Wenn Ludwig Hartmann über den Wald spricht, redet er sich schnell in Rage. Denn Hartmann – neben Katharina Schulze einer der beiden Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bayerischen Landtag – ist entsetzt, wenn er in diesen Tagen durch den Wald läuft.
Der Sommer 2019 zeigt das Ausmaß der Klimaschäden in den bayerischen Wäldern. Den Waldbesitzern wächst das schadhafte Borkenkäferholz über den Kopf. Der Holzpreis ist im freien Fall. Nicht nur die trockenheitsanfällige Fichte, sondern auch andere Baumarten wie Kiefern oder Eichen werden von Schädlingen und Pilzen dahingerafft. Durch den Trockenstress der vergangenen Jahre sind die Bäume extrem geschwächt. Sogar die heimische Buche stirbt an manchen Orten. Besonders betroffen ist die Region Unterfranken. Allein im Uettinger Gemeindewald (Lkr. Würzburg) haben von etwa 300 Buchen auf fünf Hektar Wald gerade einmal eine Handvoll Bäume überlebt.
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Ludwig Hartmann (41), der nach seinem Abitur ein Freiwilliges Ökologisches Jahr im Landsberger Forst absolvierte, brennt das Thema auf der Seele. Dass Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angesichts der Waldschäden (vier Millionen Festmeter Schadholz allein im ersten Halbjahr) angekündigt hat, der Staatswald solle künftig nicht mehr Gewinne erzielen, sondern helfen, das Klima zu schützen, beruhigt den Oppositionsführer nicht. Auch nicht dessen Forderung, eine Million Bäume pro Jahr in den nächsten fünf Jahren zusätzlich zu pflanzen, 25 Millionen Bäume zu ersetzen, um den Wald klimafest umzubauen und auf Basis des im Steigerwald entwickelten Trittstein-Konzeptes weitere Flächen im Staatswald still zu legen.
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Sind diese Forderungen nicht auch in seinem Sinne? "Markus Söder hat gerade einen Realitätsschock erlebt. Der Waldumbau und damit Erhalt der grünen Lunge Bayerns sind richtig, doch Aufforsten allein reicht nicht", sagt Hartmann. Es sei nur ein Zahnrad im Getriebe, das seine durchschlagende Kraft erst entfalte, wenn man vier weitere Punkte berücksichtige:
Erstens: mehr Jagd. Naturverjüngung funktioniere derzeit gerade einmal in der Hälfte aller bayerischen Wälder. 47 Prozent dagegen gelten als so genannte "rote Gebiete", in denen es neue Bäumchen ohne zusätzlichen Schutz nicht schaffen, in die Höhe zu wachsen. Ursächlich sind meist Rehe und Hirsche, die den Haupttrieb anknabbern. Die Folge: Der Baum stirbt. Schutzzäune seien aufwändig und oft wirkungslos, wenn sie von Wildschweinen niedergetrampelt werden. Der Grüne könnte daher so manchen Naturschützer auf die Barrikaden bringen, wenn er fordert: "Wenn man den Waldumbau ernst nimmt, muss es heißen: Wald vor Wild. Anders wird es nicht funktionieren. Wir pflanzen 30 Millionen Bäume in den nächsten Jahren, aber ohne konsequente Jagd ist das nur ein gigantisches Wildfütterungsprogramm."
In der Tat hat sich die Verbisssituation 2018 im Vergleich zu 2015 in bayerischen Wäldern nicht verbessert und über alle Baumarten hinweg (durch zunehmenden Verbiss des Leittriebs) sogar verschlechtert. Auch hier ist Unterfranken trauriger Vorreiter: Die meisten hiesigen Hegegemeinschaften melden für 2018 einen Verbiss, der in 48 Prozent der Waldfläche zu hoch ist (so dass man junge Bäume schützen muss) oder sogar deutlich zu hoch ist (15 Prozent).
"Wir müssen den Wildbestand runterkriegen", sagt Hartmann. Sein Vorschlag: Das Jagdrecht ändern. Auch Waldbesitzer mit Jagdschein sollten auf ihrem eigenen Gebiet jagen dürfen, "auch, wenn ein anderer für ein größeres Gebiet bereits die Jagdpacht hat". Für Jäger sollte es mehr Anreize geben, "indem sie das Wild selbst behalten oder vermarkten dürfen". Auch sollten Nachtsichtgeräte nicht nur für Wildschweine, sondern auch für Rehe und Hirsche zugelassen werden. An Tierschützer gerichtet, entgegnet Hartmann: "Es ist auch für das Tier besser, wenn der Jäger mit einem Schuss im Dunkeln genau trifft."
Hartmann fordert: Mehr Förster, mehr Holzbau und weitere Nationalparke
Zweites: mehr Förster: Seit 1993 wurden laut dem Bund Deutscher Forstleute 3082 Vollzeitstellen abgebaut, das entspricht 44 Prozent der Beschäftigten. Die Präsenz von Förstern und Waldarbeitern auf der Fläche hat dramatisch abgenommen. Hartmann sagt: "Forst ist eine komplexe Angelegenheit. Welche Bäume wachsen auf welchem Standort und auf welchem Boden? Dafür brauchen wir Experten, die in die Fläche gehen und den Borkenkäferbefall in einem Waldstück erkennen, bevor man mit Hilfe einer Drohne von oben ein riesiges Loch entdeckt." Diese Experten seien auch nötig, um Privatwaldbesitzer und Kommunen zu beraten, wenn es darum geht, den oft aus Monokulturen bestehenden Wirtschaftswald in einen gesunden naturnahen Mischwald umzubauen.
Drittens: den Holzbau voranbringen. Ähnlich wie im österreichischen Vorarlberg will Hartmann den Holzbau gezielt staatlich fördern und damit nicht nur Waldbesitzern unter die Arme greifen. "Wir bringen die heimischen Handwerksbetriebe voran, wir binden CO2, die Statik ist besser, so dass sich die Holzbauweise gut für Aufstockungen eignet, den Flächenverbrauch senkt und damit auch die Wohnungsnot in den Städten lindern kann."
Viertens: weitere Nationalparke ausweisen. Besonders im Blick hat er dabei die Donauauen, das Ammergebirge und den Steigerwald. Denn, so kommentiert der Grüne: "Wenn im Bundesland mit der größten Fläche in Deutschland und dem meisten staatlichen Waldbesitz in 40 Jahren kein neuer Nationalpark entsteht, dann läuft doch etwas falsch!"
Die wachsenden Bäume binden CO2 und das Totholz gibt es wieder ab!
Das Problem Wald kann man nicht lösen indem man jedes Reh schießt bei Tag und Nacht. Es müssen Ruhezonen für das Wild geschaffen werden. Die Waldbesucher müssen nicht jedes Eck im Wald mit ihrem Hund erkunden.
Wir reden von Tierschutz, retten die Bienen, Tierwohl und schießen jedes Reh, Hirsch tot.
Die Landwirtschaft soll auf den Feldern keine Chemie einsetzen und in den Wäldern wird wegen des Eichenprozessionsspinners alles totgespritzt.
Ich liebe den Wald, aber bitte logisch bleiben.