
Herbert Stumpf ärgert sich. Der Ergotherapeut aus Würzburg hat seine Praxis nach dem 20. März wegen der Corona-Krise geschlossen. Schließlich hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an diesem Tag während einer Pressekonferenz zur Ausgangsbeschränkung in Bayern erklärt: Physiotherapeuten dürften "nur in Notfällen" besucht werden, "andere Dinge, wie Logopäden und Ergotherapeuten werden geschlossen haben". Doch dann bekam Stumpf mit, dass einzelne Praxen wieder öffneten.
Es sei "bereits am 24. März klargestellt" worden, teilt ein Sprecher des Gesundheitsministeriums auf Anfrage dieser Redaktion mit, "dass Praxen für Podologie, Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie zur Behandlung von Patienten eingeschränkt betrieben werden dürfen, wenn medizinisch dringend erforderlich". Doch das hat offenkundig nicht nur Stumpf nicht mitbekommen.
Eine Sprecherin des Deutschen Verbands der Ergotherapeuten (DVE) in Bayern berichtet im Gespräch mit dieser Redaktion, sie wisse von zahlreichen Kolleginnen und Kollegen, die ihre Praxen geschlossen und Termine mit Patienten abgesagt hätten. Zwar habe sich der Verband nach der Pressekonferenz an jenem Freitag vor drei Wochen um eine Klärung beim Gesundheitsministerium bemüht. Doch dort habe man zunächst niemanden erreicht. Also habe man die Allgemeinverfügung, in der "der Besuch bei Angehörigen helfender Berufe" ausdrücklich erlaubt ist, selbst dahingehend interpretiert, dass die Praxen geöffnet bleiben dürfen.
Keine Entschädigung bei Betriebsschließungen
"Die Pressekonferenz von Herrn Söder und seine Aussagen zu den Ergotherapie- und Logopädiepraxen sorgen aber weiterhin für große Probleme", heißt es beim DVE. So würden nach wie vor auch viele Ärzte davon ausgehen, dass die Praxen momentan nicht geöffnet hätten und stellten daher derzeit keine Rezepte aus, berichtet die Sprecherin.
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Auf eine Entschädigung dürfen die Therapeuten wohl nicht hoffen – genauso wenig wie Betriebe, die tatsächlich schließen mussten, wie Restaurants, Fahrschulen oder Gartenmärkte. Im Falle der Betriebsschließungen, die durch das Gesundheitsministerium "per Allgemeinverfügung angeordnet wurden, haben die betroffenen Personen keinen Entschädigungsanspruch nach Regelungen des Infektionsschutzgesetzes", so ein Ministeriumssprecher.
Nicht jede Behandlung sollte auch durchgeführt werden
Unterdessen geht es dem Ergotherapeuten-Verband nicht darum, jede geplante Behandlung durchzuführen, als gebe es die Corona-Pandemie nicht. Zwar ist man beim DVE der Auffassung, dass "jede Behandlung aufgrund einer ärztlichen Verordnung medizinisch notwendig" sei. Trotzdem sollte angesichts der aktuellen Lage individuell abgewogen werden, "ob aufgrund der Infektionsgefahren die Therapie pausieren kann, ohne dass Therapie-Erfolge verloren gehen und ohne dass die Gesundheit und die Lebensqualität des Klienten stark gefährdet sind".
So sieht es auch Herbert Stumpf. Seit einigen Tagen behandelt er einige seiner Patienten wieder. Sein Ärger über die Verwirrung, die die Pressekonferenz von Markus Söder in seiner Branche ausgelöst hat, bleibt. Deswegen hat er dem Ministerpräsidenten inzwischen einen Brief geschrieben.