Das Landgericht Würzburg hat mit einem Versäumnisurteil Stadtbau-Geschäftsführer Hans Sartoris dazu verurteilt, knapp 1,6 Millionen Euro Schadensersatz an die städtische Tochter Stadtbau GmbH zu zahlen. Versäumnisurteil deshalb, weil Sartoris beziehungsweise sein Rechtsanwalt am vergangenen Donnerstag nicht zur mündlichen Güteverhandlung erschienen waren. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Die Stadtbau GmbH verklagte, wie berichtet, ihren Geschäftsführer, weil sie diesen dafür verantwortlich macht, dass der Stadtbau ein Schaden von 1,6 Millionen Euro entstanden ist. Das kommunale Immobilienunternehmen Stadtbau besitzt und verwaltet als 100-prozentige Tochter der Stadt mit 100 Mitarbeitern rund 5500 Wohnungen in Würzburg und entwickelt als Bauherrin unter anderem am Hubland große Wohnungsbauprojekte.
Vier Millionen Euro in den Weihnachtsferien
Es geht um einen Vorfall im Dezember 2016. Eine Firma, die am Bau des 40 Millionen Euro teuren ersten Abschnitts des Stadtteils Hublands beteiligt war, verlangte am 23. Dezember von der Bauherrin Stadtbau innerhalb weniger Tage eine Bürgschaft von über vier Millionen Euro als sogenannte Bauhandwerksicherheit. Da die Stadtbau diese Sicherheit über die Feiertage bis Anfang Januar nicht leistete, kündigte die Firma ihren Vertrag mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft.
Wie Richter Martin Gogger in der Güteverhandlung am Landgericht sagte, ist eine "solche Sicherung in der Baubranche üblich". Laut Branchenkennern ist es auch üblich, dass Baufirmen dafür Bauherren bewusst knappe Fristen setzen, wenn sie zum Beispiel aus dem Vertrag mit ihnen aussteigen wollen. Dass die Kündigung der Baufirma rechtens war, wurde gerichtlich bereits entschieden.
Die Folgen für die Stadtbau: Sie musste die Baumaßnahme für einen höheren Preis neu vergeben, dadurch verzögerte sich die Fertigstellung der neun Häuser und 175 Wohnungen und so die Einnahme von Mieten. Dazu kamen Gerichts- und Anwaltskosten für den Rechtsstreit mit der Baufirma sowie die Entschädigung, die am Ende als Vergleich an die Firma gezahlt wurde. Insgesamt addiert sich der Schaden laut Stadtbau auf 1,6 Millionen Euro.
Geschäftsführer Sartoris ist versichert
Rathausspitze und Stadtrat wollen diesen Schaden von der Haftpflichtversicherung für Unternehmensleiter erstattet bekommen. Diese übernimmt Schäden des Geschäftsführers, die dem Unternehmen durch dessen Pflichtverletzung entstanden sind. Weil sich die Stadt Würzburg bislang nicht mit der Versicherung einigen konnte, aber die Ansprüche mit juristischen Mitteln nur direkt gegen den Geschäftsführer durchsetzen kann, hat die Stadtbau Ende vergangenen Jahres Sartoris verklagt.
Der 64-Jährige Sartoris leitet seit 2006 die Geschäfte der Stadtbau. Nach Informationen der Redaktion soll er als Geschäftsführer dafür verantwortlich gewesen sein, dass die Bürgschaft nicht gestellt wurde. Wie das genau war und ob er selbst sein Verhalten als Fehler oder Pflichtverletzung sieht, wissen wir nicht. Denn Sartoris will sich zum laufenden Verfahren nicht äußern. Die "einvernehmliche Lösung", die Sartoris und Oberbürgermeister Christian Schuchardt in einem Brief an die Mitarbeiter der Stadtbau im Mai dieses Jahres noch angekündigt hatten, scheint aber nicht in Sicht.
Der Zivilprozess "Stadtbau Würzburg GmbH gegen Sartoris H. wegen Verletzung der Geschäftsführerpflichten" am vergangenen Donnerstag versprach also spannend zu werden. Doch als es losgehen sollte, waren nur Richter Gogger und der rechtliche Vertreter der Stadtbau, Jörg Hofmann, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht von der Würzburger Kanzlei Bendel & Partner, im Saal des Ziviljustizzentrums. "Der Rechtsanwalt des Beklagten hat angekündigt, dass er nicht erscheinen wird", informierte der Richter nach den üblichen 15 Minuten Wartezeit.
Auf Antrag von Rechtsanwalt Hofmann verkündete Richter Gogger dann ein Versäumnisurteil. Säumig ist eine beklagte Partei, wenn sie sich in einer mündlichen Verhandlung nicht zur Sache einlässt. Dieses Urteil verpflichtet Sartoris dazu, die 1,6 Millionen Euro sowie die Kosten des Rechtsstreits zu übernehmen. Der Richter findet es schlüssig nachvollziehbar, dass Sartoris seine Pflicht als Geschäftsführer verletzt hat und auch, dass dadurch ein Schaden von 1,6 Millionen Euro entstanden ist. Gegen das Urteil kann Sartoris in den nächsten zwei Wochen Einspruch einlegen. Dann käme es zu einer weiteren öffentlichen Verhandlung.
Am 23. Dez. von einer Behörde/Stadtverwaltung eine Bürgschaft über 4 Millionen zu erwarten mag ja rechtlich ok sein, in meinen Augen aber am Rande der Kriminalität!