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Würzburg
Urteil nach Raubüberfällen bei Kupsch: "Die schlechteste Idee, die sie jemals hatten"
Beute sollte das Startkapital für eine Drogenplantage werden. Die drei jugendlichen Haupttäter müssen ins Gefängnis. Daran ändert auch ihr Geständnis nichts.
Beim Überfall auf die Kupsch-Filiale in der Domstraße im Februar 2022 wurde einer der jugendlichen Täter von der Polizei gestellt und festgenommen.
Foto: Johannes Kiefer | Beim Überfall auf die Kupsch-Filiale in der Domstraße im Februar 2022 wurde einer der jugendlichen Täter von der Polizei gestellt und festgenommen.
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 09.02.2024 20:29 Uhr

Nach ihren Geständnissen am ersten Verhandlungstag war im Prozess gegen drei Beteiligte an den bewaffneten Raubüberfällen auf zwei Würzburger Kupschmärkte nur noch die Frage offen, wie hoch die Strafen ausfallen würden. Diese hat das Jugendschöffengericht am Freitag wie folgt beantwortet: Die beiden 17 Jahre alten Haupttäter wurden jeweils zu zwei Jahren und zehn Monaten, ihr 19-jähriger Kumpel zu zwei Jahren und sechs Monaten Jugendstrafe verurteilt.

Der Satz "So einen Fall habe ich in meiner langen Karriere noch nicht erlebt" fiel mehrmals während des zweitägigen Prozesses. Auf der Anklagebank saßen drei Schüler, die vor den beiden bewaffneten Raubüberfällen strafrechtlich noch nie in Erscheinung getreten waren. Einer der Verteidiger und auch die Mutter eines Angeklagten nannten die Einsamkeit und Isolation der Jugendlichen während der Corona-Pandemie als einen der Gründe, warum es zu den beiden von langer Hand und mit vielen Details geplanten Verbrechen kam.

"Sein Leben fand nicht mehr in der Realität statt, sondern nur noch im virtuellen Raum", sagte die Mutter. Dazu gehörten für die drei Schüler nicht nur Online-Spiele, sondern auch Netflix-Serien und Dokumentationen über Drogengeschäfte. Dadurch kamen sie irgendwann auf die Idee, statt durch reguläre Arbeit lieber mit dem Anbau und Verkauf von Marihuana ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Beute aus einem Raubüberfall sollte dafür als Startkapital dienen. "Das war mit Abstand die schlechteste Idee, die sie jemals hatten", betonte Staatsanwalt Joscha Kreßmann.

Bei Youtube Anregungen von Straftätern geholt

Auf Youtube suchte und fand das Trio Videos mit Tipps von ehemaligen Straftätern, mit denen sie sich auf ihren ersten Überfall vorbereiteten. "Wir haben den Punkt verpasst aufzuhören", sagte einer der Angeklagten.

Mit Motocrosshelmen maskiert überfielen die beiden 17-Jährigen schließlich am Abend des 17. Dezember 2021 den Kupschmarkt in der St. Benedikt-Straße. Der junge Kassierer, den einer der beiden Täter mit vorgehaltener Softairpistole dazu zwang, die Kasse zu öffnen, leidet bis heute an Panikattacken und erlitt unmittelbar nach seiner Zeugenaussage am Donnerstag noch im Gerichtsgebäude einen Zusammenbruch.

Auch drei Mitarbeiterinnen des Kupsch-Markts in der Domstraße haben das Erlebte bis heute nicht vollständig überwunden. Nachdem die Beute des ersten Überfalls nur knapp 2.000 Euro betragen hatte, plante das Trio diese zweite Tat, an der neben dem 19-jährigen Angeklagten auch zwei weitere junge Männer als Informanten und Aufpasser unterstützend beteiligt waren. Die beiden wurden vom Jugendschöffengericht bereits Mitte Juli zu Jugendstrafen auf Bewährung verurteilt.

Die Überfälle waren genau ausgeklügelt

Auch bei dem zweiten Überfall am 21. Februar waren es die beiden 17-Jährigen, die den Laden mit Sturmhauben maskiert betraten und die stellvertretende Filialleiterin unter Einsatz eines großen Messers zwangen, den Tresor zu öffnen, in dem Geldtaschen mit knapp 47.000 Euro Bargeld lagen. Damit entkam einer der Räuber, der andere konnte von der Polizei am Tatort festgenommen werden.

Trotz der hohen Beute und der ausgeklügelten Tatplanung – die beiden Täter hatten sogar Wasser und Lebensmittel für die Kupsch-Mitarbeiterinnen dabei, die sie in den Tresorraum einsperren wollten – hatten die Verteidiger Bewährungsstrafen für alle drei Angeklagte als Ziel.

"Es war eine einmalige Geschichte, die völlig aus dem Ruder gelaufen ist", betonte Rechtsanwalt Christian Mulzer und wies auch auf die Gruppendynamik hin, der sich sein 17-jähriger Mandant irgendwann nicht mehr entziehen konnte. Und während in der Jugendstrafanstalt unter anderen Straftätern die Gefahr bestehe, weiter ins kriminelle Milieu abzurutschen, "würde eine Bewährung mit den entsprechenden Auflagen die Chancen erhöhen, in Zukunft ein straffreies Leben zu führen", fügte seine Kollegin Vanessa Gerber hinzu.

Keine Aussicht auf Bewährung

Das Jugendschöffengericht folgte mit seinem Urteil aber weitgehend den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Zwar seien alle drei Angeklagte voll geständig, nicht vorbestraft und würden von ihren Familien weiterhin voll unterstützt, betonte die Vorsitzende Richterin Tanja Zechnall. "Auf der anderen Seite steht aber, mit welcher Gewalt hier vorgegangen wurde. Es waren Taten, unter denen die Opfer noch sehr lange Zeit leiden werden." Daher sei es erforderlich gewesen, Jugendstrafen deutlich über der Grenze zur Bewährung zu verhängen: "Normalerweise denkt man auch bei jungen Menschen in so einem Fall an vier oder viereinhalb Jahre." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 
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Kommentare
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  • klafie
    denen gehört wirklich mal 2 jahre nur wasser und brot und handyverbot. aber nach guter führung kommen diese kerle bestimmt in einem halben jahr wieder frei, wie ich unsere gerichte so langsam kenne!
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