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WÜRZBURG
Warum fast 200.000 Stimmen nicht für den Landtag reichen
Stimmzettel zur Briefwahl für die bayerische Landtagswahl 2013       -  Gar nicht so einfach, die Auswertung der Stimmzettel zur Landtags- und Bezirkswahl.
Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa | Gar nicht so einfach, die Auswertung der Stimmzettel zur Landtags- und Bezirkswahl.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:50 Uhr

Landtags- und Bezirkswahl sind gelaufen. Wer die gewählten Abgeordneten sind, steht fest. Gleichwohl stellen sich für viele Bürger noch Fragen.

Warum schickt Unterfranken nur noch 19 Abgeordnete nach München – und nicht mehr 20 wie bisher?

Die Verkleinerung des Wahlkreises beruht auf der demografischen Entwicklung. In Unterfranken hat die Einwohnerzahl seit der vergangenen Wahl abgenommen, in Oberbayern stark zugenommen. Deshalb musste Unterfranken ein Listenmandat an den Süden abgeben.

Was ist mit Überhang- und Ausgleichsmandaten? Gibt es in Unterfranken auch welche?

Wenn eine Partei mehr Direktmandate gewinnt als ihr rein vom Anteil an den Gesamtstimmen her zustehen, spricht man von Überhangmandaten. Diese müssen gegebenenfalls ausgeglichen werden. In ganz Bayern gewann die CSU zehn Überhangmandate.

Dieser Überhang wird durch insgesamt 15 Ausgleichsmandate ausgeglichen. Somit umfasst der Landtag künftig 205 statt 180 Abgeordnete. In Unterfranken gibt es als einzigem Regierungsbezirk keinen CSU-Überhang, also auch keinen Ausgleich: Die CSU hat hier exakt so viele Direktmandate gewonnen, wie ihr nach dem Gesamtstimmenanteil von 41,4 Prozent zustanden, nämlich neun.

Welche Rolle spielt der Gewinn eines Direktmandats durch die Grünen?

Keine ganz unbedeutende. Hätte sich der CSU-Abgeordnete Oliver Jörg gegen den Grünen Patrick Friedl durchgesetzt, hätte dies vermutlich ein Überhangmandat für die CSU bedeutet. Das dann notwendige Ausgleichsmandat wäre den Grünen zugesprochen worden. So hat es der Hobby-Wahlarithmetiker Franz Gebhart aus Bad Brückenau (Lkr. Bad Kissingen) errechnet.

Die unterfränkischen Grünen wären demnach bei einer Stimmkreis-Niederlage Friedls mit vier Listenabgeordneten in München vertreten gewesen. Jetzt sind es der direkt gewählte Friedl und zwei Listenabgeordnete. Ob Gebharts Was-wäre-wenn-Rechnung stimmt, wollte der Landeswahlleiter auf Nachfrage der Redaktion nicht sagen. Man führe „keine Prognosen und Probeberechnungen“ durch, heißt es in einer Stellungnahme.

Warum dauerte es relativ lange, bis die Namen der Abgeordneten feststanden?

Das liegt am bayerischen Wahlrecht, das bei der Zweitstimme – anders als bei der Bundestagswahl – kein Listenkreuz vorsieht, sondern die Möglichkeit gibt, einem einzelnen Bewerber die Stimme zu geben. Um die Reihung der Listenkandidaten (und damit der Listenabgeordneten) zu ermitteln, müssen die Stimmen eines Kandidaten aus allen Stimmkreisen addiert werden. Dabei zählen neben den personalisierten Zweitstimmen auch die Erststimmen mit, die ein Bewerber in „seinem“ Stimmkreis erzielt hat.

Warum erreicht Barbara Stamm fast 200.000 persönliche Stimmen und ist trotzdem nicht gewählt?

Die CSU in Unterfranken hat neun Mandate direkt gewonnen, exakt so viele wie ihr gemäß ihres Anteils an Gesamtstimmen zusteht. Deshalb kommt kein Kandidat von der Liste mehr hinzu, auch wenn er wie Barbara Stamm deutlich mehr persönliche Stimmen erzielt hat als die künftigen Abgeordneten.

Deren Vorteil ist: Sie haben – anders als Stamm – einen Stimmkreis direkt gewonnen. Parteien wie die SPD oder die Freien Wähler schicken, anders als die CSU, nur Listenkandidaten ins Parlament, auch wenn diese, wie etwa SPD-Spitzenkandidat Volkmar Halbleib mit 26.000 Voten deutlich weniger Stimmen als Stamm erhalten haben.

Warum sitzen im Bezirkstag auch Vertreter von Parteien, die nur auf drei oder vier Prozent Stimmenanteil kommen?

Bei der Bezirkswahl gibt es keine Fünf-Prozent-Hürde, deshalb können auch Vertreter kleinerer Parteien Mandate bekommen. Im Bezirkstag Unterfranken sind FDP (4,8 Prozent) und Linke (3,5 Prozent) deshalb als stärkste der kleinen Parteien mit je einem Mitglied vertreten. Dem Bezirkstag gehören künftig 24 Vertreter an, die Normalgröße wäre 19 Sitze. Weil die CSU alle zehn Direktmandate gewonnen hat, ihr aber prozentual nur sieben Sitze zustehen würden, bekommt sie drei Überhangmandate. Um diesen Überhang auszugleichen erhalten nach einem komplizierten Schlüssel (Verfahren nach Sainte-Lague/Schepers) SPD und Grüne noch je ein Ausgleichsmandat.

 
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  • hansfuchs
    Ein Mehrheitswahlrecht würde bedeuten, dass jetzt 85 CSUler und 6 Grüne im Landtag sitzen würden. Das wäre unserer Demokratie sicherlich nicht wirklich förderlich.
    Die CSU hätte Frau Stamm einfach als Direktkandidatin in Würzburg aufstellen sollen, dann hätte diese auch ganz locker den Wahlkreis gewonnen.
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  • Fr-goetz@t-online.de
    Ist das Wahlsystem überhaupt noch zeitgemäß?
    200 000 Wähler wollen einen Kandidaten, der schafft es aber nicht, der mit 26000 kommt weiter!
    Hätten wir das Mehrheitswahlrecht gäbe es so eine Ungerechtigkeit gegenüber den Tüchtigen nicht!
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  • TLW-tu_W
    Das ist natürlich ein sehr drastisches Beispiel, liegt aber daran dass die CSU eh schon mehr Direktmandate geholt hat als ihr zustehen (steht übrigens alles im Text. Haben Sie den gelesen?) Dann darf halt niemand mehr von der Liste in den Landtag einziehen, sonst gäbe es ja noch mehr Ausgleichsmandate für den Rest.

    Und ich habe eine Vermutung wer sich dann über einen aufgeblähten Landtag beschweren würde.
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  • juerwer@gmx.de
    Wie wird in diesem Artikel die deutsch Sprache wieder verunglimpft. "mit 26.000 Voten ". Wenn man in den Duden schaut, dann findet man zwar das Wort "voten", aber es ist ein Verb. Warum ist es nicht mehr hipp einfach zu schreiben "mit 26000 Stimmen"? Das wäre einfacher zu Lesen und auch zu Verstehen. Es gibt doch für fast alles einen deutschen Begriff. Warum werden diese denn nicht verwendet, wenn es zur Verständlichkeit beiträgt. Irgendwann wird dann sicherlich noch der Wahlleiter zum Voteleader umbenannt.
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  • tonetti
    Ähm, ich glaub Voten ist eher der Plural von Votum. Verdammtes eingedeutschtes Latein.
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  • dinsingsakul@posteo.de
    @jwerner
    "Votum" ist bereits im Jahre 1852 ein Worteintrag in Meyers "Das große Conversations-Lexicon für die gebildeten Stände" als Begriff für die Stimme/Stimmabgabe bei einer Abstimmung. Die lateinische Pluralform ist Vota, Plural nach Duden deutsch gebildet "Voten" (wie auch schon tonetti kommentiert hat). Also schon seit über eineinhalb Jahrhunderten in deutschen Lexika. Worin sehen Sie hier eine "Verunglimpfung" der deutschen Sprache?

    Auch die Wochenzeitschrift "Die Zeit" schreibt z.B. am 02.10.2016 (online)
    "Bei der Abstimmung gaben nur rund 40 Prozent der Wahlberechtigten einen gültigen Stimmzettel ab, wie die Wahlbehörde nach Auszählung von 99,8 Prozent der _Voten_ meldete."

    Spricht für ein gutes, hohes Sprachniveau der Main-Post zwinkern
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