Wie war das noch bei Neujahrsempfängen? Händeschütteln, gute Schoppen, Partygebäck und nette Gespräche. In Erinnerung bleiben schließlich die Begegnungen – und manchmal auch eine gute Rede, auf die Parteien in Stadt und Landkreis Würzburg bei ihren Empfängen zu Beginn eines neuen Jahres setzen. Die SPD hatte immerhin schon mal einen sozialdemokratischen Vizekanzler zu Gast: Außenminister Frank-Walter Steinmeier kam 2008 nach Eibelstadt – Parteifreunde und Gäste erinnern sich noch heute gerne zurück.
SPD wartet bei ihrem Neujahrsempfang mit politischem Spitzenpersonal auf
Dass dies, zumindest was die Rangfolge der höchsten politischen Spitzenämter angeht, noch zu steigern ist, zeigten die Genossinnen und Genossen aus Stadt und Landkreis Würzburg am Samstag. Zum ersten Mal hat ein sozialdemokratischer Bundeskanzler bei einem Neujahrsempfang der Würzburger SPD das Wort. Und nicht nur er spricht zu den Parteifreunden und Gästen, die zuhause in ihrem Wohnzimmern vielleicht auch bei einem Schoppen zuhören, auch Arbeitsminister Hubertus Heil, SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert und Sabine Dittmar, die neue unterfränkische SPD-Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, gehören zur Prominenz.
Weil Händeschütteln und Begegnungen in diesen Pandemiezeiten gerade kontraproduktiv sind, die SPD aber ihren Neujahrsempfang nicht wieder absagen wollte, setzt die Partei auf ein digitales Format. Der Nachteil zeigt sich schnell: Virtuelle Empfänge sind doch recht kühl und können den persönlichen Kontakt nicht ersetzen. Der Vorteil der neuen Zeit: Derart viel politisches Personal stand wohl noch nie auf der Rednerliste der SPD-Unterbezirke Würzburg und Würzburg-Land. Und solch eine pünktliche Veranstaltung ist wohl auch eher selten.
So beginnt exakt um 17 Uhr der Einspielfilm. Die Vorsitzenden sind hoch oben am Würzburger Stein, die Festung im Hintergrund. Freya Altenhöner (Würzburg), Christine Haupt-Kreutzer und Volkmar Halbleib (beide Würzburg-Land) demonstrieren Gemeinsamkeit: "Stadt und Land, Hand in Hand", ist ihr Wahlspruch und damit möchten sie die "regionalen Herausforderungen gemeinsam angehen", so Halbleib.
Wie Bundeskanzler Olaf Scholz die Lage in der Ukraine sieht
Ein paar Minuten später wird live aus der SPD Geschäftsstelle in der Würzburger Semmelstraße gesendet. Es moderiert der stellvertretende Vorsitzende und Kreisrat Tobi Grimm aus Estenfeld, zwischendurch grüßen Ortsvereine entweder im Chat oder im Zuspielfilm. 135 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind virtuell dabei, darunter auch Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU), der am Samstag Geburtstag hatte.
Und dann ist plötzlich Bundeskanzler Olaf Scholz zu sehen. Er steht irgendwo im Kanzleramt in Berlin und grüßt die Genossinnen und Genossen am Main. Besonders Walter Kolbow, von 1998 bis 2005 Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, „mit dem ich viele Jahre gemeinsam Politik gemacht habe“, erinnert sich Scholz, bevor er auf die nationale Corona-Lage eingeht.
Warum SPD-Generalsekretär optimistisch auf die bayerischen Landtagswahlen blickt
Freilich spricht der Kanzler - er wird bei diesem Neujahrsempfang nicht der einzige sein - auch über den Mindestlohn, der noch in diesem Jahr auf zwölf Euro angehoben werden soll und über die globale Lage, die ihm wegen der ernsten Situation in der Ukraine große Sorgen bereite. "Wir sind ganz klar, das kann nicht hingenommen werden, und gleichzeitig tun wir alles dafür, dass die Eskalation vermieden werden kann", so Scholz in seiner Videogrußbotschaft.
Eine solche hat auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, der optimistisch ist, dass die SPD alle vier Landtagswahlen in diesem Jahr gewinnt und Ministerpräsident Markus Söder im Herbst 2023 auf die Oppositionsbank schicken wird. Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil grüßt per Video und verspricht, „für mehr Leistungsgerechtigkeit und Respekt zu sorgen, um die Gesellschaft zusammenzuhalten“. Heil möchte, dass wieder mehr Tarifverträge gelten. Unternehmen, die keinen Tariflohn zahlen, will er nicht durch öffentliche Aufträge unterstützen.
Woran Ines Procter, die Putzfraa aus der Fastnacht in Franken, im SPD-Haus verzweifelt
Im SPD-Haus bei Tobi Grimm ist Staatssekretärin Dittmar zu Gast. Seit dem 8. Dezember hat sie diese neue Aufgabe im Bundesgesundheitsministerium, die "in ihrem Leben viel durcheinandergewirbelt hat", sagt sie und geht ausführlich auf die Pandemie ein. Dass sich viele über das "Regelchaos" ärgern, kann sie gut nachvollziehen, sagt sie. Und sie findet es "saublöd, wenn sich Ministerpräsidentinnen und -präsidenten bei gemeinsamen Konferenzen einig sind, dann aber doch wieder machen, was sie wollen".
Den besten Weg aus der Pandemie hat schließlich die Putzfrau im SPD-Haus, die zwischendurch immer wieder mal im Bild ist, weil sie sich über den hartnäckigen Urinstein in der Herrentoilette ärgert. "Humor stärkt das Immunsystem", ist Ines Procter, die Putzfraa aus der Fastnacht in Franken, überzeugt.