
Ein verheirateter Mann aus Main-Spessart verabredete sich im Januar mit einer Sexarbeiterin bei sich zu Hause, zahlte 350 Euro für eine halbe Stunde und wurde anschließend mehrere Tage lang erpresst. Insgesamt zahlte er 42.000 Euro an zwei Erpresser, von denen einer am Mittwoch vor dem Amtsgericht in Würzburg verurteilt wurde.
Dem Angeklagten aus Schweinfurt legte die Staatsanwaltschaft räuberische und mehrfache Erpressung zur Last. Wie der Angeklagte und das 41-jährige Opfer übereinstimmend berichteten, hatte der 36-jährige Angeklagte die Sexarbeiterin zum Geschädigten gefahren und beim Abholen die vereinbarten 350 Euro bekommen.
Wenig später fuhr der 36-Jährige zurück zum Opfer und holte erneut 500 Euro ab. Die Forderungen stellte dabei immer sein Komplize, den ein gesondertes Verfahren erwartet.
Staatsanwaltschaft geht von gemeinsamem Plan für die Erpressung aus
In derselben Nacht bekam der Angeklagte nochmals 1500 Euro vom Opfer. Am nächsten Morgen wurden weitere 6500 Euro übergeben. Weil die Forderungen auch am folgenden Tag nicht nachließen, lieh sich der Geschädigte 25.000 Euro in bar und übergab davon zunächst 23.500 Euro, dann auch noch die restlichen 1500 Euro an die zwei Männer.
Die Erpresser hatten immer noch nicht genug und fuhren mit dem Opfer zu einer Bank, wo der 41-jährige 2500 Euro abhob und den Männern gab. Der Komplize des Angeklagten ließ sich dann nochmal 6000 Euro auf sein eigenes Konto überweisen.
Erpresser schrieben sich Nachrichten wie "Diesen Bastard können wir erpressen"
Uneinigkeit herrschte vor Gericht vor allem darüber, inwiefern der Angeklagte in die Tat involviert war. Die Staatsanwaltschaft ging von Beginn an von einem gemeinsamen Tatplan aus.
Der Anwalt des Angeklagten bestritt das. Die ersten Fahrten seien lediglich "Fahrdienste für einen Bekannten" gewesen. Auch sämtliche Nachrichten wie "Wenn das Geld nicht kommt, klingelt es an deiner Tür" und Telefonate, in denen das Opfer laut Anklage mit Androhung von Gewalt erpresst wurde, kamen vom Handy des anderen Beschuldigten.
Die Polizei hatte gelöschte Chatnachrichten vom Handy des Angeklagten rekonstruiert, die ihm sein Komplize geschickt hatte. Darunter waren Nachrichten wie: "Diesen Bastard können wir erpressen" oder "Genau Bro, wir holen 40.000". Die Nachrichten, die der Angeklagte selbst versendete, konnten nicht wiederhergestellt werden.
Der Geschädigte hatte über mehrere Tage Angst um seine Familie
Der 36-jährige Angeklagte sagte, dass er diese Nachrichten erst später gelesen und erst bei der dritten Geldabholung vom Geschädigten erfahren habe, dass dieser erpresst und bedroht worden sei. Er hätte zwischendurch erfolglos versucht, seinen Komplizen von weiteren Erpressungen abzuhalten. "Ich bin in die Situation reingerutscht", sagte der Angeklagte. Auch von den insgesamt 42.000 Euro habe er nichts bekommen.
Vor Gericht entschuldigte er sich beim Opfer: "Alles, was man mit dir gemacht hat, ist unterste Schublade. Ich schäme mich sehr dafür. Es tut mir aus ganzem Herzen leid." Der Geschädigte antwortete: "Ich weiß nicht, ob ich das glauben soll."
Das Opfer empfand das Verhalten der zwei Erpresser wie die Taktik "Good Cop, Bad Cop". Der Angeklagte wollte Vertrauen zu ihm aufbauen, während sein Komplize Druck ausübte. Während der ganzen Zeit hatte er ständig Angst um seine Familie und Kinder, so der Geschädigte.
Komplize des Angeklagten wird bei einer Geldübergabe festgenommen
Erst als der Komplize des Angeklagten erneut rund 60.000 Euro forderte, ging der Geschädigte zur Polizei. Bei der geplanten Übergabe von weiteren 20.000 Euro wurde der Komplize von der Polizei geschnappt. Der Angeklagte selbst war während der Festnahme im Ausland und stellte sich nach seiner Rückkehr.
Das Gericht glaubte dem Angeklagten seine Ausführungen nicht. "Die Handyauswertung bricht Ihnen das Genick. Da müssen Antworten erfolgt sein, sonst geben die Chatnachrichten keinen Sinn", sagte der Vorsitzende Richter. Außerdem wurde der Angeklagte bereits wegen Falschaussage vor Gericht verurteilt, was seine Glaubwürdigkeit schmälere.
Trotzdem spielte der Angeklagte aus Sicht des Gerichts eher eine untergeordnete Rolle bei der Erpressung. Die treibende Kraft soll sein Komplize gewesen sein, der die Erpressung angestoßen und die Bedrohungen verschickt haben soll.
Der Angeklagte war bereits mehrfach wegen Betrug vorbestraft und stand zum Zeitpunkt der Erpressung unter Bewährung. Der Vorsitzende Richter sprach von einer "hohen Rückfallgeschwindigkeit" und verurteilte den Mann zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Außerdem muss er dem Opfer 34.000 Euro zurückzahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.