Normalerweise ist das nicht möglich: Auf der viel befahrenen Autobahn A 3 Zeit einzusparen, gelingt selten. Weil Steinmeiers Wagenkolonne aber ein bisschen schneller fährt als andere, hatte der Vizekanzler genügend Zeit, um vor seiner Rede noch im Eibelstadter Stadtcafé einzukehren.
Das war nicht geplant. Alles andere an diesem Samstagnachmittag ist hingegen minutiös durchorganisiert. In den letzten drei Wochen hatte Eibelstadts Bürgermeister Heinz Koch täglich mehrmals Kontakt mit der Parteizentrale in Berlin.
Dann betritt Steinmeier die Halle. Die Genossen klatschen begeistert. Stefan Wolfshörndl, Vorsitzender der Landkreis-SPD, begrüßt die Gäste. Heinz Koch schwärmt von Eibelstadt und Walter Kolbow, der als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag auch für Außenpolitik zuständig ist, freut sich, dass der Außenminister und Vizekanzler in seinen Wahlkreis gekommen ist.
Dann spricht der Vizekanzler. Und auch er verteilt Komplimente. Die Menschen hier seien zu beneiden, „weil sie dort leben, wo andere Urlaub machen und auch politisch verwöhnt sind – durch exzellente Abgeordnete im Bundestag“. Das freut Walter Kolbow und gibt ihm vielleicht Antrieb, noch einmal zu kandidieren. Denn noch immer ist unklar, ob der Experte in Sachen Außen- und Verteidigungspolitik im Jahr 2009 erneut als Spitzenkandidat der Landkreis-SPD einen Sitz im Parlament anstreben will.
"Sexy und cool"
„Münte fehlt“, sagt Steinmeier ein wenig wehmütig und gibt sich dabei staatsmännisch. Aufrecht steht er am Rednerpult. „Er ist kraftvoller als erwartet“, kommentiert Emanuel Klein, ein Jungsozialist aus Würzburg. „Im Fernsehen wirkt er immer so blass.“ „Sexy und cool“ findet Uschi Betz aus Waldbüttelbrunn den Vizekanzler. „Der hat Charisma“, sagt sie. Ein Mann zum Verlieben, also? „Nein, dafür ist er mir zu alt“, sagt Carita Hümmer, auch aus Waldbüttelbrunn.
Mittlerweile spricht Steinmeier über das Thema der letzten Tage, die Jugendkriminalität. Sachlich und ruhig sagt er: „Kochs Art und Weise, das dürfen wir ihm nicht durchgehen lassen.“ Dafür erntet er den stärksten Applaus an diesem Nachmittag.
Steinmeier ist auch nach Eibelstadt gekommen, um den SPD-Kandidaten für die Kommunalwahl am 2. März Schützenhilfe zu geben. So verteilt er Lob für Eva-Maria Linsenbreder, die Landrätin werden will und für Georg Rosenthal, der das Würzburger Oberbürgermeister-Amt anstrebt. Mit Sozialpolitik möchte die Bürgermeisterin von Kleinrinderfeld Stimmen holen und außerdem will sie, dass der Landkreis Würzburg „genauso hervorsticht wie die Metropolen Nürnberg und Frankfurt“.
Steinmeier ist inzwischen auf dem Weg nach Kassel. Dort hat er um 19 Uhr den nächsten Auftritt. Das alte Arbeiterkampflied „Brüder zur Sonne, zur Freiheit“, gespielt vom Ochsenfurter Saxophonquintett verstummt in der großen Halle und Heinz Koch fällt eine Zentnerlast Steine vom Herzen. „Er will seinen Besuch so bald wie möglich wiederholen“, weiß Karl Herold aus Kirchheim. Der 87-jährige ist seit 72 Jahren Mitglied der SPD und hat sich ein Autogramm geholt.