Was passiert, wenn Lehrkräfte ausfallen, obwohl ohnehin schon zu wenig Pädagogen bereit stehen? Die Schule fällt aus. Oder die Eltern stellen sich selber vor die Klasse. Wie an der Steinbachtal-Burkarder-Grundschule in Würzburg. In dieser Woche springt dort eine Mutter vier mal 45 Minuten für eine Lehrkraft ein und bringt den Kindern den Unterrichtsstoff bei. Der letzte Ausweg, um den Präsenzunterricht aufrecht zu erhalten, sagt die Schulleitung.
Christine Baunach, die stellvertretende Leiterin der Grundschule, muss aus dem akuten Personalmangel das Beste machen. Sieben Lehrkräfte fehlen ihr derzeit für den Präsenzunterricht. Von drei von ihnen habe Baunach erst am Ende der Herbstferien erfahren. Eine ist in Quarantäne, eine weitere ist schwanger: "Trotzdem arbeiten sie nach wie vor aus dem Hintergrund mit", sagt Baunach. Für weitere Auskünfte verweist sie an das Schulamt Würzburg. Die Entscheidung, eine Mutter vor die dritte Klasse zu stellen, sei gemeinsam mit dem Amt beschlossen worden.
"Corona-Reserve" soll Abhilfe schaffen
"Wir versuchen mit allen Mitteln den Präsenzunterricht aufrecht zu erhalten", sagt Schulamtsleiterin Claudia Vollmar. Was Würzburg betrifft, möchte sie nicht direkt von Lehrermangel sprechen. Nur so viel: "Es gibt momentan keine Lehrkräfte mehr, die ohne Arbeit sind."
Abhilfe sollen sogenannte Team-Lehrkräfte schaffen. Die "Corona-Reserve" des bayerischen Kultusministeriums soll die coronabedingten Personalausfälle abfangen. "Diese Teamlehrer unterstützen in der Schule die Stammlehrkräfte, die coronabedingt nicht im Klassenzimmer sein können", so Kultusminister Michael Piazolo (FW) in diesem Sommer. Man suche dafür "ab sofort ausgebildete Lehrkräfte, aber auch andere Frauen und Männer mit abgeschlossenem Hochschulstudium, die sich an unseren Schulen engagieren wollen".
35 Vollzeitstellen sind im Sommer für Team-Lehrkräfte an unterfränkischen Grund- und Mittelschulen eingeplant worden, berichtet die Regierung für Unterfranken. Mittlerweile seien alle besetzt worden, 27 davon bereits vor Beginn des Schuljahres. Dazu seien Unterfranken kürzlich drei weitere Vollzeitkontingente zugesprochen worden, so Pressesprecher Johannes Hardenacke. Sie müssten jetzt noch besetzt werden.
Die schulische Situation sei für alle momentan angespannt, so Hardenacke: "Auch die mobile Reserve ist bis zur letzten Person im Einsatz." Allein 60 Grundschul-Lehrkräfte würden in Unterfranken derzeit wegen der Quarantäne-Maßnahmen ausfallen.
Beschäftigungsverbot für Schwangere als massives Problem
Auch an der Steinbachtal-Burkarder-Grundschule sind Kräfte der "Corona-Reserve" eingesetzt. "Stundenmäßig sind wir hier gut bestückt", sagt Schulamtsdirektorin Claudia Vollmar. Das Problem sei ein anderes: Das Beschäftigungsverbot für Schwangere mache dem Schulamt massiv zu schaffen. "Von heute auf morgen dürfen die Lehrkräfte nicht mehr unterrichten. Das ist eine echte Aufgabe." Hier müsse schnell gehandelt werden, was jedoch problematisch werde, wenn andere Kollegen krank werden. "So haben wir nach einer pragmatischen Lösung gesucht und die Mutter, die ohnehin schon einmal ihre Hilfe angeboten hatte, gefragt", so Vollmar.
Die Mutter sei im Schulleben sehr aktiv und bereits oft bei Ausflügen oder Wandertagen als Betreuungsperson dabei gewesen, versichert Vollmar. Außerdem habe sie sich vorab mit einer zuständigen Lehrkraft besprochen. "Sämtliche Materialien wurden vorbereitet", die Mutter werde nicht ins kalte Wasser geworfen.
Schulbürgermeisterin liegen keine Zahlen zu Lehrermangel vor
Würzburgs Schulbürgermeisterin Judith Jörg weiß auf Nachfrage indes nichts von einem akuten Lehrermangel während der Corona-Pandemie: "Das kann ich nicht beurteilen, mir liegen dazu keine Zahlen vor." Jedoch seien durch die Situation Lehrkräfte "aus vielerlei Gründen auch zeitlich mehr beansprucht". Jörg nennt beispielsweise Kolleginnen und Kollegen, die Vorerkrankungen haben oder schwanger sind und deshalb ein Beschäftigungsverbot haben, als Gründe.
"Einerseits sollten wir eigentlich genug Lehrpersonal haben, sodass ein Einspringen der Eltern nicht nötig ist", meint Jörg. "Andererseits bin ich, wenn Not im Kindergarten war, auch immer mal wieder eingesprungen." Dies sei für sie eine schöne Erfahrung gewesen "und die Kinder hatten auch ihre Freude. Schule bewerte ich jedoch noch einmal anders."
An der Steinbachtal-Burkarder-Grundschule soll sich in der nächsten Woche die Lehrersituation wieder soweit beruhigt haben, dass die Mutter nicht mehr einspringen muss, sagt die stellvertretende Schulleiterin Christine Baunach.
Unverantwortlich- bei den ersten Beschwerden der anderen Eltern, dass Töchterchen das Einmaleins nicht kann, wird sie sich wünschen nicht ausgeholfen zu haben.
Respekt vor dem Einsatz, aber dass eine Mutter mit Wissen des Schulamtes in der Schule "Babysitter" macht, damit alle anderen zur Arbeit gehen können, ist ein Skandal.
Was man Schülern und Eltern zumutet, um die Schulen offen zu lassen ist unglaublich. Dann lieber Ressourcen sparen und zuverlässiges Homeschooling anbieten. Sowas machen weder Lehrer, "Mutterlehrer" oder Schüler lange mit.
Für das Projekt dennoch viel Erfolg und der Mutter gute Nerven.
Liebe Frau Jörg, auch eine Erzieherin (landläufig Kindergärtnerin) hat 5 Jahre Ausbildung machen müssen.
Bei Ihnen liest sich das so, als könne das jeder. Ein wenig ärgert mich das schon.....erfahren wir als Erzieherinen eh schon wenig Anerkennung
Da läuft doch was falsch an der Kommunikation bzw. den Prioritäten. Oder gehört das nicht in den Aufgabenbereich?