Geld verdienen, ohne viel dafür arbeiten zu müssen: Das war laut Aussage eines Angeklagten das Motiv für die bewaffneten Raubüberfälle auf Würzburger Kupsch-Märkte im Dezember 2021 und im Februar 2022. Die ursprüngliche Idee von drei 17 und 19 Jahre alten Schülern war es demnach, sich mit der Beute eine Marihuana-Plantage zu finanzieren und mit dem Verkauf der Drogen den Lebensunterhalt zu finanzieren.
Der Prozess vor dem Jugendschöffengericht begann am Donnerstag mit weitgehenden Geständnissen der drei jungen Männer auf der Anklagebank, die in Fußfesseln aus drei verschiedenen Justizvollzugsanstalten vorgeführt wurden. Lediglich bei der Rollenverteilung im Vorfeld der ersten Tag widersprachen sich die Aussagen.
Der 17-Jährige, der bei beiden Überfällen eine Waffe als Drohmittel einsetzte, bezeichnete seinen zwei Jahre älteren Kumpel als denjenigen, der die Pläne zur Finanzierung der illegalen Aktivitäten vorangetrieben habe. Irgendwann habe der 19-Jährige den beiden Jugendlichen eine Frist gesetzt: "Wir sollten beweisen, dass wir es mit der Drogenplantage ernst meinen".
Auch die Netflix-Serie "How to sell drugs online (fast)" soll Vorbild gewesen sein
Inspiration und Motivation holte sich das Schüler-Trio, das häufig Drogen und Alkohol konsumierte, aus TV-Serien oder durch Youtube-Videos. Steffen Siegel von der Jugendgerichtshilfe erwähnte die bekannte deutsche Netflix-Serie "How to sell drugs online (fast)", die auf der wahren Geschichte eines 18-jährigen Leipzigers mit dem Decknamen "Shiny Flakes" beruht, der zwischen 2013 und 2015 von seinem Zimmer in der elterlichen Wohnung aus einen schwunghaften Online-Drogenhandel organisiert hat.
Bei dem 19-Jährigen klang die Vorgeschichte anders. Er habe die Gespräche über den kriminellen Lebenswandel und Marihuana-Anbau für "dummes Gerede" gehalten und nicht wirklich ernst genommen: "Ich habe keine Frist gesetzt und auch nichts Genaues darüber gewusst." Erst auf dem Weg zum ersten Überfall am 17. Dezember 2021 in der St. Benedikt-Straße habe ihn einer der Kumpels angerufen und eingeweiht. Wenige Stunden später las er die erste Meldung über den Überfall im Internet auf mainpost.de.
17-Jähriger hielt Kassierer echt aussehende Waffe an den Kopf
Die beiden 17-Jährigen hatten den Kupsch im Frauenland mit Motorradhelmen auf dem Kopf kurz vor Ladenschluss betreten. Einer von ihnen hielt einem Kassierer eine echt aussehende Softair-Pistole an den Kopf und zwang ihn, die Kasse zu öffnen. Wie schwer das Erlebnis dem Kupsch-Mitarbeiter in den Stunden nach der Tat zu schaffen machte, berichtete ein Kriminalbeamter im Zeugenstand: "Man hat deutlich gemerkt, dass es nicht spurlos an ihm vorbeigegangen ist. Er war kaum ansprechbar."
Mit 2000 Euro Beute entkamen die Täter auf Fahrrädern, die sie vorher eigens für den Überfall geklaut hatten. Der 19-Jährige erklärte sich nach eigener Aussage anschließend bereit, das in einem verlassenen Container in der Raiffeisenstraße versteckte Geld noch am Abend abzuholen und aufzubewahren.
Am Freitag wird in Würzburg das Urteil erwartet
Während des zweiten Überfall auf den Kupsch in der Domstraße in Würzburg war der Abiturient dann selbst zumindest in der Nähe des Tatorts und fuhr anschließend mit einem der Haupttäter im Fluchtauto vom Paradeplatz davon. "Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt", gab er zu Protokoll: "Es war aber überhaupt nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Es war einfach nur ein riesiger Albtraum."
Nachdem die beiden 17-Jährigen nach Ladenschluss drei Kupsch-Mitarbeiterinnen bedroht und die stellvertretende Marktleiterin gezwungen hatten, den Tresor zu öffnen, entkam einer von ihnen mit rund 47.000 Euro Beute. Der andere konnte von der Polizei noch im Büro des Marktleiters verhaftet werden, weil eine der Frauen sich zunächst hinter der Brottheke verstecken und einen Notruf absetzen konnte. Der Prozess wird an diesem Freitag fortgesetzt, dann wird auch das Urteil erwartet.