Dass die über 1000 Werke der Sammlung „Die Maler der Brücke“ des Würzburger Ehepaars Hermann und Hertha Gerlinger für wohltätige Zwecke versteigert werden, sorgt in den ersten Tagen des neuen Jahres deutschlandweit für Schlagzeilen. Laut Süddeutscher Zeitung geht damit eine der bedeutendsten expressionistischen Kunstsammlungen mit einem Gesamtwert im zweistelligen Millionen-Bereich für die Öffentlichkeit verloren. Warum ist es so gekommen?
Hermann Gerlinger hat als Student in den Nachkriegsjahren erste Bilder von Brücke-Künstlern gekauft. Nicht um Geld anzulegen, sondern aus Leidenschaft und Interesse. Der heute 90-Jährige und seine Ehefrau Hertha haben 60 Jahre für diese Kunst gelebt.
In Würzburg habe Handwerksmeister Gerlinger als nicht "hoffähig" gegolten
Inniger Wunsch des gebürtigen Würzburgers war es, dass seine Sammlung in seiner Heimatstadt bleibt. Doch trotz dreier Anläufe klappte das nicht. In den 1990er Jahren entschieden sich die Würzburger Verantwortlichen beim Bau des Kulturspeichers, die neuen Ausstellungsflächen Peter C. Ruppert und seiner Sammlung Konkrete Kunst zur Verfügung zu stellen - anstatt für Gerlinger und seine Expressionisten. "In Würzburg galt wohl zu Beginn mein Schenkungsangebot, das eines Handwerksmeisters für Haustechnik, als nicht 'hoffähig' und wurde abgelehnt", sagt Gerlinger heute.
Anfang 2000 scheiterte ein neuer Anlauf dann an der Finanzierung zusätzlicher Museumsflächen in der Stadt. Beim letzten Versuch 2017 erklärte Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt nach einigen Monaten Verhandlungen mit Gerlinger: „Die Sammlung selbst als eigenes Museum ist einerseits nicht füllend und braucht andererseits eine Verschränkung mit anderen Sammlungen, die thematisch passen. Das ist in Würzburg nicht gegeben.“
Doch auch außerhalb Unterfrankens fand die Sammlung keine Bleibe. 1995 kam sie auf Schloss Gottorf in Schleswig-Holstein. 2001 zog Gerlinger sie wegen atmosphärischer Störungen dort ab und wechselte zum Kunstmuseum Moritzburg in Halle an der Saale in Sachsen-Anhalt, das dafür erweitert wurde. 2016 kündigte Gerlinger den Leihvertrag. Er sagte , dass das Vertrauensverhältnis wegen eines verschwundenen Bildes zerstört war. Dann folgte ein neuer Versuch im Museum Buchheim in Bernried am Starnberger See. „Hier wurde meine Sammlung begeistert aufgenommen und hat hoffentlich für immer ihre Heimat gefunden,“ wurde Gerlinger bei der Eröffnung der ersten Ausstellung im Sommer 2017 von dieser Redaktion zitiert.
Grundlegende Meinungsverschiedenheiten
Doch es kam anders und Gerlinger kündigte 2021 auch diesen Leihvertrag. "Wegen grundlegender Meinungsverschiedenheiten", sagt der Sammler. Das sagt auch Sabine Bergmann, Sprecherin des Museums Buchheim. Gerlinger habe sogar eine Abstandszahlung geleistet, um seine Werke früher als vertraglich vereinbart abziehen zu können. Bis November sind aber noch einige in Ausstellungen zu sehen.
"Wir bedauern das sehr", sagt Sprecherin Bergmann. Die Brücke-Werke Gerlingers und die des Sammlers und Autors Lothar Buchheim hatten das Museum in Bernried zu einer Attraktion für die Liebhaber des deutschen Expressionismus gemacht. Fünf Sonderausstellungen aus der Sammlung Gerlinger hat das Museum seit 2017 gezeigt. "Weitere Werke haben wir im Rahmen unseres Leihverkehrs nationalen und internationalen Ausstellungshäusern zur Verfügung gestellt." Dass diese Kunst jetzt versteigert und damit vielleicht aus der Öffentlichkeit verschwindet, sei "ein großer Verlust".
Hermann Gerlinger erklärt dazu, dass ihm der öffentliche Zugang zu seiner Sammlung wichtig war und ist. Er habe die Werke der einzelnen Brücke-Künstler und das "Phänomen ihres gemeinsamen Schaffens" zeigen wollen. "Nach meinen Empfindungen wurde das in den meisten anderen öffentlichen Sammlungen nicht ausreichend dargestellt." Er hofft, dass auch künftig Werke seiner Sammlung ausgestellt werden.
Hat Gerlinger selbst sein Lebenswerk zerstört?
Dass er diese Werke, zu denen er eine teils sehr emotionale Beziehung hat, versteigern lässt, hat der Kunstsammler, nach eigenen Aussagen, alleine entschieden. Wer Gerlinger kennt, erlebt ihn als leidenschaftlichen und teils auch kompromisslos für seine Sammlung kämpfenden Menschen. Zerstört er mit dem Verkauf nicht sein Lebenswerk? Er sieht das anders. "Wenn auch jetzt die Sammlung aufgelöst wird, so bleibt die Folge der Ausstellungen und das Wirken in der Öffentlichkeit virulent", sagt der 90-Jährige. "Dies sehe ich für mich als einen großen Erfolg. Ich habe die Hoffnung, dass die 'Brücke'-Kunst durch die Auflösung der Sammlung neue Liebhaber und Freunde findet, die in der nachfolgenden Generation die Ideen weitertragen."
Für ein paar einzelne Besucher sollte die Stadt nicht viel Geld ausgeben. So locker sitzen die Steuergelder nicht mehr. Es wird schon genug Geld der Steuerzahler für das Theater verschleudert.
Und ob es Aufgabe einer Stadt ist für jede Schenkung ein Museum hinzustellen? Und um 2000 saß das Geld im Osten nach der Wiedervereinigung halt doch etwas lockerer. Sammlung ist ja nicht verloren und verschwindet auch nicht in irgendeine Privathand
Die Öffentlichkeit (der normale Kunstfreund) sieht sie vermutlich nicht wieder.
War das so gedacht bzw. wo ist da der große Erfolg und für wen?
Die Sammlung stellt einen unschätzbaren Wert dar!
Dass Würzburg das nicht wollte ( in den 2000-er) lag am Desinteresse des damaligen Bürgermeisters.
Der jetzige hat zum einen kein Geld und zum andern keine Koalitionäre mit Sachverstand!
Es würde die Stadt künstlerisch um Lichtjahre aufwerten!
Der einzig logische und richtige Platz wäre in Bernried im Buchheim Museum; wenngleich das aus allen Nähten platzt, ist dort die Kunst gewürdigt, würde gepflegt und erhalten und auch entweder dort oder in externen Häusern der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Verramschen für die Versenkung wäre die schlechteste Alternative!