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Würzburg
Uni Würzburg: Gendersternchen führt nicht zu mehr Gerechtigkeit
Der emeritierte Würzburger Psychologie-Professor Fritz Strack verrät, wie Frauen und Männer in Texten gleichermaßen berücksichtigt werden können.
Bringt das Gendersternchen mehr Geschlechtergerechtigkeit? Darüber hat ein Psychologenteam der Universitäten Würzburg und Kassel geforscht.
Foto: Regina Vossenkaul | Bringt das Gendersternchen mehr Geschlechtergerechtigkeit? Darüber hat ein Psychologenteam der Universitäten Würzburg und Kassel geforscht.
Gisela Rauch
 |  aktualisiert: 27.03.2022 03:21 Uhr

Das Gendersternchen führt nicht zu mehr Gerechtigkeit, wenn es darum geht, Frauen und Männer in Texten gleichermaßen zu benennen. Das zeigt eine Studie der Psychologischen Institute der Universitäten Würzburg und Kassel. Die Studienergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift "Journal of Language and Social Psychology“ veröffentlicht.

"Autoren": Bei männlichen Formen wird oft nicht an Frauen gedacht

Ein Satz wie "180 Wirtschaftsprofessoren haben sich getroffen“ lässt die meisten Lesenden automatisch an eine große Gruppe Männer denken. Dass zu den Wirtschaftsprofessoren auch Professorinnen gehören, haben manche Leute nicht auf dem Schirm. Das sogenannte "generische Maskulinum“ bewirkt also eine stärkere Wahrnehmung von Männern. Weil diese Erkenntnis sich im deutschen Sprachraum längst durchgesetzt hat, verwenden zahlreiche Medien oder politische Gremien mittlerweile ein Gendersternchen.

"Autor*innen": Beim Gendersternchen werden Frauen stärker wahrgenommen

Prof. Fritz Strack, früher Inhaber des Lehrstuhls II für Psychologie an der Universität Würzburg, arbeitet auch nach seiner Emeritierung noch an wissenschaftlichen Studien mit.
Foto: Strack | Prof. Fritz Strack, früher Inhaber des Lehrstuhls II für Psychologie an der Universität Würzburg, arbeitet auch nach seiner Emeritierung noch an wissenschaftlichen Studien mit.

Aber ist das Gendersternchen wirklich eine Alternative, die für mehr Geschlechtergerechtigkeit sorgt? "Nein“, sagt Professor Fritz Strack, der über 20 Jahre lang den Lehrstuhl für Psychologie II an der Universität Würzburg innehatte und auch noch nach seiner Emeritierung weiter forscht. Formulierungen wie "Professor*innen“ oder "Autor*innen“ führten nämlich dazu, dass nun beim Lesen eines Textes Frauen stärker wahrgenommen würden als Männer. "Die Leute lesen nicht über das Gendersternchen hinweg. Sie wissen schon, dass beide Geschlechter gemeint sind. Aber bei der Nachsilbe 'innen'  wird die weibliche Form assoziiert“, erklärt Strack, der gemeinsam mit der Würzburger Doktorandin Bleen Abraham und seiner früheren Doktorandin Dr. Anita Körner aus Kassel an der Studie gearbeitet hat.

Tempo der Entscheidung ausschlaggebend

Wie hat das Forschungsteam herausgefunden, an welches Geschlecht die Versuchspersonen bei einem Begriff gedacht haben? Die Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen mussten für die Studie online zunächst Sätze über Personengruppen in drei Varianten lesen, etwa folgende: "Die Autoren waren am Flughafen. Die Autor*innen waren am Flughafen. Die Autorinnen und Autoren waren am Flughafen.“ Anschließend wurde ihnen ein zweiter Satz vorgelegt, etwa folgender: "Einige der Männer waren erschöpft.“ Oder:  "Einige der Frauen waren erschöpft.“

Die 600 Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer hätten dann entscheiden sollen, ob der zweite Satz eine sinnvolle Fortsetzung des ersten Satzes darstellt. Aus der Geschwindigkeit, mit der diese Entscheidungen fielen, konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ableiten, an welches Geschlecht die jeweilige Versuchsperson bei der Lektüre des ersten Satzes gedacht hatte.

An beide Geschlechter denken Versuchspersonen nur, wenn beide Geschlechter genannt werden

"Nur wenn sowohl die männliche wie auch die weibliche Version genannt werden, werden die Geschlechter annähernd gleich wahrgenommen“, bilanziert Strack. In welcher Reihenfolge die Geschlechter – also etwa Autorinnen und Autoren – genannt würden, mache dabei keinen Unterschied. "Wer möchte, dass das andere Geschlecht mitgedacht wird, verwendet beide Formen“, sagt Strack.

Aus seiner Sicht stellt auch die Verwendung von Partizipien wie etwa "Fußgehende“ statt „Fußgänger“ keine grundsätzlich sinnvolle Alternative dar. Zwar hätten sich Partizipien wie "Studierende“ etabliert. "Aber wenn man etwa statt ,Schriftsteller' das Partizip ,Schriftstellende'  verwendet, wird das absurd“, sagt Strack. Er meint: "Es gibt keine Lösung, die für alle Fälle gleich gut geeignet ist. Das hängt wirklich vom Kontext ab.“

 
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  • d.temming@gmx.de
    "Ein Satz wie „180 Wirtschaftsprofessoren haben sich getroffen“ lässt die meisten Lesenden automatisch an eine große Gruppe Männer denken." Finde ich überhaupt nicht. Das mag Eure Interpretation sein. Oder denkt ihr bei "Die Führungskraft" automatisch an eine Frau?
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  • mainpost@swamp.franken.de
    Also wenn ich "180 Wirtschaftsprofessoren" lese, dann denke ich an eine große Menge verschiedener Menschen. Aber ich mache mir doch keine Gedanken über die genaue Zusammensetzung. (groß/klein, dick/dünn, mit hellen, dunklen, ohne Haaren, nette/eingebildete, alte/junge, div. Religionen, ... und eben auch div. Geschlechter/Orientierungen/Sonstnochwas)
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  • hannes.sazyma@arcor.de
    Und dann von „Lesenden“ statt „Lesern“ schreiben, was für ein Stuss, der da seit Monaten in der Mainpost fabriziert wird.
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  • flea11
    Tatsache ist, dass die Umerziehung funktioniert, wie man mittlerweile auch in Leserbriefen feststellen darf!

    Presse, Funk und Fernsehen missbrauchen ihren Informations- und Bildungsauftrag. Mit einer unglaublichen Arroganz wischt man die 85%ige Ablehnung des Geschlechterns beiseite und nervt penetrat mit Sprechpausen, um das Sternchen zu "sprechen" und/oder indem man ein extrem betontes "innen" anfügt (veranlasst mich immer mit einem "außen" zu kontern).
    Ich kann nicht verstehen, dass der weibliche Teil der Menschheit - der deutschsprechenden - sich von einer elitären Gruppe einreden lässt, bei den Bürgern eines Landes, den Bewohnern oder Einwohnern einer Stadt nicht gemeint zu sein. Und natürlich gehen auch nur Männer zur Wahl, weil Frauen bekanntlich nicht wählen und somit die Gruppe der Nichtwählerinnen bilden - es gibt demnach gar keine Gruppe der Nichtwähler, oder!?

    Begriffe oder Bezeichnungen, die sich nicht geschlechtern lassen, werden halt nach und nach abgeschafft.
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  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    Ich glaube

    die Kategorisierung ist der Beginn aller Übel.

    Wir bräuchten eine Sprache, die alle gleich behandelt und keinen Platz für Unterscheidungen lässt, denn jede Unterscheidung bringt das Risiko mit sich, dass eine beliebige Gruppe sich für etwas Besseres hält als eine beliebige andere. Die Geschichtsbücher sprechen da eine deutliche Sprache, aber lernen will anscheinend niemand etwas daraus.

    Wir kriegen es noch fertig, uns mit den ganzen -ismen (incl. dem Egoismus) so zu zersplittern, dass wir vergessen, worauf es wirklich ankommt und allesamt, aber jede/r einsam für sich allein aus der Geschichte abtreten.
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  • schuema@web.de
    Wenn die Mainpost neuerdings Zuschauende statt Zuschauer schreibt, dann fragt man sich schon waren das wirklich alles Zuschauende oder nur Anwesende gezahlt-Habende. Aber Gender-Bewegte interessieren solche Feinheiten nicht .
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  • Albatros
    In Saudi-Arabien hat das Königreich eine Stellenausschreibung für "Henker" veröffentlicht. Das wäre in Deutschland undenkbar, hier müsste es heißen, "Henker" und "Henkerinnen".
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  • Thomas_Horling@t-online.de
    Es müßte heißen "Henker (m/w/d)"
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  • Albatros
    Womit Sie Recht haben.
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  • hak53
    Früher war Deutschland das Land der Dichter und Denker, heute halt das Land der Dichtenden und Denkenden. Ob wir noch ganz dicht sind, kann sich jeder selbst denken!
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  • engert.andreas@gmx.de
    Neben der Psychologie sollten wir auch die Grammatik nicht vergessen:
    Lehrer*innen wäre ja noch korrekt,
    Schüler*innen auch.
    aber Professor*innen wäre falsch! So geschrieben geht es dann nämlich um EINEN männlichen Professor und MEHRERE weibliche Professorinnen!
    Korrekt wäre dann: Professor*inn*en - dann das -en am Schluss brauchen auch die Herren für ihre Mehrzahl, die wäre sonst grammatikalisch schlicht nicht vorhanden!
    Student*inn*en übrigens genauso!
    Absurd wird’s- wenn es korrekt sein soll, bei Sekretär*inn*e*n!
    Lassen wir diesen Käse doch einfach!
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  • mainpost@swamp.franken.de
    Und ganz absurd wird es, wenn man die diversen Diversen nicht übergehen will.
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  • FischersFritz
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • FischersFritz
    Zitat: „Formulierungen wie "Professor*innen“ oder "Autor*innen“ führten nämlich dazu, dass nun beim Lesen eines Textes Frauen stärker wahrgenommen würden als Männer. ‚Die Leute lesen nicht über das Gendersternchen hinweg. Sie wissen schon, dass beide Geschlechter gemeint sind. Aber bei der Nachsilbe 'innen' wird die weibliche Form assoziiert‘ […]“

    Und für diese Erkenntnis braucht’s eine Studie mehrerer Psychologischer Institute? Im Ernst jetzt?

    Das kann doch nur Satire sein ... wäre dieser Artikel am 01. April erschienen, ich hätte gelacht und der MP zu einem gelungenen Aprilscherz gratuliert ...
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  • g93444
    Mich stört beim gendern - egal in welcher Form - , dass bestimmte, negativ besetzte Wörter nicht gegendert werden. Ich habe z.B. noch nie Idioten und Idiotinnen, Mörder und Mörderinnnen, Raser und Raserinnen gelesen. Jeder kann sich selbst überlegen, warum es so ist.
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  • mainpost@swamp.franken.de
    Stimmt.

    Aber Sie haben das auch nicht ganz korrekt geschrieben. Es müßte heißen "Idiotinnen und Idioten, Mörderinnen und Mörder, Raserinnen und Raser". Denn trotz des ganzen GLEICHstellungsgedöns gilt ja weiterhin Ladies first. Zumindest bei positiv besetzen Wörtern.
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  • Einwohner
    Doch, wir brauchen noch viel mehr solche Gendersternchen und m/w/d damit auch der letzte im In- und Ausland erkennt wie luxusgeschädigt und dekadent die Deutsche Gesellschaft geworden ist.
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  • hannes.sazyma@arcor.de
    Im Symbolbild einen solchen Schwachsinn wie "Mitglieder*innen" zu zeigen, belegt die ganze Beschränktheit dieses Gendergaga-Projekts, da werden jetzt sogar Neutrum-Verben mit einem -innen versorgt!
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  • hannes.sazyma@arcor.de
    "Weil diese Erkenntnis sich im deutschen Sprachraum längst durchgesetzt hat, verwenden zahlreiche Medien oder politische Gremien mittlerweile ein Gendersternchen." - Was für ein Unsinn, zumal diese Aussage mit einem Link auf die Privatmeinung einer Frau Rottmann hinterlegt wird, die keinerlei Relevanz hat. Wenn man dieses Framing wie Frau Rauch konsequent selbst betreibt, glaubt man wahrscheinlich irgendwann wirklich selbst, dass solch unsinnige Gebilde wie "Lesende" die zahlenden Leser anspricht. Das Gegenteil ist der Fall, die Beiträge in der Mainpost werden immer schlechter!
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  • bavaria-001@gmx.de
    Meine Güte es gibt gerade wichtigeres als eine Diskussion über Gendersternchen. Wenn wir hier auch noch weggebombt werden spielt das eh keine Rolle mehr
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