Für Sabine Wiegand war es erstmal ein Schock als vergangene Woche am Sonntagabend die Nachricht kam, dass das Würzburger Röntgen-Gymnasium die Pforten bis Donnerstag schließen muss. Wegen eines Corona-Falls. "Klar weiß man, dass dies passieren kann, aber wenn es eintrifft, ist man trotzdem erstmal schockiert", sagt sie. Eine ihrer Töchter, 11 Jahre alt, besucht das Röntgen-Gymnasium und saß dann wieder zu Hause. "Sie war richtig unglücklich als die Nachricht kam." Ihre Tochter gehe sehr gerne zur Schule, soziale Kontakte seien ihr wichtig, "das haben wir auch während des Lockdowns gemerkt".
Positiv überrascht war Wiegand, wie gut die Kommunikation funktionierte, wie schnell die Corona-Testungen am Dallenbergbad begannen und wie gut alles organisiert war. Zwar habe man an dem Tag bis zu drei Stunden warten müssen, "weil plötzlich auch andere Schulen die Gelegenheit zum Test am Dallenberg nutzten", aber keine 24 Stunden später lag das Ergebnis vor:"Zum Glück negativ, da mussten wir uns zumindest keine Sorgen mehr darüber machen." Wiegand ist sicher, dass die Maskenpflicht dazu beigetragen hat, dass sich das Virus in der Schule nach derzeitigem Stand nicht weiter verbreitet hat.
Dank eines recht flexiblen Arbeitgebers kam sie auch mit der Betreuung ihrer Fünftklässlerin nicht in die Bredouille, "da hatten es andere Mütter, von denen ich weiß, schwerer". Was das Homeschooling angeht, ist sie begeistert, "das ging sofort los und auch wirklich auf hohem Niveau". Nicht nachvollziehen kann sie die Entscheidung des Gesundheitsamtes, dass der Unterricht statt am Donnerstag nun erst an diesem Montag beginnen soll. "Ich weiß, dass einige Tests wiederholt werden mussten. Den meisten Schülern aber lag ein negativer Test bereits vor, und man hätte sie in den Präsenzunterricht lassen können."
Vorbildliche Kommunikation
Das sieht auch ein weiterer Vater so, der seine 15-jährige Tochter am Röntgen-Gymnasium hat. "Da hat sich das Gesundheitsamt nicht mit Ruhm bekleckert, das hätte man besser lösen können." Zumal die Stadt auch lange zugeschaut habe, wie auf der Alten Mainbrücke gedrängelt wurde, "aber was die Schulen angeht, da ist dann Aktionismus angesagt". Grundsätzlich aber war der Vater der Neuntklässlerin von der "vorbildlichen und schnellen Kommunikation sowie der Einrichtung der Teststrecke" beeindruckt. Was das Homeschooling angeht sieht er keine große Verbesserung im Vergleich zum Frühjahr, "da würde ich mich mehr wünschen".
Simone Artz vom Elternbeirat am Röntgen-Gymnasium sieht auch, was die erneute Schließung für die Kinder bedeutet: "Viele haben sich die ganzen Ferien darauf gefreut, dass es dann normal weitergeht, leider war schon nach vier Tagen wieder Schluss." Vor den Testungen seien die Schüler aufgeregt gewesen, schließlich sei das ja nicht angenehm. "Das Gute war, dass sehr schnell vorgegeben wurde, was zu tun ist, das gab ein gutes Gefühl, und man wusste, was zu tun ist." Was die komplette Schließung angeht, sieht sie ihre Schule als eine Art Präzedenzfall für Würzburg. "Wir waren die erste Schule in der Stadt. Ich denke, man wollte insgesamt schauen, wie hoch das Ansteckungsrisiko ist." Nun sei klar: Die zwei positiven Fälle seien von außen in die Schule hinein getragen worden.
Der stellvertretende Schulleiter des Röntgen, Nikolaus Kocher ist froh, dass am Montag für die meisten Schüler der Präsenzunterricht wieder losgeht: "Jeder Schüler muss einen negativen Test vorlegen, dann bekommt er zum Nachweis ein grünes Bändchen fürs Handgelenk", erklärt er. Wer keinen Test vorlegen kann, müsse wieder nach Hause gehen.
Auf "Habachtstellung" bei den Ursulinen
Auch bei den Ursulinen ist man auf "Habachtstellung": Nach dem Fall an ihrer Realschule sei man besonders wachsam, sagt die Schulleiterin der Würzburger St. Ursula-Schule und Oberin des Konvents, Schwester Katharina Merz."Aber im Prinzip seien die Abläufe ganz klar. "Wir halten uns genau an das, was wir vom Gesundheitsamt angewiesen bekommen", erklärt sie.
Die Reaktionen der Eltern und Schüler auf den Coronafall an der Schule seien unterschiedlich ausgefallen. "Es ist klar, dass die Ängste größer sind, wenn ein Risikopatient in der Familie lebt. Da kann es schon mal emotionale Reaktionen geben." Nach den Testungen warte man nun auf alle Ergebnisse, die betroffene Klasse und die Lehrer seien noch in Quarantäne.
"Der Distanzunterricht hat für die Klasse auch begonnen, aber es dauert, bis alle über die neuesten Maßnahmen verständigt sind", so die Schulleiterin. Da seien die Schülerinnen über die sozialen Netzwerke oft schneller informiert. Traurig findet die Oberin zu sehen, "wie sich das Schulleben in solch kurzer Zeit so drastisch verändert hat".
Wie weitere Würzburger Schulen ist auch die städtische Klara-Oppenheimer-Schule von Corona betroffen. Drei Klassen mussten schließen. Von seinen 158 Lehrern seien 16 in Quarantäne, erklärt Schulleiter Wilhelm Ott auf Nachfrage. "Das bekommen wir gerade zu spüren. Die Lehrer fehlen uns." Derzeit gebe es einen neuen Verdachtsfall, "das wäre dann die vierte Klasse, die dicht macht", zeigt er sich besorgt. Zugleich fragt sich Ott, wie der Unterricht in den nächsten Monaten weitergehen soll. "Eine Regelmäßigkeit ist so leider nicht möglich." Aufgrund der Größe seiner Schule fände er einen Schichtbetrieb fast sinnvoll, da dann der Mindestabstand in den Klassen besser eingehalten werden könne.
Das Schultelefon lief heiß
Über 3000 Schüler besuchen die Klara-Oppenheimer-Schule für kaufmännische, hauswirtschaftliche und soziale Berufe. Kein Wunder, dass in den vergangenen Tagen das Telefon im Sekretariat heiß lief. "Viele Eltern und Schüler waren verunsichert und wollten sich vergewissern, wie der Stand ist." Gut und schnell angelaufen sei indes das Homeschooling, "da sind wir nun schon routinierter als im Frühjahr". Man merke aber schon, dass angesichts der Situation auch bei den Lehrern Frust aufkommt: "Sie wollen arbeiten und dürfen jetzt schon wieder nicht raus. Das ist eine belastende Situation für alle." Und: Distanzunterricht könne eben den Präsenzunterricht niemals ersetzen.
Das sieht auch die 18-jährige Schülerin Elli Klopf so, die das Röntgen-Gymnasium besucht: "Ich habe definitiv Angst, dass es dieses Jahr öfter so kommt. Das ist mein Abi-Jahr, und ich würde mir die Abi-Stoffe nur ungern selbst beibringen." Sie macht sich Gedanken darüber, wie unter diesen unterschiedlichen Bedingungen an den Schulen eine faire Abiturprüfung zustande kommen kann. Weniger Sorge hatte sie, sich angesteckt zu haben, "ich halte mich an die Sicherheitsmaßnahmen". Trotzdem sei die momentane Situation sehr frustrierend und anstrengend. "Noch frustrierender ist es aber, wenn ich Leute sehe, die gegen die Masken demonstrieren oder Corona komplett leugnen", so die 18-Jährige.
Am Röntgen haben sich nach meinen Informationen alle Schüler testen lassen.
Insgesamt war das ganze Vorgehen an der Schule effektiv, transparent und schnell in der Umsetzung.
Danke an alle Verantwortlichen.