
Der russische Einmarsch in die Ukraine sorgt auch an der Uni Würzburg für Entsetzen. Die Hochschule arbeitet seit 2014 mit mittlerweile elf Universitäten in Kiew, Lemberg, Odessa und Charkow zusammen. Immer wieder sind Delegationen aus dem Land zu Besuch. 73 Studierende aus der Ukraine sind nach Uni-Auskunft derzeit in Würzburg eingeschrieben, 78 aus dem Bereich der Russischen Föderation.
Gemeinsame Forschungsprojekte mit Universitäten in der Ukraine
Auch Dozentinnen und Dozenten sowie wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Ukraine sind an der Julius-Maximilians-Universität tätig. Einer von ihnen ist Mathematik-Professor Sergey Dashkovskiy (48). Seit über 20 Jahren lebt er in Deutschland, an der Uni Würzburg ist er seit 2016 und hat hier gemeinsame Forschungsprojekte mit Universitäten in Kiew und Odessa auf den Weg gebracht. Deren Zukunft ist ungewiss.
Dashkovskiy zeigt sich schockiert über den Krieg in seiner früheren Heimat. Den ganzen Donnerstag über habe er mit seinen Eltern in Odessa und Verwandten im ganzen Land telefoniert. "Dieser Angriff ist ein Irrsinn, ich finde kaum Worte dafür", sagt der Mathematiker auf Anfrage. Um fünf Uhr morgens seien seine Eltern durch erste Explosionen aufgewacht, "niemand geht mehr aus dem Haus". Bis zuletzt habe er gehofft, dass es nicht soweit kommt. "Aber die Hoffnung ist jetzt gestorben."

Der Wissenschaftler glaubt allerdings an den Widerstand der ukrainischen Bevölkerung, "sie wird kämpfen". Dazu bräuchte sie die Unterstützung aus dem Westen. Dashkovskiy fordert, die diplomatischen Beziehungen mit Russland abzubrechen und stattdessen der Ukraine alle nur mögliche Hilfe zukommen zu lassen - auch Waffen. "Die Menschen müssen sich verteidigen."
Sorgen bei ukrainischen Dozierenden an der Uni
Der Professor, der auch in Russland studiert und dort ebenfalls Verwandtschaft hat, war zuletzt im Oktober in der Ukraine. Trotz der Gewalt geht er davon aus, dass die Zusammenarbeit mit den ukrainischen Hochschulen fortgesetzt wird. "Ich hoffe, dass die Ukraine durchhält und Putin gestoppt wird."
Auch Anna Michailowski schätzt die Kampfbereitschaft in der Bevölkerung als hoch ein. Ihr 25 Jahre alter Bruder in der Nähe von Kiew werde gerade einzogen, ihr Vater (53) müsse sich bereithalten. Die Dozentin für Ukrainisch und Russisch an der Uni Würzburg kann das Geschehen nur langsam realisieren: "Das ist einfach Wahnsinn, das ist krank."
Die SMS einer Freundin hatte sie am frühen Donnerstagmorgen aus dem Bett geschreckt. Dann habe sie erstmal geweint. Ihre Freundinnen hätten Kiew noch am Donnerstag verlassen, seien aufs Land oder zu den Eltern gefahren: "Statt der üblichen 30 Minuten haben sie fünf Stunden gebraucht."
Wie können Hochschulpartnerschaften fortgesetzt werden?
Die Kooperation mit den ukrainischen Universitäten wird unter anderem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Erst vor drei Jahren hatte die Uni Würzburg den Ukrainisch-Bayerischen Hochschultag mit 14 bayerischen und 17 ukrainischen Hochschulen ausgerichtet.
Am Donnerstagabend hatte sich die Uni-Leitung geäußert. Die Universität sei "entsetzt über den unbegründeten militärischen Angriff Russlands gegen die Ukraine", heißt es in einer Stellungnahme. Man sei besorgt über die humanitären, politischen und ökonomischen Folgen, die der Angriff für die Ukraine, "aber auch für uns alle hat und noch haben wird."
Universitätsleitung: Solidarität mit Kolleginnen und Kollegen in der Ukraine
In Anbetracht der militärischen Entwicklungen gelte die Solidarität den Kolleginnen und Kollegen in der Ukraine. "Wir prüfen aktuell, wie wir unseren ukrainischen Freunden und Partnern helfen können." Gleichwohl will die Uni auch den Kontakt zu ihren russischen Partnern nicht abbrechen lassen. "Wir gehen davon aus, dass die Verantwortlichen für die Krise anderswo zu verorten sind und die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in beiden Ländern Opfer, nicht Täter sind", so die Erklärung.
Früherer Uni-Präsident Forchel: "Unglaublich und furchtbar"
Betroffen von der Lage in der Ukraine zeigt sich auch Würzburgs früherer Uni-Präsident Alfred Forchel. Er hatte den Aufbau von Beziehungen mit ukrainischen Hochschulen vorangetrieben, war nach eigenen Worten "bestimmt zehnmal" in der Ukraine. "Das ist unglaublich und furchtbar. Ich hätte das bis gestern nicht erwartet", sagt er am Tag des Angriffs. Mit Blick auf die Invasion fühle er sich zurückgeworfen in das vergangene Jahrhundert. "Es ist ein Angriff auf die Demokratie, hoffentlich gibt es nicht zu viele Todesopfer."
Noch am Donnerstag schrieb Forchel E-Mails an frühere Kollegen in der Ukraine, zeigte seine Solidarität. Was aus den Partnerschaften nun wird, müsse man sehen. Der Physiker geht aber davon aus, dass die Hochschulen weiter zusammenarbeiten, auch in Russland – und hält dies gerade in Krisenzeiten für wichtig. Der wissenschaftliche Austausch sei eine wichtige Sprachebene, die man nicht verlieren dürfe. Das gelte für die Ukraine und für Russland. "Man sollte Regierungen niemals mit der ganzen Bevölkerung gleichsetzen."
Hochschulrektorenkonferenz verurteilt russischen Angriff scharf
Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, der frühere Würzburger Germanist Prof. Peter-André Alt, verurteilte am Donnerstag den russischen Überfall scharf: "Dies ist ein zutiefst bedrückender Tag. Unsere Solidarität gilt der gesamten ukrainischen Bevölkerung und vor allem unseren hochschulischen Partnern. Wir sind in großer Sorge um das Leben und Wohlergehen der ukrainischen Wissenschaftler:innen und Studierenden." Die deutschen Hochschulen würden ihnen im Rahmen ihrer Möglichkeiten beistehen. Konsequenzen für die deutsch-russischen Wissenschaftsbeziehungen seien zu prüfen.
Die Sorgen unserer Mitbürger ukrainischer Herkunft gehen Ihnen sichtbar sonstwo vorbei!
Was hat jetzt Ihre Beschimpfung von uns Mitbürgern, die die Sorgen der Ukrainer um Ihre Freunde und Verwandte teilen, damit zu tun, dass die aktuell von Putin und seiner Armee bedroht sind?
und plötzlich muss ich an die vielen "us-amerikanischen Aktivitäten" denken.