
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) lässt eigentlich keine Chance aus, in der Corona-Krise den Menschen in Bayern seine Sicht der Dinge vor Kameras und Mikrofonen direkt zu erklären. Mitten in den Herbstferien lud Söder an diesem Mittwoch nun Vertreter von Lehrern, Eltern und Schülern zu einem "Schul-Gipfel", um über die aktuelle Lage an den Schulen zu diskutieren. Doch diesmal blieben die Scheinwerfer danach aus.
Söder will nach dem Treffen nicht vor die Kameras
Dabei ist die Zukunft des Schulunterrichts überall im Land zweifellos ein heißes Thema mit vielen offenen Fragen. Vor die Kameras wollte der Regierungschef nach dem Treffen aber nicht. Offizielle Begründung: Söder wolle "den Arbeitscharakter der Veranstaltung wahren".
Schüler beklagen "Notenjagd", Eltern fühlen sich allein gelassen
Der eigentliche Grund für Söders Schweigsamkeit könnte allerdings auch sein, dass der lange Zeit zelebrierte enge Corona-Schulterschluss der bayerischen "Schulfamilie" zuletzt mächtig bröckelte: So klagen etwa Lehrer über mangelnde Schutzausrüstung in den Klassenzimmern, Schüler schimpfen über eine "Notenjagd"mit mitunter mehreren Proben am Tag.
Viele Eltern wiederum fühlen sich als Partner von Schulen und Politik nicht ernst genommen und als"Hilfs-Lehrer" ihrer Kinder überfordert. Man werde aber nicht länger "hinnehmen, dass unsere Kinder durch die Pandemie zu Verlierern werden", drohten Bayerns Elternverbände gar in einem Brandbrief am Montag. "Es läuft überhaupt nicht mehr rund an den Schulen im Freistaat", schimpft die Gewerkschaft GEW.
Schulministerium streicht neue Reihen-Tests für Lehrer
In der Tat gibt es auch im Corona-Herbst jede Menge offene Fragen an Schulminister Michael Piazolo (Freie Wähler). Beispiel Gesundheit: "So viel Normalität in den Schulen wie möglich, bei so viel Gesundheitsschutz wie nötig", hatte Piazolo im September als Devise ausgegeben.
Für den Herbst angekündigte neue Reihentests von Lehrern wurden nun aber –anders als etwa in Hessen – gestrichen: Der erste Massentest nach den Sommerferien habe "keine besondere Häufung von Fällen im Vergleich zum Landesdurchschnitt" gezeigt, teilt das Schulministerium in München dazu mit. Damals war die Zahl der Neu-Infektionen allerdings niedrig, während die aktuelle Entwicklung überall in Bayern Piazolos "Drei-Stufen-Plan" für die Schulen, der ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 eigentlich Schichtunterricht vorsieht, längst pulverisiert hat.
"Lehrer und Schüler müssen ja in die Schulen gehen", kritisiert der FDP-Bildungsexperte Matthias Fischbach. Trotzdem gebe es dort bislang kein Testkonzept, keine FFP2-Masken, keine Luftfilter – und offenbar weiter keinen klaren Plan für Distanz-Unterricht. So viel Versagen des Kultusministers sei "nicht mehr nachvollziehbar", schimpft Fischbach.
Rund 40 000 Schüler waren in Bayern bereits in Quarantäne
Rund 40 000 bayerische Schüler waren bis zu den Herbstferien bereits in Quarantäne, dazu fallen rund zehn Prozent der Lehrer wegen Quarantäne oder als Risikogruppe aus, warnt derweil die SPD: Trotzdem würden wie in einem normalen Schuljahr Noten erhoben, der volle Stoff werde durchgepaukt. Dabei müsste derzeit "Förderung nicht Prüfung" im Mittelpunkt stehen und Piazolo endlich "eine Priorisierung des Lehrplans vornehmen", fordert die SPD-Bildungsexpertin Simone Stromayr.
Söder will offenbar weniger Prüfungen und Stofffülle
Auch Ministerpräsident Söder hatte kürzlich gefordert, die Schüler dürften die Folgen der Pandemie "nicht ausbaden" müssen. In der internen Sitzung sollen sich Söder und Piazolo nun nach Angaben von Teilnehmern eindeutig für weniger Leistungsdruck in den Klassenzimmern ausgesprochen haben: "Wir können nicht alles durchboxen", wird der Ministerpräsident zitiert. Auch eine Lehrplan-Straffung ist offenbar denkbar.
Verantwortung für offene Schulen künftig bei Gesundheitsämtern
"Wir haben in der Schulfamilie besprochen: Wir bleiben bei unserer Linie und halten die Schulen offen", sagte Piazolo nach dem Treffen. Über mögliche Schul-Schließungen sollen künftig allein die Gesundheitsämter vor Ort entscheiden, allerdings nach einheitlichen Vorgaben. Piazolos Stufenplan ist damit endgültig vom Tisch.
Es gebe in der Söder-Regierung Offenheit für Veränderungen, aber noch keine Klarheit, sagte Simone Fleischmann vom Lehrerverband BLLV nach der Sitzung: "Ich erwarte aber von der Politik, dass alle Maßnahmen jetzt auch der Bevölkerung gut erklärt werden", fordert sie. Nur so sei die nötige Unterstützung zu erreichen. "Wir hätten uns konkretere Ankündigen gewünscht", hieß es dagegen beim Elternverband. Piazolo habe "ratlos" gewirkt.
Jetzt zeigt sich das halt nur umso deutlicher!
Er hat ja auch im März zu Beginn des ersten lockdowns vollmundig verkündet: wenn wir jetzt die Schulen schließen müssen, sind das keine verlängerten Osterferien - er hat sich wirklich ernsthaft eingebildet, die Schüler würden so viel lernen wie im Klassenzimmer (utopisch-unrealistisch!)
Was mich allerdings trotzdem aufregt, sind die permanenten Rufe von Eltern und Schülern nach Verschlankung des Lehrplans! Ich bitte hier mal dringend die Lehrpläne der letzten 40 Jahre miteinander zu vergleichen- das Fazit dürfte sein: jeder neue Lehrplan hatte ein Absprcken des Stoffs zur Folge- da stehen heute nicht mehr die Hälfte an Inhalten drin wie in den 80‘ern!
Unsere Schüler haben Freizeitstress (5Hobbies/Woche), eine fehlende Leistungsbereitschaft - und Disziplinschwierigkeiten! DA liegt das Problem!