Die Ungeduld der Menschen nordwestlich von Würzburg wächst: Es ist die zweite Woche, in der fast 50 000 Bürger ihr Trinkwasser, das mit Keimen belastet ist, abkochen müssen. Und mit der Ungeduld wächst der Druck auf die Verantwortlichen, endlich Entwarnung zu geben und die Ursache für die Verunreinigung zu finden.
Doch so einfach scheint genau dies nicht zu sein, wird auf einer Pressekonferenz deutlich, zu der die Landräte von Würzburg und Main-Spessart, Eberhard Nuß und Thomas Schiebel, die Wasserversorger, die Vertreter der Gesundheitsämter und Christiane Höller vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) am Dienstag eingeladen hatten.
Jeweils drei Wasserproben an 50 Entnahmestellen
Als unbedenklich wird das Trinkwasser erst eingestuft, wenn beim Verbraucher eine ausreichende Desinfektionsmittelmenge an Chlor ankommt und in drei aufeinanderfolgenden mikrobiologischen Proben keine Enterokokken (Fäkalkeime) gefunden werden. Erst dann werden die Gesundheitsämter für jede einzelne Gemeinde das Abkochgebot aufheben. Man arbeite fieberhaft daran, sagt Landrat Eberhard Nuß. Derzeit seien vier unabhängige und von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) geprüfte Labors im Großraum Würzburg dabei, an etwa 50 Entnahmestellen Proben zu ziehen. „Es ist ein Untersuchungsprogramm, was es so bayernweit noch nie gegeben hat“, sagt Hermann Löhner, Werkleiter der Fernwasserversorgung Franken (FWF), die die technische Betriebsführung für den hiesigen Wasserversorger, die Fernwasserversorgung Mittelmain (FWM)übernommen hat. Mehr als 50 Mitarbeiter seien derzeit im Einsatz.
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Doch warum dauert das Ganze so lange? Schließlich hatte man die Fäkalkeime bereits am vorletzten Freitag in einer Wasserprobe am Hochbehälter in Zellingen entdeckt und dem Wasser daraufhin sofort Chlor zugesetzt. Der Grund: Trotz Chlorung war eine Probe, die am Montag, 17. September, am Hochbehälter gezogen wurde, auffällig“, sagt Oskar Weinig vom Gesundheitsamt Main-Spessart. Das Ergebnis lag am Mittwoch, 19. September, vor.
Daher wolle man jetzt das Ergebnis drei aufeinanderfolgender Proben abwarten. Die Proben müssen im Labor jeweils zwei Tage reifen, um ausgewertet zu werden. Die ersten Gemeinden, in denen am Samstag Proben gezogen wurden, sind Retzbach, Thüngersheim, Leinach, Hettstadt, Waldbüttelbrunn und Höchberg. Daher ist es wahrscheinlich, dass die Bürger dieser Gemeinden als Erste ihr Wasser nicht mehr abkochen müssen. Ergebnisse werden an diesem Mittwoch erwartet.
Diese Gemeinden müssen voraussichtlich länger abkochen
Etwas geduldiger müssen voraussichtlich die Bewohner von Eisingen, Erlabrunn, Helmstadt, Kist, Neubrunn, Uettingen und Zellingen sein, so Hermann Löhner. Die Laborergebnisse ihrer Gemeinden sind vermutlich an diesem Freitag ausgewertet. „Ich kann die Ungeduld aller Menschen in den betroffenen Gemeinden verstehen“, sagt Landrat Eberhard Nuß. „Die bisherigen Ergebnisse unserer Bemühungen haben jedoch keine andere Entscheidung ermöglicht. Die Vorsorge für die Gesundheit unserer Bürger steht an oberster Stelle.“
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Bei der Ursachenforschung tappen die Verantwortlichen weiter im Dunkeln. Vier Möglichkeiten werden derzeit untersucht: Gülle als Ursache könne ausgeschlossen werden. Am wahrscheinlichsten sei ein Rohrbruch im Zulauf der FWM-Leitung in den Hochbehälter Zellingen in sieben Meter Tiefe. Darüber steht eine Trafostation. „Wir können nicht einfach mit dem Bagger anrücken“, sagt Andrea Eik vom Ingenieurbüro Arz, das die Baustelle am Hochbehälter verantwortet. Den Rohrbruch zu beheben, werde vier Wochen dauern und sei vergleichbar mit „einer Operation am offenen Herzen“, so Eik.
Wer oder was ist Schuld an der Trinkwasserverunreinigung?
Eine zweite Möglichkeit, durch die Keime ins Wasser gelangt sein könnten, ist ein Probenahmenhahn, der inzwischen ausgetauscht wurde. Ferner könnten Mücken in die Behälterkammer vorgedrungen sein, oder Schmutz von der Baustelle am Hochbehälter, wo derzeit zwei von drei Wasserkammern saniert werden, könnte das Wasser verunreinigt haben. Ob die Ursache je gefunden wird, ist unklar. Klar ist: Das Wasser wird bis auf Weiteres gechlort: mindestens bis der Rohrbruch im November beseitigt ist, vermutlich sogar bis April nächsten Jahres, wenn alle Bauarbeiten am Hochbehälter beendet sein sollen.
Eberhard Nuß will außerdem die Kommunikation in Notfällen verbessern. Denn wenn es einmal im Ernstfall um Minuten gehe – beispielsweise bei einer gefährlicheren Trinkwasserverunreinigung – reiche die Informationskette, wie sie in diesem Fall gelaufen sei, nicht aus.
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Wir Verbraucher und Kunden haben das Recht auf Trinkwasser und nicht auf eine chlorstinkende Brühe. In Zell wurde ein Notfallgerät angeschlossen und warum bei den anderen Gemeinden nicht? Hier muss mit viel mehr Druck und Einsatz gearbeitet werden, bis April 2019 soll das erst abgeschlossen sein? Bitte nicht! Da müssen mehr Leute auf die Baustelle. Sauberes gutes Wasser muss wieder in unsere Haushalte. Noch eine Frage am Rande. Wie gehen eigentlich die Gaststätten mit dem Problem um?