
Wende im Prozess um eine Schlägerei auf Mallorca: Die zwei angeklagten Würzburger Studenten waren nicht die Täter, die 2019 am Ballermann grundlos einen jungen Polizisten und seinen Kumpel verprügelt haben. Das Landgericht Würzburg um die Vorsitzende Richterin Susanne Krischker sprach die beiden am Donnerstag nach nur drei von neun angesetzten Verhandlungstagen frei.
In erster Instanz: Haftstrafen von zwei Jahren ohne Bewährung
In erster Instanz im Jahr 2021 war das Amtsgericht Würzburg von der Schuld der beiden Angeklagten überzeugt. Es hatte die zwei Studenten zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. In zweiter Instanz zeigten sich Zeugen jetzt keineswegs mehr so sicher, ob es sich bei den Angeklagten um die mutmaßlichen Täter oder nur ähnlich aussehende Personen handelt. Auch die Aussagen der beiden Opfer hinterließen viele Zweifel.
Entscheidend waren vor allem die Auswertungen von Handys der Angeklagten und der Opfer, die die Verteidigung beantragt hatte und die erst spät zur Sprache kamen. Sie machten eine wochenlange Unterbrechung des Prozesses nötig, erwiesen sich nun aber als effektiv. Sie habe zunächst mit dieser Verzögerung gehadert, gab die erfahrene Vorsitzende zu. "Aber im Nachhinein bin ich froh, dass wir sie so getroffen haben", sagt Krischker.
Nicht die Täter: Eindeutiges Votum von Gericht, Anklage und Verteidigung
So eindeutig wie selten bewerteten Staatsanwalt Peter Gerner, die drei Verteidiger und das Gericht an diesem Donnerstag jetzt Fall: Eindeutig war die Forderung nach Freispruch. Die betont lustlos wirkende Nebenklage-Anwältin der beiden Opfer konnte man am Donnerstag nicht mehr fragen. Sie war zur Verhandlung gar nicht mehr aus Hessen angereist.
Keiner bezweifelte in den Plädoyers, dass der geschädigte Polizist und sein Freund grundlos im Jahr 2019 am Ballermann zusammengeschlagen worden waren. Beide erlitten schmerzhafte Kieferbrüche. Aber man war sich einig: Als der Polizist durch Zufall drei Tage später beim Heimflug am Flughafen in Palma zwei den Tätern ähnlich aussehenden Männern begegnete, wollte er unbedingt glauben, sie seien es gewesen. "Jackpot, Jackpot!" jubelte er in einer Sprachnachricht an seinen Kumpel – und witterte Schmerzensgeld.
Illegal Ausweisdaten von Polizeikollegen beschafft
Auf seinen Hinweis hin kontrollierte nach der Landung in Frankfurt die Polizei dort die Verdächtigen. Wie deren Daten dann illegal von Kollege an Kollege weitergereicht wurden, ist inzwischen Gegenstand eigener Ermittlungen. Offenbar besorgte sich der Geschädigte illegal die Ausweisdaten samt Fotos der Würzburger. Daten auf seinem Handy zeigen, dass er Bilder weiterreichte an das zweite Opfer und an Zeugen, um sichere belastende Aussagen bei einer Identifizierung zu bekommen.
Später löschte er weitgehend Dialoge mit seinem Kumpel. Das alles machte aus Sicht der Prozessbeteiligten aus einem Opfer einen Täter, der das Gericht manipulieren wollte.
Experte vom LKA konnte gelöschte Handy-Daten wiederherstellen
Verteidiger Martin Reitmaier hatte im Berufungsverfahren auf eine Untersuchung der Handys bestanden. Ein Fachmann des Landeskriminalamts konnte die gelöschten Daten weitgehend wiederherstellen.
Die Opfer hätten nicht absichtlich die Falschen beschuldigt, bilanzierte Verteidiger Benjamin Hirsch. Sie hätten aber ihre eigenen Zweifel überhört und seien einer Verwechslung erlegen. Sein Kollege Christian Schubert ging weiter: Es sei sehr kränkend, dass sich die Opfer in die Sache so hineingesteigert hätten, um ihre Geschichte wasserdicht zu bekommen. Anwalt Reitmaier bekannte, er habe einer Berufung zunächst wenig Chancen eingeräumt. "Aber das Blatt wendete sich, als wir sahen, dass wir nach Strich und Faden angelogen wurden."
Die Vorsitzende Richterin: "Wir glauben, dass die Angeklagten nicht die Täter sind"
Richterin Susanne Krischker betonte in ihrem Urteil ausdrücklich ihre Überzeugung: Der Freispruch sei nicht deshalb angebracht, weil die Beweise nicht gereicht hätten: "Wir glauben, dass es zu einer Verwechslung kam und die Angeklagten nicht die Täter sind."
Ob die Nebenklägerin aus der Ferne gegen das Urteil Rechtsmittel einlegt, ist ungewiss. Aber "dem können Sie mit Ruhe entgegen sehen", sagte die Vorsitzende zu den Freigesprochenen.
In einem emotionalen letzten Wort dankten beide Angeklagten für einen fairen Prozess. Der eine, der bei einer Verurteilung um seine Zulassung als angehender Arzt hätte fürchten müssen, betonte nach der dreieinhalbjährigen Unsicherheit: "Ich bin unglaublich froh, dass ich jetzt mein Leben wiederhabe."
Wer heut noch mit Begriffen wie "Ehrlichkeit", "Anstand" oder gar "Ehre" daherkommt, wird von der Masse doch nur ausgelacht und als weltfremd nicht für voll genommen.
Diesmal, leider nicht immer...
Das Sonderbare daran war, dass zur Gerichtsverhandlung nur noch 1 Polizist als Zeuge angeführt war und bei der Gerichtsverhandlung war dann kein Polizist mehr als Zeuge da.