die Regierung von Unterfranken ließ dies nicht zu und forderte die Kreisbehörde auf, diese Prüfung nachzuholen. So kamen die vielen Fehler doch noch ans Licht und mit Bescheid vom 25. September wurde die Wahl für ungültig erklärt.

Verwaltungsgerichtspräsident spricht von einem Kardinalfehler

Jan Baumann wollte Rechtssicherheit. Gegen den Bescheid des Landratsamtes hat er vor dem Würzburger Verwaltungsgericht geklagt. Bereits im Vorfeld stand fest: Wie auch immer die Verwaltungsrichter entscheiden mögen: Das Urteil werde akzeptiert. Sowohl Landrat Thomas Eberth als auch Eisenheims Bürgermeister Christian Holzinger äußerten sich in diese Richtung. 

"Als langjähriger Wahlhelfer sind mir eine Fülle von Fehlern wie hier noch nicht vorgekommen", sagte Verwaltungsgerichtspräsident Rudolf Emmert, der die mündliche Verhandlung vor der zweiten Kammer leitete. Dass ausgerechnet der Wahlleiter den Wahlvorschlag einer Gruppierung unterzeichnet und auch die Aufsstellungsversammlung geleitet hat, sei ein "Kardinalfehler" und würde zur Ungültigkeit der Wahl führen, ist das Gericht überzeugt. Aber, müssen die Eisenheimer jetzt deshalb noch einmal wählen?

Landratsamt muss innerhalb von vier Monaten die Wahl prüfen

Nein, denn die Gemeinderatswahl in Eisenheim bleibt gültig. Das Verwaltungsgericht hat am Mittwoch den entsprechenden Bescheid des Würzburger Landratsamtes aufgehoben. Denn die Kommunalaufsicht der Kreisverwaltungsbehörde hat die Eisenheimer Gemeinderatswahl nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von vier Monaten für ungültig erklärt. 

Durch die coronabedingte verspätete Überprüfung der Wahl wurden von den Mitarbeitern der Kommunalaufsicht erst am 17. Juli die Fehler festgestellt. Also knapp vier Monate nach Feststellung des Wahlergebnisses, das am 27. März offiziell bekanntgegeben wurde. "Bevor wir die Wahl für ungültig erklären, wollten wir erst den Sachverhalt aufklären", führte die Leiterin des Geschäftsbereichs Kommunales im Würzburger Landratsamt, Oberregierungsrätin Eva Maria Löffler, vor Gericht aus. "Denn uns war bewusst, eine Wahl für ungültig zu erklären, ist ein großer Schritt für die Gemeinde."

"Als langjähriger Wahlhelfer sind mir eine Fülle von Fehlern wie hier noch nicht vorgekommen."
Rudolf Emmert, Verwaltungsgerichtspräsident

Beispielsweise war auf der Checkliste angegeben, dass die nötigen Unterschriften vorhanden sind, aber auf dem Wahlvorschlag fehlten. "Das wollten wir aufklären", so Löffler. Spätestens am 27. Juli hätte die Wahl für ungültig erklärt werden müssen. Von den Mitarbeitern der Kommunalaufsicht wurde diese Frist aber verlängert. So kam es dazu, dass die Eisenheimer erst Ende September wussten, dass ihre Gemeinderatwahl ungültig ist.

Landratsamt hätte früher entscheiden müssen

Was die vielen Fehler im Vorfeld angeht, so ist auch das Würzburger Verwaltungsgericht eins mit der Ansicht der Kommunalaufsichts-Mitarbeiter. "Eigentlich würden solche Hämmer eine Ungültigkeitserklärung der Wahl rechtfertigen", so Emmert. Aber aus Sicht der Kammer durfte es keine Fristverlängerung geben, da der eklatante Fehler bereits am 17. Juli feststand und weiterer Aufklärungsbedarf nicht mehr gegeben war. Und damit bleibt die Wahl gültig.

Wenn die Mitarbeiter der Kommunalaufsicht die Wahl in Eisenheim allerdings innerhalb von vier Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ungültig erklärt hätten, wäre der Bescheid zu Recht ergangen. "Das Landratsamt hat alles getan, um die Wahl in Eisenheim zu retten. Letztlich ist es auch gelungen", so Emmert.

"Ich bin froh, mir fällt ein Stein vom Herzen", sagte Bürgermeister Christian Holzinger nach der Entscheidung. Er will aber auch noch einmal klarstellen, dass der vom Eisenheimer Marktgemeinderat bestellte Wahlleiter dieses Amt ehrenamtlich ausübte und er jetzt zu Unrecht die Prügel abbekommt. "Dem Wahlsachbearbeiter in Estenfeld hätte das auffallen müssen, weil in der Verwaltungsgemeinschaft alles vorbereitet wurde", so Holzinger. Vorsitzende dieser Verwaltungsgemeinschaft ist die Estenfelder Bürgermeistein Rosalinde Schraud. "Die Fehler hätten jedem ins Auge stechen müssen, spätestens dem Wahlausschuss", sagte sie. "Vielleicht haben wir die Wahl dieses Mal zu leicht genommen. Das nächste Mal schauen wir genauer hin." 

"Das Landratsamt hat alles getan, um die Wahl in Eisenheim zu retten. Letztlich ist es auch gelungen."
Rudolf Emmert, Präsident des Verwaltungsgerichts

In einer Pressemitteilung erklärt Landrat Thomas Eberth: "Da das Landratsamt mit den Gemeinden in enger Abstimmung stehen wollte, wurde versucht, durch die nun vom Gericht kritisierte Fristverlängerung vor einer Ungültigerklärung den Sachverhalt mit der Verwaltungsgemeinschaft Estenfeld zu klären. Diese vorbildliche Zusammenarbeit mit den Gemeinden fällt uns jetzt auf die Füße. Damit können wir jedoch gut leben. Auch wenn wir über das Urteil etwas verwundert sind, akzeptieren wir die Entscheidung des Gerichts."  

 
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Kommentare
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  • T. P.
    Kaum zu glauben was hier zu lesen ist!
    Da stellt sich die Frage, wie weit ist unsere Demokratie von einer Bananenrepublik entfernt? Beschämend ist dazu die Aussage, wir hätten genauer hinschauen sollen.
    Dabei bekommen die Beteiligten noch ein gutes Geld, hier wird darauf geachtet, dass sie nicht zu kurz kommen und alles korrekt abläuft.
    So viel Inkompetenz auf einmal, die nicht einmal Konsequenzen nach sich zieht; wehe dem, der da Böses denkt.
    Im Gegensatz dazu wird jeder Bürger bei Fehlverhalten bestraft oder muss mit Konsequenzen Rechen, hier anscheinend nicht.
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  • H. H.
    Meine Güte

    also das wär für Donald Trump ja ein gefundenes Fressen...

    Aber OK, wer die Vorgeschichte verfolgt hat, der müsste wissen, dass es hier zwar einen unglaublichen Haufen (formale) Fehler bzw. Versäumnisse gegeben hat, was aber eine Mehrheit der Wähler/innen nicht davon abgehalten hat, den "umstrittenen" Wahlvorschlag anzukreuzen.

    Was also passiert, wenn man die Wahl tatsächlich wiederholt? Man gibt vmtl. einen Haufen Geld aus und kommt zu einem ziemlich gleichen Ergebnis (außer dass man - mal wieder - ein Prinzip zu Tode geritten hat). Insofern hält sich (ausnahmsweise...) meine Kritik mal in Grenzen.

    Ein trauriges Bild auf die Personen, die mit den Wahlvorbereitungen befasst waren, wirft das aber schon. Die Demokratie muss ja eh schon allerhand aushalten, da braucht es sicher nicht auch noch Unregelmäßigkeiten (vulgo "Mauscheleien") bei der Listenaufstellung.
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