
Am Donnerstag wird sich der Stadtrat mit der Frage beschäftigen, ob einige Würzburger Straßen umbenannt werden oder zumindest ergänzende Hinweise erhalten. Im Gespräch sind derzeit neun Namensgeber, darunter in Würzburg so bekannte Personen wie der Maler und Galerieleiter Heiner Dikreiter oder der Mozartfest-Begründer Hermann Zilcher. Konkrete Entscheidungen zu einzelnen Straßen werden am Donnerstag aber nicht erwartet.
Eine vom Stadtrat beauftragte Kommission aus Historikern und Stadtratsmitgliedern hatte vier Jahre lang die Namensgeber Würzburger Straßen auf ihre Verstrickung ins NS-Regime untersucht und in ihrem Abschlussbericht für neun Straßen Handlungsbedarf gesehen (wir berichteten).
Geht es nach einer anonym agierenden Gruppe namens "NebenAn Kollektiv", so führt die Arbeit der Kommission allerdings nicht weit genug. "Diese wenigen Handlungsempfehlungen als Ergebnis eines fünfjährigen Prozesses sind beispielhaft für die Unentschlossenheit und Unvollständigkeit, mit der das Thema angegangen wird", heißt es in einer Pressemitteilung – wobei sich die Kritik nicht gegen die Arbeit der Kommission, sondern gegen ihr "beschränktes Mandat" richtet, das nur Personen mit Bezug zur NS-Zeit zum Inhalt hatte.
Mehrere Straßenschilder überklebt
Das "NebenAn Kollektiv", das auf eine Anfrage der Redaktion bisher nicht reagierte, will, dass ein kritischer Blick auf alle Namensgeber Würzburger Straßen gerichtet wird. In einer ersten Aktion hatte die Gruppe zu Wochenbeginn bereits die Schilder einiger Straßen und Plätze überklebt, "deren vorherige Namensgeber durch ihr Handeln antidemokratische Wertevorstellungen aufzeigten und nachweislich menschenverachtende Ideologien vertraten", wie es in der Pressemitteilung heißt. Dazu zählten unter anderem der Wittelsbacherplatz, die Juliuspromenade und der Simon-Blenk-Weg.
Der Kommunalpolitiker Blenk (1909-1977) sei so durch antisemitische Äußerungen aufgefallen und habe dem Schriftsteller Leonhard Frank "Brunnenvergiftung" vorgeworfen, so das "NebenAn Kollektiv". Anstelle Blenks schlagen die Aktivisten den Namen der 1943 in Würzburg geborenen Sintezza Rita Prigmore vor, die als kleines Kind von den Nazis für medizinische Versuche missbraucht wurde und die 2013 den Würzburger Friedenspreis erhielt.

Für die nach Julius Echter (1545-1617) benannte Promenade schlägt die Gruppe eine "Maji-Maji-Allee" vor, benannt nach einer 1905 bis 1907 existierenden Widerstandsbewegung gegen die deutsche Kolonialherrschaft in Afrika. Der Wittelsbacherplatz solle "19. Februar-Platz" heißen und damit an die Opfer des rechtsextremen Attentats von Hanau in diesem Jahr erinnern. Aus dem Kardinal-Faulhaber-Platz – er kommt auch im Kommissionsbericht vor – solle der "Platz der Menstruation" werden, um "Tabus zu brechen" und "ein Zeichen für die Normalität der Menstruation" zu setzen, wie es heißt.
Was die überklebten Straßenschilder betrifft, so sollen diese im Lauf der Woche wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt werden, so Stadt-Pressesprecher Georg Wagenbrenner. Ob die Stadt Anzeige wegen Sachbeschädigung erstattet, stehe noch nicht fest und hänge davon ab, ob die Schilder bei der Aktion beschädigt wurden.
glaube ich immer, in diesem Lande muss es viel zuviele Leute geben, die nicht wirklich was (Sinnvolles) zu tun haben und deswegen ihren Mitmenschen mit Sachen auf den Zeiger gehen (müssen), die denen gerade noch gefehlt haben.
Und für sowas wird dann am Ende tatsächlich noch Geld ausgegeben - das an anderer Stelle definitiv dringender gebraucht würde (Einstellung auf den Klimawandel, Abfederung sozialer Härten, konsequente Abarbeitung der Migrations-Thematik etc.).
Baustellen gäbe es genug - ich wünschte, die selbsternannten Aktionist/innen würden sich diesen (echten) Herausforderungen stellen statt (mühselig) welche zu (er)finden und darob unverzichtbar wichtig zu tun. Für meine Begriffe liegt so etwas irgendwo zwischen eitler Wort- bzw. Namensklauberei und gefährlichem Unsinn - auch ein noch so schöner Anstrich nützt garnix, wenn die Mauer darunter bröselt. Das Bröseln zu stoppen, das wär mal was - aber da bräuchte es halt mehr denn "korrekte" Worte...
und die aktion stellt freilich interessante fragen. frischer wind in die überkommenen namensbezeichnungen dieser stadt zu bringen finde ich gut. bei den brücken kann man immerhin wenig meckern (Friedensbrücke, Brücke der Einheit, Sebastian-Kneipp etc.), aber auch straßennamen sollten mehr anspruch haben, als "Seppl hat mal irgendetwas für die stadt geleistet". Platz der Menstruation sagt den Menschen sicherlich mehr als ein Fauler Halber und bringt sie eher ins Gespräch?
Die Ostpreußen und Königsberger Straße muss auch weg, da Sie ja Anspruch auf die Ostgebiete widerspiegeln. Den Platz der Menstruation als Postanschrift der AOK, doch das hat was.
Macht sie ausfindig (diese sog. Aktivisten) und laßt sie für diesen Tatbestand der Sachbeschädigung bezahlen. Wenn man schon anonym ist kann man sich die größten Idiodien erlauben. Hoffentlich falsch gedacht.
Kaum wird ein "Aktivist" (klingt so schön positiv) mal irgendwie aktiv, schon läuft "zufällig" ein Mainpost-Journalist vorbei und berichtet (oft wohlwollend) darüber.