Wenn Emily Kraft über ihre Ausbildung spricht, kommt sie ins Schwärmen. "Landwirtschaft ist so ein vielseitiger Beruf", sagt sie. "Es macht mir einfach Spaß anzupacken." In Arbeitshose und dunklem Pullover steht die 19-Jährige auf dem Hof ihres Vaters in Goßmannsdorf. Gerade stehen auf dem Gelände Umbau-Maßnahmen an, denn ein alter Stall soll abgerissen werden. Deshalb müssten nun neue Wasserleitungen gelegt werden, erklärt Kraft. Keine der typischen Aufgaben als angehende Landwirtin, aber etwas, das gerade eben anfällt. Und ist sie zu Hause, packt sie mit an.
Früh aufstehen, körperlich arbeiten, lange Arbeitszeiten – für Kraft ganz normal. "Ich war von klein auf dabei und wusste schon, wie es läuft", sagt sie. Die Eltern der 19-Jährigen betreiben selbst Landwirtschaft – halten mehr als 2000 Schweine und bewirtschaften etwa 180 Hektar Land. Nach dem Abitur hat Emily Kraft ebenfalls eine Ausbildung in der Landwirtschaft begonnen.
Mehr Menschen wollen in die Landwirtschaft
Damit ist sie kein Ausnahmefall. Denn deutschlandweit entscheiden sich wieder mehr junge Menschen für den Beruf. Das zeigen die Zahlen des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung. Mehr als 3980 Ausbildungverträge wurden 2021 neu abgeschlossen. Das ist ein Plus von 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Ähnliches gilt für die Region. "Wir haben einen Einbruch bei den Ausbildungszahlen erwartet, aber die entwickeln sich gut", sagt Anne Lutz, Bildungsberaterin für Landwirtschaft bei der Regierung von Unterfranken. Insgesamt 72 Menschen absolvieren aktuell im Landkreis Würzburg die in der Regel dreijährige Ausbildung zum Landwirt oder zur Landwirtin.
Doch woran liegt das? "Heute ist das Interesse junger Menschen an der Natur und der Umwelt größer als noch vor zehn Jahren", berichtet Lutz von ihren Erfahrungen. Auch für Emily Kraft ist die Arbeit an der frischen Luft ein großer Pluspunkt. Ihr eigentlicher Ausbildungsbetrieb ist ein Bio-Ackerbaubetrieb mit 6000 Legehennen. Doch es sind vor allem Schweine und Bullen, die die 19-Jährige interessieren. Deshalb absolviere sie aktuell einen kleinen Teil der praktischen Ausbildung auf einem Bullenmastbetrieb in Gaukönigshofen.
"Ich arbeite am liebsten mit Tieren", sagt sie, aber auch beim Bulldog fahren könne sie richtig abschalten. "Ein Bürojob käme für mich nicht infrage." Nach dem Ende ihrer Ausbildung wolle sie noch die Fortbildung zur Landwirtschaftsmeisterin machen. "Im Optimalfall kann ich später den Betrieb einmal übernehmen und eventuell sogar erweitern", sagt die angehende Landwirtin. Sie denke da etwa an Direktvermarktung.
Fehlende Planungssicherheit macht Probleme
Kritischere Töne kommen vor allem von ihrem Vater Christian Kraft. "Ich würde mich schon freuen, wenn sie das weitermachen würde. Aber empfehlen kann ich es momentan eigentlich niemandem", sagt er. Der 49-Jährige hat den Hof selbst von seinem Vater übernommen und blickt auf Jahrzehnte lange Erfahrung als Landwirt zurück. "Es hat mir immer Spaß gemacht", sagt Kraft, allerdings sei der Beruf mit immer größeren Herausforderungen verbunden. Neben dem Klimawandel sind es vor allem die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die dem Landwirt Kopfzerbrechen bereiten.
"Uns fehlt jede Planungssicherheit", sagt er. Immer wieder würden vonseiten der Politik die Vorgaben geändert, immer wieder würden von den Landwirten verlangt, in Vorleistung zu gehen, kritisiert Kraft. Er nennt ein Beispiel: "Für unseren Schweinestall kommen immer wieder neue EU-Auflagen. 2026 sind wir an einem Scheidepunkt, an dem wir entweder 200.000 Euro in einen Luftwäscher investieren müssen oder das war's dann." Ob sich ein Betrieb ständige Anpassungen leisten könne, sei am Ende eine finanzielle Frage, sagt der Landwirt.
Kraft empfiehlt Praktikum
Auch Wilfried Distler, Geschäftsstellenleiter des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) in Würzburg, kennt diese Probleme. Trotz des aktuell relativ positiven Trends bei den Ausbildungszahlen warnt er vor einem Nachwuchsproblem. Dabei sieht er das Problem vor allem im Hofsterben: "Die Betriebe werden weniger und damit gibt es auch weniger Nachwuchs", sagt Distler. Denn immer noch käme ein Großteil der Auszubildende aus Familien mit eigenem Hof.
Laut Bildungsberaterin Anne Lutz ist allerdings auch hier ein Wandel zu beobachten. "Etwa ein Drittel der Auszubildenden hat keinen Betrieb zu Hause", sagt sie. Dennoch konnten Lutz zufolge im Landkreis Würzburg zuletzt zehn Lehrstellen pro Jahr nicht besetzt werden. Das liege allerdings nicht am mangelnden Interesse an der Ausbildung, sondern daran, dass der Bedarf großer Betriebe gestiegen sei. Von einem Nachwuchsproblem wolle sie deshalb nicht sprechen, viel mehr zeige dies den Strukturwandel in der Landwirtschaft, sagt Lutz.
Für die Zukunft wünscht sich Emily Kraft vor allem weniger Bürokratie und praxisferne Vorgaben. Trotz all der Schwierigkeiten wolle sie ihre Ausbildung im Moment gegen keine andere tauschen, sagt sie. Allerdings wisse sie auch, dass der Beruf nicht für jeden das Richtige ist. Ihre Empfehlung: "Jeder sollte ein längeres Praktikum auf einem Hof machen oder eine Zeit lang mitarbeiten, bevor er sich dafür entscheidet."
und auch meinen Cousin, der "unseren Familienhof" weiter führt.
Bauer ist (schon beinahe) ein 7*24-Beruf, aber gedankt wird es einem nicht. (Und wenn man sonntags arbeitet, weil man sonst nicht hinkommt, mosern auch noch alle Work-Life-Balance-Apostel, man soll sie gefälligst nicht mit dem Krach und dem Gestank nerven, sonst sind sie am Montag nicht fit genug für die Fahrt zum Discounter und die Jagd nach den Billig-Lebensmittel-Angeboten...)
Vor vielen, vielen Jahren konnte man mit der richtigen unternehmerischen(!) Entscheidung tatsächlich noch Geld verdienen und sich einen stattlichen Hof hinstellen - heutzutage hängt alles ab von Vorgaben und Förderung seitens der Politik. Planungssicherheit? Forget it...
Kann man echt nur hoffen, dass ein Umdenken einsetzt und sich die Leute darauf besinnen, was wichtig ist zum Leben und was eher nicht.
Zum Thema Flexibilität: Die Landwirte sind prinzipiell nicht unflexibel, da sich die Landwirtschaft seit jeher immer neuen Rahmenbedingungen anpassen musste und das auch weiterhin tun wird. Das Problem, das viele Landwirte sehen sind eher die kurzen Zeitspannen in denen alles komplett umgekrempelt werden soll, in Verbindung mit dem Mangel an Alternativen und der Ideenlosigkeit der Politik und anderer Interessensgruppen. Zielkonflikte werden oft einfach komplett außer Acht gelassen. Bsp.: Die Politik möchte Humusaufbau/Carbonfarming, dazu müsste man keine/minimalste Bodenbearbeitung machen, was schwieriger wird je mehr PSM wegfallen. Die Folge, intensivere Bodenbearbeitung und mehr Humusabbau. Es gibt Wege auch ohne gewisse PSM Direktsaat zu machen, um das aber in die Fläche zu bringen bräuchte man zumindest die Möglichkeit der Absicherung. Folge: es wird wieder mehr zum Pflug gegriffen.
Es ist immer wieder interessant, dass die Landwirtschaft anscheinend der einzige Wirtschaftszweig ist, in dem eine Arbeitserleichterung als schlecht angesehen wird und lieber wie in den 50ern gearbeitet werden sollte.
Die kleinen Betriebe gibt es noch im Nebenerwerb oder wenn sie eine Nische gefunden haben, mit denen sie ein ordentliches Einkommen erwirtschaften können. Viele dieser Betriebe hören auf, weil die Nachfolger die Arbeit nicht mehr machen wollen oder zum Teil einfach die Auflagen nicht mehr erfüllen können. Sollen die Flächen dann lieber verbuschen?
Ich weiß nicht, wie Sie Agrarfabrik definieren. Ich kann aber nicht erkennen was an einem 300 ha Familienbetrieb schlechter ist, als an einem 30 ha Familienbetrieb. Die Betriebe die Sie meinen, finden Sie eher in Ostdeutschland.
Damit se es Jammern lernen.
Spässle g´macht.
Insbesondere sind auch hier noch die Subventionen anzuführen, die ja für die Landwirtschaft in nicht unerheblicher Höhe gezahtl werden, und die man ja ein Zeit lang im Internet einsehen konnte. Viele, die täglich auf die Arbeit gehen würden von solchen Zahlungen träumen.
Die Main Post sollte für diesen Bauernhof auch mal einen Artikel mit den Einnahmen, insbesondere den Subventionen schreiben, damit der neutrale Leser dann selbst entscheiden kann wie notleidend die Landwirtschaft ist.
Den Betrieb im Bericht würde ich zu den Gemischtbetrieben zählen. Nach dem BMEL-Bericht hatten solche Betriebe im Wirtschaftsjahr 2020/21 ein Einkommen von rund 30000 € in denen die Ausgleichszahlungen bereits enthalten sind. Auf Grund schwankender Erzeugerpreise, verhalten sich die Einkommen eben auch dementsprechend.
Es ist eben Fakt, dass es keine Planungssicherheit seitens der Politik/Einzelhandel gibt. Sie können nicht einen Tierwohlstall für mehrere Hunderttausend oder Millionen Euro bauen, der dann 10-20 Jahre Kapital bindet, wenn die Politik sich alle 2 Jahre etwas anderes überlegt und der Handel Ihnen immer nur 2-3 Jahre garantierte Tierwohlprämien zahlt, mit denen Sie kalkulieren können.
Vielleicht sollten Sie einmal hinterfragen, warum Subventionen überhaupt notwendig sind!
Der Landwirt bekommt entweder das gleiche oder weniger bezahlt, als vor 20 Jahren - die Preise für die Verbraucher steigen dagegen ständig. Zudem steigen die Kosten für den Landwirt (Energie, Futter) und die Erträge gehen zurück.
Schon der ganze Papiermist im Briefkasten, Woche für Woche, gehört verboten.
Die Verbraucher tragen am Ende die Schuld. Die lesen den Kram, regen sich über die Prospekte auf, gehen ner hin und kaufen die Angebote…..