In Unterfranken muss derzeit niemand sein Leitungswasser abkochen. Doch von coliformen Keimen bis hin zu Enterokokken war in den vergangenen Monaten ein Störfall nach dem anderen in verschiedenen Trinkwasser-Netzen bekannt geworden. Wir haben nachgefragt, in welchen Gemeinden das Wasser wegen Keim-Funden noch mit Chlor desinfiziert wird.
Chlorung, so lange gebaut wird
Der größte Störfall betrifft all diejenigen Verbraucher nordwestlich von Würzburg, die ihr Wasser über den Hochbehälter Zellingen (Lkr. Main-Spessart) beziehen. Dort waren am 14. September erstmals Enterokokken entdeckt worden, später auch coliforme Keime. Vielerorts dauert die Chlorung bis heute an. So wird am Zufluss zu den Ortsleitungen von Eisingen, Helmstadt mit Holzkirchhausen, Hettstadt, Höchberg, Kist, Leinach, Neubrunn mit Böttigheim, Uettingen, Waldbüttelbrunn mit Roßbrunn und Mädelhofen noch gechlort. Die Chlorung könnte theoretisch bis April 2019 andauern - so lange, bis die Bauarbeiten am Hochbehälter beendet sind.
Die Gemeinden Retzbach und Thüngersheim werden mittlerweile über den Hochbehälter Eckberg versorgt. Zellingen, Erlabrunn und Zell am Main beziehen ihr Wasser direkt aus den Zellinger Brunnen. Derzeit wird noch nahe an den Wasserquellen gechlort. In den Ortsnetzen der betreffenden Gemeinden sei aber kein Chlor mehr nachweisbar, so die Wasserversorger.
Die Chlorung zurückgefahren wird gerade in Brebersdorf, Rütschenhausen (Ortsteile von Wasserlosen), Holzhausen und Pfändhausen (Ortsteile von Dittelbrunn) im Landkreis Schweinfurt, wo Ende September eine Enterokokke und coliforme Keime gefunden worden waren. Ein Rohrbruch und eine defekte Lüftungsklappe waren vermutlich die Ursachen.
UV-Desinfektion statt Chlor
Coliforme Keime waren Ende Oktober auch in Greußenheim und Margetshöchheim (beide Lkr. Würzburg) sowie Anfang November in Adelsberg(Ortsteil von Gemünden) und Emmerichsthal im Markt Obersinn (beide Lkr. Main-Spessart) entdeckt worden. Seither wird dort das Wasser gechlort. In Margetshöchheim wird die Chlorung jetzt zurückgenommen.
In Rauhenebrach(Lkr. Haßberge) fand man Ende Juni coliforme Keime im Trinkwasser. Derzeit wird eine Ultrafiltration mit UV-Desinfektion fest eingebaut. Seither wird das Wasser gechlort.
Keime durch alte undichte Rohre?
In Ochsenfurt chlort man wegen coliformer Keime schon seit Juni 2016 im gesamten Netz - außer von der Fernwasserversorgung Franken versorgte Gebiete im Industriepark Wolfgang sowie Obere Lindhard. Weil es sich hier um ältere Rohrleitungen handelt, wird sicherheitshalber so lange gechlort, bis diese sukzessive ausgetauscht sind. Ein Problem, das nicht nur Ochsenfurt betrifft.
Am Rande der Informationsveranstaltung "Schau auf die Rohre" in Gemünden am Main (Lkr. Main-Spessart) war von Experten des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt- und Verbraucherschutz zu erfahren, dass ein Drittel aller Trinkwasserleitungen in Bayern älter als 40 Jahre sind. Bei einem weiteren Drittel wisse man das Alter aufgrund fehlender Aufzeichnungen überhaupt nicht. Derzeit werden weniger als ein Prozent aller bayerischen Trinkwasserleitungen erneuert. Zehn bis 15 Prozent müssten aber erneuert werden. Es gebe sogar einzelne Trinkwassernetze, in denen 40 Prozent des Wassers aufgrund undichter Leitungen nie beim Verbraucher ankommen.
Bin mal gespannt, ob zumindest das Mail an meine Gemeinde Waldbüttelbrunn beantwortet wird. Aber wenn ich hier lesen muss, dass die Chlorung "theoretisch bis April 2019" andauern wird, rechne ich vor Sommer/Herbst nicht damit. Und dabei sind wir doch immer so Stolz auf unser Trinkwasser. Die Zeiten sind wohl vorbei.