
Am bislang heißesten Wochenende des Jahres gingen auch die Beobachter wieder in die Luft: Wegen der hohen Waldbrandgefahr hatte die Regierung von Unterfranken die Kontrollflüge angeordnet. Angesichts der hochsommerlichen Temperaturen und der Ferien- und Urlaubszeit rechnete die Regierung mit einer erhöhten Zahl von Ausflüglern in Wald und Flur - und einem entsprechenden Risiko für die ausgetrocknete Natur.
Eindringliche Warnung an alle Waldbesucher
Wer in den Wald gehe, müsse dort "äußerste Vorsicht" walten lassen, warnt die Regierung. Keinesfalls dürfe mit offenem Feuer hantiert oder geraucht werden. Schon ein unachtsam weggeworfener Zigarettenstummel reiche für einen Waldbrand aus.
Mit Spessart, Rhön und Steigerwald ist Unterfranken mit rund 333 000 Hektar Bayerns waldreichster Bezirk. Verbrennt ein Hektar, beträgt der wirtschaftliche Schaden im Durchschnitt rund 10 000 Euro, sagt Wolfgang Raps, zuständig für die Luftbeobachtung bei der Regierung von Unterfranken. Finanziell nicht messbar seien die Schäden in Flora und Fauna.
Die zerstörerischen Brände erkennt Kreisbrandinspektor Heiko Drexel früh an den aufsteigenden Rauchsäulen. Der Geroldshausener ist einer von 44 staatlich ausgebildeten Luftbeobachter in Unterfranken. Im Ernstfall lokalisiert er den Brand und alarmiert die Feuerwehren. Von oben kann er auch ihre Anfahrt und den Einsatz unterstützen.
Freitag, am Flugplatz in Hettstadt im Landkreis Würzburg: Heiko Drexel fliegt diesmal mit Pilot Hans-Adam Stangl, dem stellvertretenden Flugbereitschaftsleiter für Unterfranken und Stützpunktleiter in Hettstadt, die vorgegebene Route ab. Sie starten am späten Nachmittag, da herrscht die höchste Waldbrandgefahr.

Ihr Flug mit der einmotorigen Cessna Skyhawk wird rund zwei Stunden dauern. Eine Strecke von 360 bis 400 Kilometern werden sie zurücklegen. "Wir weichen nur von unserer Route ab, um zu schauen, wenn irgendwo etwas los ist", sagt Stangl.
Ab Stufe vier finden Beobachtungsflüge statt
In Unterfranken gibt es zwei Routen: Für die "Westroute", die sich im Süden bis Amorbach im Odenwald und im Norden bis Aura im Sinngrund erstreckt, starten die Flugzeuge abwechselnd von den Standorten in Hettstadt und in Mainbullau bei Miltenberg aus. Für die etwas längere "Ostroute", die sich bis Ostheim in der Rhön und Ebern im Steigerwald zieht, starten die Maschinen auf den Flugplätzen in Schweinfurt-Süd und Haßfurt.
Im vergangenen Jahr kreisten die 35 Piloten der Luftrettungsstaffel insgesamt mehr als 2000 Stunden über Unterfranken. Sie halten in den trockenen Wochen auch bei ihren privaten Flügen Ausschau nach Brandherden. Ihre Bilanz: 71 Meldungen über Rauchentwicklungen, darunter 18 Flächen- und sechs Waldbrände, je zwei Haus- und Autobrände sowie ein unbeaufsichtigtes Feuer.
47 Beobachtungsflüge hatte die Regierung im vergangenen Jahr angeordnet. In diesem waren es laut Wolfgang Raps bislang 22: immer dann, wenn der Waldbrandindex auf Stufe vier steigt. Auf Stufe fünf wird nicht mehr nur am Wochenende geflogen, wenn mehr Menschen im Wald unterwegs sind, sondern auch unter der Woche.

Die jeweilige Warnstufe berechnet der Deutsche Wetterdienst (DWD) anhand eines Modells aus Lufttemperatur, relativer Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit und Niederschlagsmenge. Anhand des Index von eins (sehr gering) bis fünf (sehr hoch) können Behörden die Gefahr für die Region einschätzen und entsprechend warnen.
Einsätze auch wegen Schwammspinner und Borkenkäfer
Pilot Stangl spricht von einem "durchschnittlichen Sommer" bislang. Er erwartet insgesamt nicht mehr Einsätze als im Vorjahr. So extrem trocken wie in den vergangenen beiden Jahren sei es heuer nicht. Jedoch halten die Luftbeobachter nicht nur nach Feuer Ausschau, sondern auch nach Borkenkäferschäden, Stau auf der Autobahn oder Gewässerverschmutzung. Ende Juni beispielsweise zeichneten sie von oben Schäden auf, die die Schwammspinnerraupen verursacht hatten.

Corona schränkt derzeit auch die Luftbeobachtung etwas ein: Um das Ansteckungsrisiko für Pilot und Beobachter in der kleinen Kabine so gering wie möglich zu halten, hat das bayerische Innenministerium strenge Regeln mit Maskenpflicht vorgegeben. Weitere Passagiere sind vom Mitflug ausgeschlossen. Deshalb, sagt Stangl, seien auch sämtliche Lehrgänge für Luftbeobachter an der Staatlichen Feuerwehrschule in Würzburg ausgefallen.
Piloten sind ehrenamtlich unterwegs
Während die Luftbeobachter dort im Auftrag des Innenministeriums ihre Aus- und Weiterbildung absolvieren, stellen sich die 35 Piloten der unterfränkischen Luftrettungsstaffel ehrenamtlich in den Dienst des Katastrophenschutzes. "Der eine oder andere mag wegen Corona gerade nicht fliegen, darauf nehmen wir natürlich Rücksicht", sagt Stangl.

Freitagabend in Hettstadt: Zurück am Boden, hat Luftbeobachter Heike Drexel trotz der Hitze keine größeren Auffälligkeiten zu berichten. "Nur den üblichen Stau zwischen Kist und Heidingsfeld." Borkenkäferschäden bei Alzenau hat er dokumentiert. Und aus der Luft hat er bei Heigenbrücken im Spessart noch nach einem Buschfeuer gesehen, das am Vormittag gelöscht worden war.
Am Wochenanfang ließ die Waldbrandgefahr in Unterfranken durch die niedrigeren Temperaturen und örtlichen Niederschlägen etwas nach. Aber schon zur Wochenmitte soll es wieder wärmer werden. Wohl am Mittwoch, so Regierungssprecher Johannes Hardenacke, werde entschieden, wann die Waldbrandbeobachter wieder im staatlichen Auftrag in die Luft gehen.