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Aub
"Vom Erspüren der Spuren": Wie fünf junge Frauen aus ganz Europa die Stadt Aub mit ihrer Kunst aufmischen
Fünf Künstlerinnen haben sich in Aub zusammengefunden, um in ihrer Ausstellung die Geschichte der kleinen Stadt in die Gegenwart zu holen. Wie es dazu kam und was es bewirkt.
Die Künstlerinnen Julie de Kezel, Nora Wolf, Claire Ebendinger, Diana Galli und Iris Böhnlein (von links) stellen noch bis Ende September ihre Werke in Aub aus. 
Foto: Silvia Gralla | Die Künstlerinnen Julie de Kezel, Nora Wolf, Claire Ebendinger, Diana Galli und Iris Böhnlein (von links) stellen noch bis Ende September ihre Werke in Aub aus. 
Leonie Dierolf
 |  aktualisiert: 26.08.2024 02:38 Uhr

"Vom Erspüren der Spuren" - das ist eine Jubiläumsausstellung des fränkischen Spitalmuseums Aub, die derzeit in der gesamten Stadt Aub zu betrachten ist. Die fünf Künstlerinnen Julie de Kezel aus Belgien, Claire Ebendinger aus Frankreich sowie Diana Galli, Iris Böhnlein und Anna Lena Keller aus Deutschland haben es sich hierfür zur Aufgabe gemacht, durch verschiedene Installationen zeitgenössisch auf die Geschichte Aubs zu reagieren und so die gesamte Stadt zu verwandeln.

Eine Galerie ohne festen Ort

Die Künstlerinnen stammen aus ganz Europa und haben verschiedene künstlerische Hintergründe. Zusammengebracht wurden sie durch die galaxieoffgalerie, eine "Galerie ohne festen Ort". Diese wurde von Nora Wolf und Diana Galli gegründet und möchte Kunstschaffende und Kunstinteressierte zusammenbringen, um so junge Kunst auch an kunstuntypischen Orten sichtbar zu machen.

Fotoserie

Teilweise standen die Künstlerinnen bereits durch gemeinsame Studienorte oder vorherige Zusammenarbeiten in Verbindung, andere haben sich erst durch dieses Projekt kennengelernt. Das sei beabsichtigt, so Diana Galli, da so immer wieder ein neuer Austausch und neue Blickwinkel entstünden. Je nach künstlerischem Interesse arbeiteten die Frauen dann an jeweils eigenen Projekten, die trotz allem eine Verbindung zueinander haben und ein stimmiges Gesamtbild ergeben. 

Von Wunschbrunnen zu Prozessionsfahnen

Claire Ebendinger wurde zu ihrem Rettungspavillon "salve" beispielsweise durch ein "salve"-Mosaik im Spitalmuseum inspiriert. Der Pavillon aus goldfarbenen Rettungsdecken soll die Besucherinnen und Besucher zum Hindurchschreiten einladen und ihnen so ein Gefühl der Geborgenheit geben. Christlichen Prozessionsfahnen sind die Banner nachempfunden, die Julie de Kezel mit ortstypischen Pflanzen bedruckt und an verschiedene Stadttürmen angebracht hat. Sogar in der Gollach ist ein Werk installiert. An der Staustufe nahe dem jüdischen Friedhof übertrug Anna Lena Keller das Ablasswesen der Spitalgeschichte auf ihren Wunschbrunnen, der im Gegensatz zu menschengemachten Brunnen von Wasser durchflossen wird.

Das Rettungspavillon 'salve' von Claire Ebendinger.  Es besteht aus unzähligen Streifen von Rettungsdecken, welche zum Hindurchgehen einladen.
Foto: Silvia Gralla | Das Rettungspavillon "salve" von Claire Ebendinger.  Es besteht aus unzähligen Streifen von Rettungsdecken, welche zum Hindurchgehen einladen.

Auch den Entstehungsprozess möchten die Frauen den Besucherinnen und Besuchern näherbringen. Hierzu stellen sie ein inszeniertes Arbeitszimmer aus, in welchem der gesamte Prozess der Kunstwerke von einer ersten Idee, über die Recherche und die Anfertigung bis zur fertigen Installation nachvollzogen werden kann.

Diana Gallis 'ave maria' im Barockgarten an der katholischen Kirche.
Foto: Silvia Gralla | Diana Gallis "ave maria" im Barockgarten an der katholischen Kirche.

Wie die Kuratorinnen auf Aub gekommen sind

Auf Aub seien sie vor allem durch die Mitgründerin der galaxieoffgalerie, Nora Wolf, gestoßen. Sie ist Kunsthistorikerin und in der Stadt aufgewachsen. Fasziniert habe sie dabei vor allem der religions- und kunstgeschichtliche Hintergrund sowie die Atmosphäre, die die Stadt mit sich bringe. Natürlich sei die Arbeit in einer solchen kleinen Stadt nicht mit der in einer Großstadt wie München zu vergleichen - doch sie bringe viele Vorteile mit sich. So schätzen die Künstlerinnen vor allem die räumliche Nähe und die familiäre Gemeinschaft, die Aub biete. 

Die Zeit bis zu einer fertigen Ausstellung und der Aufwand, der dahinter steckt, würden oft unterschätzt, sagen Nora Wolf und Diana Galli. So begann der Prozess der Ausstellung "Vom Erspüren der Spuren" bereits vor etwa einem Jahr. Hierzu recherchierten die beiden intensiv zu der Stadt, bestimmten das grobe Konzept der Ausstellung, stellten Förderanträge und suchten nach geeigneten Künstlerinnen.

Das inszenierte Arbeitszimmer im Spitalmuseum Aub. Hier ist der Entstehungsprozess der Werke nachzuvollziehen.
Foto: Silvia Gralla | Das inszenierte Arbeitszimmer im Spitalmuseum Aub. Hier ist der Entstehungsprozess der Werke nachzuvollziehen.

Erst seit April sind auch Iris Böhnlein, Julie de Kezel, Claire Ebendinger und Anna Lena Keller im Projekt. Dabei war es den Kuratorinnen besonders wichtig, dass sich die Künstlerinnen intensiv mit dem Ort auseinandersetzen können. Hierfür fand zu Beginn eine erste Begehung Aubs statt, worauf später eine zweiwöchige Residency folgte. Der Begriff leitet sich aus dem englischen Wort "resident", zu Deutsch "wohnhaft", ab und sei bedeutend für den künstlerischen Entstehungsprozess. Während einer Residency leben die Künstlerinnen vor Ort, arbeiten in einer Gemeinschaft und können so eine intensivere Verbindung mit dem Ort eingehen. 

Die Kunstwerke sind in der gesamten Ortschaft Aub verteilt, wie dieser Wunschbrunnen in der Gollach in der Nähe des jüdischen Friedhofs.
Foto: Silvia Gralla | Die Kunstwerke sind in der gesamten Ortschaft Aub verteilt, wie dieser Wunschbrunnen in der Gollach in der Nähe des jüdischen Friedhofs.

Im Laufe des Prozesses kamen die Künstlerinnen schließlich auch auf den Titel ihrer Ausstellung "Vom Erspüren der Spuren". Dieser sei richtungsweisend und solle eine Verbindung zwischen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft aufzeigen sowie die individuellen Blickwinkel jeder einzelnen ausdrücken. 

Was die Künstlerinnen hinterlassen wollen

Doch wie reagieren die Auber auf das Kunstprojekt?  "Grundsätzlich finde ich solche Interventionen zu dem, was da ist, total spannend", meint ein Passant. "Man macht nochmal die Augen auf, schaut nochmal anders hin". Er habe bereits vor der Eröffnung über die Bedeutungen der Werke spekuliert. Das ist ganz im Sinne der Künstlerinnen, die eine Verbindung zu den Bewohnerinnen und Bewohnern herstellen und ihrer Kunst einen Platz im alltäglichen Leben geben wollen. Die einzelnen Installationen sollen Denkanstöße geben, zu neuen Perspektiven inspirieren, die Stadt schmücken oder einfach ein wenig Freude in den Alltag bringen. "Einfach eine Erweiterung der Kulturlandschaft, die für jeden zugänglich ist", so Diana Galli.

"Alle Werke sind vor Ort, für den Ort und auch mit dem Ort geschaffen worden"
Diana Galli, Mitgründerin der galaxieoffgalerie

Die Aufgeschlossenheit der Auberinnen und Auber freut die Kuratorin, ebenso wie die Unterstützung der Stadt, etwa bei der Materialbeschaffung oder der Installation der Werke. Ohne Kooperationen und die Hilfe von anderen Menschen sei ein solches Kunstprojekt kaum möglich. Nach Ende der Ausstellung sollen die Werke wieder abgebaut werden, sagt Diana Galli. Es sei denn, sie werden von der Stadt oder Privatpersonen erworben.

Die Ausstellung "Vom Erspüren der Spuren" kann noch bis zum 27.09.2024 im öffentlichen Raum und an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen zwischen 13 und 17 Uhr im Spitalmuseum Aub besichtigt werden. Am 08.09.2024 findet zudem um 15 Uhr eine Kuratorinnenführung statt. Mit der Finissage am 27.09.2024 um 18 Uhr im Spitalmuseum endet die Ausstellung.

 
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