
Zurzeit wird in Würzburg kräftig über Namen auf Straßenschildern diskutiert – wegen Verstrickung von Namenspaten ins nationalsozialistische Regime. Hintergrund der Debatte ist der Abschlussbericht der "Straßennamenkommission", die Empfehlungen für Umbenennungen von Straßen gegeben hat.
Zu Wochenbeginn hatte dann eine anonyme Gruppe namens "NebenAn Kollektiv" einige Würzburger Straßenschilder überklebt, und zwar mit eigenen Vorschlägen für die künftige Benennung. Die Vorschlagsliste für neue Namen reichte von Maji-Maji-Allee (in Erinnerung an eine Widerstandsbewegung gegen die deutsche Kolonialherrschaft in Afrika) bis zu "Platz der Menstruation" (als "Zeichen für die Normalität der Menstruation"). Einige Straßenschilder hatte das "NebenAn Kollektiv" mit Folien überklebt, auf denen die vorgeschlagenen Namen aufgedruckt waren – eine Kunstaktion, wie es in einer Mitteilung der Gruppe hieß.
Könneke äußerte seinen Respekt für die Kunstaktion
Würzburgs Kulturreferent Achim Könneke, der auch Leiter der Straßennamenkommssion ist, hatte daraufhin am Montagabend mit einem Post in seinem Facebook-Profil die Aktion begrüßt. "Eine spontane und auf jeden Fall sehr kreative Intervention im Stadtraum zur aktuellen Würzburger Debatte zur Umbenennung von Straßen. Respekt! Gruß vom Vorsitzenden der städtischen Kommission zur Überprüfung der Würzburger Straßen", hatte Könneke über seinen Link zu einem Bericht über die Aktion geschrieben.
Die Reaktion Könnekes stieß der Würzburger CSU offenbar sauer auf. In der Stadtratssitzung am Donnerstag griff CSU-Fraktionschef Wolfgang Roth den Kulturreferenten scharf an - vor allem, weil Könneke seine Meinungsäußerung ausdrücklich als Vorsitzender der Kommission gemacht hatte. "Wir haben noch kein Votum zu Umbenennungen abgegeben. Wenn man dann als Vorsitzender der Kommission dieser anonymen Aktion Respekt zollt, ist man fehl am Platz. Dann ist man in dieser Funktion absolut ungeeignet."
Roth: Könneke-Äußerung schwächt Kommission

Roth erläuterte am Freitag gegenüber dieser Redaktion, worum es ihm mit seiner Kritik geht. "Die Aufgabe der Kommission ist sehr sensibel. Die Mitglieder der Kommission und besonders der Vorsitzende sollten sich deshalb mit solchen Äußerungen zurückhalten, zumal es dabei ja auch um Straßennamen ging, die noch gar nicht untersucht wurden."
Privatpersonen könnten solche Äußerungen machen oder Stadträte, "die sind ja parteiisch", ein Funktionsträger hingegen nicht. "Es wäre auch etwas anderes gewesen, wenn Herr Könneke diese Äußerung als Privatperson gemacht hätte", sagte Roth. So aber schwäche der Facebook-Kommentar auch die Straßennamenkommission: "Die soll ja neutral sein."
Eine weitere Kritik an Könneke in dieser Sache kam in der Sitzung nur von der AfD. Deren Ratsmitglied Ludwig Mechler fand die Klebe-Aktion "unmöglich" und monierte ebenfalls, dass sich Könneke als Funktionsträger geäußert habe.
Könneke verweist auf die Kunstfreiheit

Achim Könneke verwies dagegen zunächst auf die Kunstfreiheit. Die sei "geschützt durch den Staat und vor dem Staat", und die anonyme Aktion sei durch die Kunstfreiheit "absolut gedeckt" gewesen. Die Gruppe habe sich "mit einer künstlerischen Aktion zu einem ernsthaften politischen Thema" geäußert. "Ich denke, das ist ein interessanter und kreativer Beitrag zu der öffentlichen Diskussion, die jetzt in Würzburg beginnt", bekräftigte Könneke seine bereits auf Facebook geäußerte Position.
Die Kritik an seinem Facebook-Post wies er zurück: "Ich glaube nicht, dass es angemessen ist, im Stadtrat darüber zu diskutieren, welche Kunst der Kulturreferent gut findet oder welche nicht." Er finde die Kunstaktion "gut und gelungen und kreativ", sie sei auch keine Sachbeschädigung gewesen. "Es steht auch einem Kulturreferenten zu, dass er ein Kunstprojekt begrüßen und Respekt vor einer kreativen Leistung haben kann", sagte Könneke und fügte in Richtung Wolfgang Roth hinzu: "Aber glücklicherweise dürfen Sie das auch ganz anders sehen. Ob man da gleich mit solchen Kanonen schießen muss, ist eine andere Frage."