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Würzburg
Versorgungsausgleich: Was passiert mit den Renten-Anteilen, wenn der Ex-Partner stirbt?
Was passiert mit den gemeinsam während der Ehe erworbenen Rentenansprüchen, wenn einer der Partner nach der Scheidung stirbt? Wie und wann man sie zurückholen kann.
Bei einem Versorgungsausgleich werden die während der Ehe erworbene Anwartschaften für die Altersvorsorge gegeneinander verrechnet und aufgeteilt.
Foto: Patrick Pleul, dpa | Bei einem Versorgungsausgleich werden die während der Ehe erworbene Anwartschaften für die Altersvorsorge gegeneinander verrechnet und aufgeteilt.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 22.12.2023 03:12 Uhr

Es ist der Fall eines Lesers aus Main-Spessart, Jahrgang 1943. Mit 61 Jahren habe er er sich scheiden lassen, berichtet er. "Bei meiner Scheidung 2004 ist meine Rente aufgeteilt worden - in einen Teil für mich und in einen für meine Ex-Frau." Bis zu ihrem Tod 2021 hat seine geschiedene frühere Partnerin Rente bezogen, 17 Jahre lang. Jetzt kämpft der Leser darum, dass die Aufteilung der Rentenansprüche zurückgenommen wird. Denn, so sein Argument: den Versorgungsan­spruch der Ex-Frau gebe es ja nicht mehr.

Die Deutsche Rentenversicherung lehnt dies ab - zum Ärger des 80-Jährigen. "Ich finde die Logik abenteuerlich", sagt er. "Mein Rentenanspruch, für den ich jahrelang bezahlt habe, verfällt nun."

Aber was ist ein Versorgungsausgleich überhaupt? Warum kann man erwirtschaftete Rentenansprüche nach dem Tod des früheren Partners nicht zurückerhalten? Antworten geben die  Deutschen Rentenversicherung und eine Expertin des Sozialverbands VdK in Würzburg.

Was ist der Versorgungsausgleich und warum gibt es ihn?

Der Versorgungsausgleich regelt die Teilung von Rentenansprüchen an dem in der Ehezeit erworbenen Vorsorgevermögen nach einer Scheidung. Dabei werden insbesondere Ansprüche auf gesetzliche Rente, Beamtenpension, berufsständische Versorgung, Betriebsrente oder private Altersvorsorge gleichmäßig zwischen den früheren Ehepartnern aufgeteilt.

Ziel des Versorgungsausgleichs ist laut der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund), dem Partner, der während der Ehe geringere Versorgungsanrechte erworben hat – zum Beispiel, weil er wegen der Erziehung der Kinder nur stundenweise gearbeitet hat – eine eigene, unabhängige Versorgung zu schaffen. Oder eine bestehende Versorgung so zu erhöhen, dass beide früheren Partner annähernd gleich hohe Altersvorsorgeanrechte aus der Ehezeit haben.

Gibt es den Versorgungsausgleich auch für Rentnerinnen und Rentner?

Auch wenn ein oder beide Ehepartner zum Zeitpunkt der Scheidung bereits Rente beziehen, wird einer DRV-Sprecherin zufolge in der Regel ein Versorgungsausgleich durchgeführt. Geteilt werden dann die vor der Rente erworbenen Anrechte. "Das Familiengericht entscheidet, in welchem Umfang der Versorgungsausgleich durchzuführen ist", teilt die Sprecherin mit.  

Wer entscheidet über die Versorgungsrechte?

Über den Versorgungsausgleich entscheidet nicht die Rentenversicherung, sondern das Familiengericht. Die Rentenversicherung ermittelt die Anzahl der Entgeltpunkte, die in der Ehezeit erworben wurden. Der Versorgungsausgleich wird im Versicherungskonto für die spätere Rente in Form von Entgeltpunkten vorgemerkt.

Haben beide Ehepartner exakt die gleichen Rentenansprüche?

Die während der Ehe oder Partnerschaft erworbenen Rentenansprüche werden als gemeinschaftliche Lebensleistung betrachtet. Sie gehören beiden Ehepartnern zu gleichen Teilen. Durch den  Versorgungsausgleich sollen beide Partner am Ende der Ehe oder Partnerschaft gleich viele Versorgungsanrechte haben, erklärt die DRV-Sprecherin.

Wenn ein Partner stirbt: Warum verfallen dann seine Teile der erworbenen Rentenansprüche?

Stirbt ein Partner nach der Scheidung, bleibt es bei dem durchgeführten Versorgungsausgleich, erläutert Julia Ernst, Sozialrechtsexpertin beim Sozialverband VdK in Würzburg. Es gebe grundsätzlich keinen "Rückausgleich". Nur eine Ausnahme bestehe: "Wenn die ausgleichsberechtigte Person verstirbt und für nicht mehr als 36 Monate eine Rente bezogen hat, kann der Versorgungsausgleich ausgesetzt werden", sagt Ernst.

Julia Ernst ist Sozialrechtsreferentin beim Sozialverband VdK in Würzburg. Der VdK berät Menschen mit Problemen im Sozial- und Gesundheitsbereich.
Foto: Thomas Obermeier | Julia Ernst ist Sozialrechtsreferentin beim Sozialverband VdK in Würzburg. Der VdK berät Menschen mit Problemen im Sozial- und Gesundheitsbereich.

Eine Rückübertragung der Entgeltpunkte erfolgt dann aber nicht automatisch, sondern muss beim Rentenversicherungsträger beantragt werden. Die Rückübertragung werde erst ab Antrag wirksam, sagt Ernst. "Die Antragstellung ist nur erfolgversprechend, so lange der Expartner noch keine 36 Monate Rente bezogen hat", erklärt die Sozialrechtsexpertin. Im Fall des Lesers aus Main-Spessart gebe es daher kaum Chancen auf eine Rückübertragung, weil die frühere Ehefrau 17 Jahre lang Rente bezogen hatte.

Ausnahmen für Rückübertragungen: Kann ein Gericht Einzelfälle anders entscheiden?

Das Bundessozialgericht und das Bundesverfassungsgericht haben sich bereits mit der Frage befasst, ob die Begrenzung auf 36 Monate Rentenbezug rechts- bzw. verfassungswidrig ist. "Es wurde kein Verstoß gegen irgendwelche Grundrechte festgestellt", sagt Julia Ernst vom VdK. 

"Der Versorgungsausgleich ist grundsätzlich endgültig, nur für Härtefälle musste der Gesetzgeber eine Regelung schaffen, um eine Rückabwicklung zu ermöglichen", sagt die Sozialrechtsexpertin. Das sei durch die Ausschlussfrist, also der Festsetzung auf die 36 Monate, geschehen. In einem Einzelverfahren vor dem Sozialgericht oder Landessozialgericht werde man also vermutlich keinen Erfolg haben, wenn tatsächlich drei Jahre lang Rente bezogen worden war. 

Ist der Versorgungsausgleich gerecht und zeitgemäß?

"Ziel des Versorgungsausgleichs ist es, beide Partner nach einer Scheidung mit gleichen Versorgungsansprüchen auszustatten und niemanden dabei zu benachteiligen", sagt die Sprecherin der DRV Bund. Ob dieser Grundsatz zeitgemäß ist, entscheide nicht die Deutsche Rentenversicherung.

Finanzberaterin Judit Maertsch vom VerbraucherService Bayern in Würzburg hält den Versorgungsausgleich für 'relativ gerecht'.
Foto: Silvia Gralla | Finanzberaterin Judit Maertsch vom VerbraucherService Bayern in Würzburg hält den Versorgungsausgleich für "relativ gerecht".

"Der Gesetzgeber hat mit dem Versorgungsausgleich ein Konstrukt geschaffen, das relativ gerecht ist", sagt Judit Maertsch, unabhängige Finanzberaterin beim VerbraucherService Bayern in Würzburg. Die Altersvorsorge, die während einer Ehe aufgebaut wurde, werde zur Hälfte geteilt. Denn immer noch würden Frauen wegen der Kindererziehung oder der Pflege von Angehörigen ihre Berufstätigkeit unterbrechen. Und häufig arbeiten sie Teilzeit oder in einem Minijob und erwerben dadurch geringere Rentenansprüche als Männer.

"Trotzdem man muss immer wieder betonen, dass der Ehemann keine Altersvorsorge ist", sagt Judit Maertsch. "Jede Frau ist angehalten, eine eigene Altersvorsorge aufzubauen."

 
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Kommentare
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  • Harald Bach
    Auch wenn das BVG anders entscheidet, finde ich diese Regelung im Vergleich Geschiedener und nicht Geschiedener absolut ungerecht. Natürlich hat die geschiedene Ehefrau ( oder auch Mann) Anspruch auf eine Übertragung der gemeinsam erworbenen Rentenansprüche. Warum aber soll der Überlebende geschiedene Ehepartner diese Anteile weiterhin in die Rentenkasse einzahlen, wenn der andere Bezieher verstorben ist. Das ist bei einem langjährig verheiratetem Ehepaar auch nicht der Fall. Wenn Mann/Frau nicht geschieden sind und einer verstirbt ( mit dem dann auch dessen Anteile verstorben wären) behält der Überlebende trotzdem die vollen Rentenansprüche.
    Naja, irgendjemand muss ja die Rentenkasse in diesem
    maroden Staat füttern, der für alles Geld hat……. Nur für die Belange seiner eigenen Leute nicht . 🤷🏻‍♂️
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  • Helga Scherendorn
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