
Weiter Alarm beim Trinkwasser: Ob beim Zähne putzen, Salat waschen, Wunden reinigen oder für die Zubereitung von Säuglingsnahrung – fast 50 000 Menschen nordwestlich von Würzburg müssen auch in den nächsten Tagen ihr Wasser abkochen. Dies gaben die Landratsämter Main-Spessart und Würzburg jetzt bekannt. In der Wasserprobe von Montag haben die Experten im Labor erneut Fäkalkeime gefunden.
Tabletten aus der Apotheke
Die Folge: Nicht nur Privatleute, sondern auch Vereine, Schulen, Kindergärten und Altenheime müssen weiter die Gefahr aus ihrem Wasserhahn im Blick haben. „Wir ärgern uns wie wahrscheinlich 50 000 andere auch und kochen das Wasser ab“, sagt der Geschäftsführer des St. Josefs Stifts in Eisingen, Bernhard Götz. Dies stelle die Großküche für die 270 behinderten Bewohner sowie die 70 Bewohner der Außenwohngruppen in Höchberg, Waldbüttelbrunn und Kist vor keine allzu große Herausforderung. Dennoch ärgere ihn die völlige Unkenntnis über die Ursache der Verunreinigung.
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Im Hotel Meisnerhof in Erlabrunn wird das Wasser in der Küche derzeit mit Tabletten aus der Apotheke desinfiziert. Eine Tablette Micopur Forte, (Silberionen kombiniert mit Chlor), die Camper in der Wildnis gerne dafür verwenden, um Nudeln mit Bachwasser abzukochen, verspreche einen Liter bakterienfreies Wasser. Über die Mehrkosten ärgert sich Koch und Juniorchef Heiko Hochrein.
Wasser aus Nachbargemeinden
Das 40-jährige Gründungsjubiläum der „Freunde der Musik Hettstadt“ am vergangenen Wochenende konnte nur dank einer kurzfristig organisierten Entkeimungsanlage sowie speziellen Filtern für alle Wasserhähne in der Küche der Herzog-Hedan-Halle stattfinden. Die Kosten belaufen sich auf 3500 Euro. Man habe die Anlage glücklicherweise mieten können, so Bürgermeisterin Andrea Rothenbucher.
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Vor ähnlichen Herausforderungen standen die Alten Herren der Fußballabteilung des SV 46 Kist bei ihrem Öpflmoustfest auf dem Dorfplatz. Sie fuhren kurzerhand mit zwei – jeweils 200 Liter fassenden, leeren – Mostfässern in die Nachbargemeinde Kleinrinderfeld, um ihre Äpfel zu waschen, aus denen schließlich sauberer Naturapfelsaft für die Festbesucher gepresst wurde, erzählt Geschäftsführer Alfred Scheder.
An der Leopold-Sonnemann–Realschule in Höchberg habe man die Verunreinigung im Unterricht thematisiert und Warnhinweise an den Wasserhähnen in den Toiletten angebracht, so der stellvertretende Schulleiter Marc Weippert.
Kein Salat im Schullandheim
Aufwändiger sind die Maßnahmen im Schullandheim Leinach. Eine Köchin bringt unbelastetes Wasser aus Thüngen mit. An den Waschbecken stehen Flaschen mit stillem Wasser zum Zähneputzen. Statt Leitungswasser gibt es zum Essen Flaschenwasser. Und auf Salat, der in großen Mengen gewaschen werden müsste, wird derzeit verzichtet, so die Pressesprecherin des Landkreises Würzburg, Eva-Maria Schorno.
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In der Mittagsbetreuung der Grundschulkinder in Waldbüttelbrunn wird ständig Wasser abgekocht, um das Obst und Gemüse zu waschen, das die Kinder täglich frisch zu essen bekommen, sagt Sabine Kreißl, Referentin für Schulkindbetreuung bei der AWO Unterfranken. Bernd Steigerwald, Pfarrer in Thüngersheim, würde derzeit bei einer Taufe nur stilles Flaschenwasser statt lauwarmem Leitungswasser und bei Gottesdiensten das übliche Mineralwasser verwenden.
Filter und Flaschenwasser
Beim Michaelismarkt, dem großen Jahrmarkt der Gemeinde Neubrunn, wurden 20 Filter für je 100 Euro für die Wasserhähne all der Vereine angeschafft, die mit Lebensmitteln in Berührung kamen. Da die Filter aufgrund eines Ablaufdatums nirgends in dieser Zahl vorrätig waren, musste man über den Großhandel gehen, so Bürgermeister Heiko Menig. Er fühlt sich bei der Lösung des Problems vom Wasserversorger sowie den Gesundheitsämtern gut beraten und unterstützt. Wer die Kosten übernimmt, ist allerdings noch unklar. Die Filter sollen jetzt in örtlichen Eisdielen und Cafés zum Einsatz kommen.
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Auf ähnliche Hilfe hofft jetzt Anselm Rost, Vorsitzender der Blaskapelle Eisingen, die an diesem Wochenende mit einem Beatabend und Festbetrieb ihr 35-jähriges Bestehen feiert. Über welche Maßnahmen sich Gesundheitsamt und Gemeinde abstimmen, steht noch nicht fest. Klar ist: Statt einem Salatteller wird es wohl eher eine Bratwurst im Brötchen geben.
Die Hotline des Gesundheitsamtes Würzburg ist unter Tel. (09 31) 80 03-59 84, die des Gesundheitsamtes Main-Spessart unter Tel. (09 353) 79 31-608 zu den Öffnungszeiten der beiden Landratsämter erreichbar.
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