
Landwirtinnen und Landwirte haben ein hohes Arbeitspensum und einen stressigen Alltag. Sie tragen Verantwortung für Tiere, die das ganze Jahr über versorgt werden müssen. Sie kümmern sich um Höfe, die seit Generationen im Familienbesitz sind. Doch sie erhalten statt Wertschätzung häufig von Verbraucherinnen und Verbrauchern Kritik. Dazu kommen bei vielen finanzielle oder familiäre Sorgen.
Erhebungen zufolge erkranken Landwirtinnen und Landwirte sehr viel häufiger an Angststörungen, Burnout und Depression als die Durchschnittsbevölkerung. "Die seelische Not in der Landwirtschaft nimmt seit Jahren zu", sagt auch Wolfgang Scharl, Leiter der Ländlichen Familienberatung in Würzburg. Und viele Bauern würde sehr lange warten, bis sie Rat suchen. Im Interview schildert Scharl die Probleme - und wie Betroffenen helfen kann.
Wolfgang Scharl: Eine Landwirtschaft zu führen bedeutet viel Arbeit - und zwar 365 Tage im Jahr. Oft hört sie auch an den Wochenenden und im Urlaub nicht auf. Gleichzeitig sinkt das Ansehen der Landwirtschaft in der Gesellschaft: Landwirte haben oft das Gefühl, dass sie zum Sündenbock für alles gemacht werden, ihre Arbeit wird nicht anerkannt und kaum wertgeschätzt. Was oft in den Köpfen der Bevölkerung bleibt ist, dass Landwirte Tiere quälen und die Umwelt schädigen.
Scharl: Überlastung, Hoffnungslosigkeit, Zukunftssorgen, das alles hat in den letzten Jahren zugenommen. Hinzu kommt: Die Preise für Lebensmittel werden bei uns künstlich niedrig gehalten. Wir bezahlen für einen Liter Milch oder für einen Schweinebraten sehr wenig. Niemand überlegt sich, was für ein Aufwand hinter der Produktion steckt. Auch das nagt am Selbstwertgefühl. Noch dazu plagen viele Bauern Zukunftsängste. Sie stehen vor Fragen wie: Soll ich den Stall modernisieren oder gebe ich den Betrieb auf? Soll ich die Tiere behalten? Werde ich die Landwirtschaft auch in Zukunft weiterführen können?

Scharl: Viele melden sich bei uns, wenn wichtigen Entscheidungen, die den Hof und die Familie betreffen, anstehen - zum Beispiel die Hofübergabe. Andere suchen auch Hilfe bei gesundheitlichen, wirtschaftlichen oder finanziellen Problemen. Es geht häufig um Generationskonflikte oder einfach darum, dass jemandem die Arbeit über den Kopf wächst.
Scharl: Häufig geht es in den Beratungen um Partnerschaftsprobleme, wenn zum Beispiel eine junge Frau zu der Schwiergerfamilie auf den Hof zieht, aber selbst nicht aus der Landwirtschaft kommt. Oft sind dann Probleme vorprogrammiert - und der Mann fühlt sich zwischen seiner Ursprungsfamilie und seiner neuen Familie hin- und hergerissen. Hier geht es darum, offen miteinander zu sprechen und die Empfindungen und Wünsche zu äußern, anstatt die Unzufriedenheit lange Zeit in sich hineinzufressen. Außerdem geht es in unseren Beratungen oft um das so genannte "Höfe Denken".
Scharl: Viele Betriebe gibt es bereits seit Generationen. Und so mancher Vater hat zu seinem Nachfolger zum Beispiel gesagt, die Tiere musst du aber behalten. Ob das wirtschaftlich ist oder nicht. Viele Landwirtinnen und Landwirte fühlen sich dann verpflichtet, den Hof so fortzuführen, wie ihre Vorfahren, auch wenn sich die Rahmenbedingungen völlig geändert haben. Das kann einen ungeheuren inneren Druck erzeugen. Da sind oft Ärger und Frust vorprogrammiert.
Scharl: Es ist schon ein Zeichen von Stärke, wenn Betroffene sich Hilfe holen und sich bei uns melden. Damit ist der erste wichtige Schritt getan. Jemand von außen kann helfen, anders auf Probleme zu schauen und neue Wege aufzuzeigen. Wir hören uns im einem geschützten Raum zunächst einmal alle Probleme an. In der Bratung können dann Entscheidungen mit neutralen Beraterinnen und Beratern besprochen werden. Wir unterstützen bei der Suche nach Lösungswegen und begleiten die Landwirtinnen und Landwirte bei der Umsetzung. Wir arbeiten vorrangig nach der systemischen Therapie und Beratung. Meist bleibt es nicht bei einem Gespräch, manche Klienten begleiten wir über Jahre.
Scharl: Ich rate, die Probleme wahr- und ernstzunehmen, anstatt die Augen zu verschließen und so weiterzumachen wie bisher. Dann ist es wichtig zu reden, die eigenen Wahrnehmungen anzusprechen, viel miteinander zu sprechen. Hierbei kann eine Beratung und Begleitung von außen oft eine große Hilfe sein. Die Verhaltensmuster innerhalb von Familien sind oft so eingefahren und verfestigt, dass es schwierig ist, ohne Anstöße von außen da herauszukommen und neue Wege zu erkennen. Wenn ich merke, irgendetwas stimmt nicht, mein Körper zeigt mir das oder meine Familie zeigt mir das. Oder wenn ich merke, dass ich ständig nur noch unzufrieden und lustlos bin - dann ist es höchste Zeit, darüber zu sprechen und Beratung in Anspruch zu nehmen.
Scharl: Wenn wir merken, dass es sich um eine Depression handelt, dann raten wir den Betroffenen, sich zunächst an ihren Hausarzt oder einen Facharzt zu wenden. Nicht ausgesprochene Sorgen, Ängste und psychische Nöte können erdrückend werden. Oft ist auch ein Psychotherapieplatz notwendig.
...Mit der geradezu perfiden Prügelknabenrolle können diese Schaffer aber heute kaum mehr umgehen - schlimmer geht schließlich noch immer schicksalhaft für die Sattmacher!!!
Über Generationen hinweg bis zur Industrialisierung war eben selbige Peitsche in Händen der Aristokratie, unserer kirchlichen Würdeträger, hernach abgelöst von eben jenen Entscheidern, die in einer entsprechenden Hierarchie positioniert sind. - Das hat jetzt wahrlich nichts mit Verschwörungstheorien zu tun, bei tiefsinnigerem Nachdenken erstarkt man hier zu den simplen Realitäten.
Die Bewirtschafter, die hier in unserer Region übrigens auf den Flächen ackern, halten davon betriebswirtschaftlich allenfalls um die 20% Eigentum. Genau das demonstriert ganz nebenbei die enorme Belastbarkeit dieses im eigentlichen nur noch marginalen Restvölkchens, das bereits mit einem Ziegelstein auf der Brust in die hofeigene Wiege hineingeboren wurde.