Zurück auf Null heißt es für die zwölf Gemeinderäte im Markt Eisenheim (Lkr. Würzburg). Denn es gibt schwerwiegende formale Fehler, die im Vorfeld ihrer Wahl zum Gemeinderat am 15. März passiert sind. Im Landratsamt Würzburg sind diese nun bei der nachträglichen Wahlprüfung aufgefallen. "Da können wir nicht einfach sagen: 'Schwamm drüber'. Die Gemeinderatswahl muss wiederholt werden", sagt Landrat Thomas Eberth.
Donnerstagnachmittag im Würzburger Landratsamt: Eisenheims Bürgermeister Christian Holzinger (parteilos) und Bürgermeisterin Rosi Schraud (CSU) aus Estenfeld, auch Vorsitzende der Verwaltungsgemeinschaft (VG), sind zum Gespräch geladen. Die Nachricht, die Landrat Thomas Eberth (CSU) beiden überbringen muss, ist keine gute.
"Als wir erfahren haben, dass die Gemeinderatswahl ungültig ist, haben wir schon sehr bedröppelt geschaut", sagt Rosi Schraud. "Ich war a bissle g'schockt", gibt Holzinger zu, der erst seit Mai Bürgermeister in Eisenheim ist. Danach hat er gleich seine Gemeinderäte informiert. "Begeistert waren die alle nicht. Vor allem diejenigen, die bei der Wahl nur sehr knapp in den Gemeinderat gekommen sind."
Der Kommunalaufsicht sind viele handwerkliche Fehler aufgefallen
Der Rechtsaufsicht des Landratsamtes seien bei der nachträglichen Prüfung der Wahlunterlagen viele "handwerkliche Fehler" aufgefallen, sagt die verantwortliche Juristin Eva-Maria Löffler. Beim Wahlvorschlag der Freien Wählergemeinschaft (FWG) fehlten die notwendigen zehn Unterstützungsunterschriften. "Die zuständige Verwaltungsgemeinschaft hat auch an Eides statt versichert, dass diese Unterschriften nicht vorliegen", so Löffler. Dazu kommt, dass der gemeindliche Wahlleiter gleichzeitig auch den Wahlvorschlag der FWG unterzeichnet hat. "Das darf überhaupt nicht sein", sagt Landrat Eberth.
Die FWG schnitt bei der Gemeinderatswahl am 15. März in Eisenheim mit 42,73 Prozent der Stimmen am besten ab. Jan Baumann war der Spitzenkandidat der Gruppierung und ist jetzt zweiter Bürgermeister der Gemeinde. "Das ist schon ein schwerer Schock für uns", sagt er. Er spricht von "umfangreichen Formularen", die es auszufüllen galt. "Wir sind ja alle Nebenerwerbspolitiker und haben versucht, das alles korrekt zu machen. Bei der Abgabe der Unterlagen im Wahlamt Estenfeld haben wir sogar noch darauf hingewiesen, dass wir das zum ersten Mal gemacht haben und unsicher sind."
Für den Geschäftsleiter der Verwaltungsgemeinschaft war es die erste Wahl
Doch auch dort fiel weder dem Wahlleiter der VG noch dem Wahlvorstand auf, dass bei der FWG die nötigen Unterstützungsvorschriften fehlen. Dabei wusste der Haupt-Wahlleiter eigentlich genau, worauf er zu achten hatte. Denn in Estenfeld ist bei der Gemeinderatswahl zum ersten Mal die Gruppierung EinS angetreten, die immer wieder von ihm erklärt bekam, welche Formalitäten zu beachten sind.
"Der zuständige Mitarbeiter hat zum ersten Mal eine Wahl durchgeführt", nimmt VG-Vorsitzende Rosi Schraud den geschäftsleitenden Beamten der Verwaltungsgemeinschaft, zu der der Markt Eisenheim gehört, in Schutz. Dabei war der nicht korrekt ausgefüllte Wahlvorschlag der FWG nicht der einzige Fehler. In Eisenheim wurden zunächst auch falsche Briefwahlunterlagen an die Wähler verschickt - was aber später korrigiert werden konnte.
Georg Endres, der die Wahl in Eisenheim ehrenamtlich geleitet hat, ist am Freitag aus allen Wolken gefallen, als er vom Bürgermeister die schlechte Nachricht hörte. Endres, der auch den FWG-Wahlvorschlag unterzeichnet hat, ist stinksauer: "Jetzt stehe ich da, als wäre ich der letzte Depp." Dabei betont er, dass er ausdrücklich beim Geschäftsleiter der VG nachgefragt habe, was er als gemeindlicher Wahlleiter dürfe. "Und als wir die Unterlagen abgegeben haben, wollten wir wissen, ob alles vollständig ist. Da hieß es sinngemäß vom Haupt-Wahlleiter, 'des passt scho'.
Landratsamt favorisiert Nachwahl
Die Rechtsaufsicht des Landratsamtes sieht im Fall Eisenheim die Möglichkeit einer Nachwahl gegeben, die innerhalb eines Jahres durchzuführen ist. Das bedeutet, dass nur die FWG ihre Gemeinderatskandidaten erneut aufstellen und den Wahlvorschlag, freilich dann mit den nötigen Unterschriften, einreichen muss.
Alles andere kann bei einer Nachwahl bleiben wie es war. Nur die Zusammensetzung des Gemeinderates könnte sich durch die Wahl verändern. Neue Wähler sind mittlerweile hinzu gekommen, andere verzogen. Und da mittlerweile feststeht, dass Christian Holzinger Bürgermeister ist, er aber auf der SPD-Liste für den Gemeinderat kandidiert, könnten die Stimmen für ihn und damit auch für die SPD weniger werden.
Beschlüsse bleiben gültig
Wann die etwa 1070 Wahlberechtigten in Eisenheim wieder zur Wahl gehen dürfen, ist noch nicht klar. Jetzt beginnt erst einmal der Rechtsweg, alle Beteiligten werden angehört und dann die Wahl für ungültig erklärt. "Ich hoffe, dass wir im Dezember wählen können oder Anfang nächsten Jahres." Längstens bis Ende März 2021 hat die Gemeinde Zeit. Die bisher gefassten Beschlüsse des zu Unrecht im Amt handelnden Gemeinderats bleiben aber gültig.
Bürgermeister Holzinger hat noch die leise Hoffnung, dass seine Gemeinde an einer erneuten Gemeinderatswahl vorbeikommt. Er überlegt, sich noch einmal rechtlich beraten zu lassen. "Vielleicht gibt es ja Argumente, wie beispielsweise die Frage nach der Verhältnismäßigkeit, das noch abzuwenden."
Ein Ehrenamt bedeutet keineswegs das eigene Unvermögen anderen in die Schuhe schieben zu dürfen. Übrigens zu dem "Braunm"-Kommentar: Wissen schützt vor Dummheit, nicht andersherum