Peter Naumann ist als Projektleiter beim Würzburger Bergwaldprojekt oft im Wald. Er sieht wie die Bäume an Hitze und Trockenheit leiden. Der 50 Jahre alte Forstingenieur setzt sich für den Umbau von Monokulturen zu naturnahen Wäldern ein und erklärt, was man jetzt tun kann, um dem Wald zu helfen, mit dem Klimawandel fertig zu werden.
Rund 5000 Bäume sind im Würzburger Stadtwald abgestorben. Warum sterben die Bäume?
Peter Naumann: Wegen Wassermangel und Hitze. Einige Zeit kann ein Baum bei Trockenheit und hohen Temperaturen auf Wasserreserven in tiefen Bodenschichten zurück greifen. Sind diese aufgebraucht, sterben seine Feinwurzeln ab und er wirft sein Laub ab. Herbstlaub im August hatten wir im vergangenen Jahr schon massiv im Wald.
Ohne Blätter kann der Baum keine Energie erzeugen, ohne feine Wurzeln keine Mineralien und Wasser aufnehmen. Ein derart geschädigter Baum stirbt also zwangsläufig ab, auch wenn es wieder kühler wird und regnet?
Naumann: Manche erholen sich auch. Bei anderen sind die Wurzelschäden so groß, dass sie innerhalb von ein bis drei Jahren absterben. Bei vielen Bäumen folgen auf Hitze- und Wasserstress Krankheiten. Denn ein bereits angeschlagener Baum fällt im Sturm viel leichter um und er kann sich gegen Schädlinge wie Borkenkäfer nicht so gut wehren, wie ein gesunder.
Wie wehrt sich der gesunde Baum?
Naumann: Nadelbäume zum Beispiel mit Harz. Anfliegende Borkenkäfer ertrinken darin. Zum Bilden von Harz braucht der Baum aber Wasser. Wenn er das nicht mehr aufnehmen kann, kann er sich nicht mehr vor Eindringlinge schützen.
Trockenheit und Hitze macht allen Wäldern in Mitteleuropa zu schaffen. Da es in unserer Region generell trocken ist, merkt man die Folgen des Klimawandels hier besonders schnell. Was kann man tun?
Naumann: Um den Wald wirklich zu retten, müssen wir die Auswirkungen des Klimawandels begrenzen, indem wir alle unseren Lebensstil ändern und die Politik im Bereich Mobilität und Energie nachhaltige Entscheidungen trifft. Lindern kann man diese Folgen, indem wir unsere Forste schnell in naturnahe Wälder mit standortheimischen Baumarten umbauen.
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Gibt es denn naturferne Wälder?
Naumann: Unser Wirtschaftswald besteht ja zum Großteil aus gleich alten Bäumen mit einem hohen Fichten- oder Kiefernanteil. In naturnahen Wäldern dagegen wachsen verschiedene Generationen von Bäumen und zwar Arten, die hier heimisch sind, wie Traubeneichen, Buchen, Winterlinden, Elsbeeren oder Speierling. Dort dürfen Bäume alt werden und langsam sterben. Im toten Holz siedeln sich nicht nur Pilze, seltene Insekten und Höhlenbrüter an, sondern dort wird auch viel Wasser gespeichert. Solche Wälder sind kühler und lassen weniger Wind durch. Fichten und Kiefern würden bei uns von Natur aus auf den meisten Standorten nicht wachsen. Ihre Monokulturen sind anfällig für Insektenbefall, Trocken- und Sturmschäden.
Kann man die heutige Situation mit dem Waldsterben der 1980er Jahre vergleichen?
Naumann: Eigentlich ist es heute dramatischer. Denn immer noch belasten Schadstoffe aus Verkehr, Industrie und Landwirtschaft die Waldböden. Und die Folgen des Klimawandels in Form von Hitze und Dürre kommen dazu . Wenn es uns nicht gelingt, diese Entwicklung zu stoppen, werden unsere Laubbaumarten immer größere Probleme bekommen. Das hätte weitreichende Folgen.
Welche Folgen befürchten sie?
Alle Folgen für unsere Ökosysteme können wir nicht abschätzen. Sicherlich würden Tierarten verschwinden. Aber die gravierendsten Folgen für die Menschen werden die für das Grundwasser sein. Die humosen Böden von Buchenwäldern in Unterfranken generieren im Jahr etwa 180 Liter Wasser pro Quadratmeter. Wenn sie verschwinden, fehlt uns diese wichtige Quelle.
Wie wirkt sich dieser Sommer auf den Wald aus?
Naumann: Wenn es in den nächsten sechs Wochen heiß wird und es keine kräftigen Niederschläge gibt, bekommen wir riesige Probleme im Wald. Für viele große Bäume, die jetzt schon Schäden zeigen, ist es eh schon zu spät.