Die Forderung nach einem Verbot von käuflichem Sex hat Dorothee Bär dieser Tage viele Schlagzeilen beschert. Geht es nach der stellvertretenden Vorsitzenden der CSU und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion werden Freier, die die Dienste von Prostituierten in Anspruch nehmen, künftig bestraft. Während einige Hilfsorganisationen Zustimmung signalisieren, weisen Sabine Dittmar (SPD) und Manuela Rottmann (Grüne) die Initiative ihrer unterfränkischen CSU-Bundestagskollegin zurück.
Das Thema sei für sie nicht neu, sagt Dorothee Bär. Seit Jahren beschäftige die Abgeordnete aus Ebelsbach (Lkr. Haßberge) das "Elend", dem Prostituierte gerade in Deutschland ausgesetzt seien. Sie wolle die Aufmerksamkeit nun nutzen, "damit sich für die betroffenen Frauen endlich etwas ändert". Die große Mehrheit der CDU/CSU-Fraktion stehe hinter ihrer Initiative.
Zuletzt hat sich auch das Europaparlament für das "Nordische Modell" im Umgang mit der Prostitution ausgesprochen - wie es unter anderem in Schweden und Norwegen, aber auch in Frankreich bereits Gesetz ist. Demnach werden Käufer von Sex-Dienstleistungen bestraft oder verpflichtet, an Kursen gegen sexuelle Ausbeutung teilzunehmen. Auch einvernehmliche Prostitution ist verboten, die Frauen bleiben aber straffrei.
Dorothee Bär: "Deutschland ist der Puff Europas"
Für Bär ist das 2002 von Rot-Grün beschlossene Prostitutionsgesetz, das die sogenannte Sexarbeit entkriminalisieren sollte, "auf ganzer Linie gescheitert". Nur ein Bruchteil der Prostituierten hielten sich an die im Gesetz festgeschriebenen Meldepflichten und Gesundheitsauflagen. "Und selbst dies verhindert nicht, dass die Frauen Opfer von Gewalt, Menschenhandel, Sexismus und Rassismus sind".
Laut Statistischem Bundesamt waren Ende vergangenen Jahres 28.280 Prostituierte in Deutschland gemeldet, Bär verweist hingegen auf Expertinnen und Experten, die von einer Dunkelziffer zwischen 250.000 und 400.000 Frauen ausgehen, die hierzulande als Prostituierte arbeiten. "Deutschland ist der Puff Europas, wenn nicht sogar das Bordell der Welt."
Aussteigerinnen und Streetworker sprechen von "massivem Druck"
Zwar mag es einzelne Frauen geben, die selbstbestimmt der Prostitution nachgehen, sagt Bär. Über 90 Prozent des Geschäfts mit käuflichem Sex aber mache "unfreiwillige Armuts- und Elendsprostitution aus, die von Täuschung, Drohung, Ausbeutung und Abhängigkeit von Zuhältern geprägt ist". Dies sei ihre Erfahrung aus zahlreichen Gesprächen mit Betroffenen in einem Berliner Bordell, auf dem Straßenstrich der Hauptstadt sowie in der Gewaltschutzambulanz der Charité.
Aussteigerinnen und Streetworker hätten in Gesprächen "massiven Druck und schwere Gewalt" bestätigt, den die meist jungen Frauen, darunter viele aus Osteuropa, ausgesetzt seien. Wenn über 90 Prozent der Prostitution im Dunkelfeld stattfinde, zähle das Argument, die angemeldete Prostitution entkriminalisiere den käuflichen Sex, in ihren Augen nicht mehr.
Ein Sexkauf-Verbot werde Zwangsprostitution zwar auch nicht komplett eindämmen, sagt Bär, aber die Strafandrohung helfe, die Nachfrage zu senken. Verbrechen wie körperliche Gewalt und Menschenhandel würden weniger. Das sei eine Erfahrung aus den Ländern, in denen käuflicher Sex bereits länger verboten ist. "Es geht auch um die Menschenwürde. Frauen sind keine Ware, die man sich kaufen kann."
Aktivistinnen aus Würzburg und Bad Kissingen unterstützen die Forderung
Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Prostitution ist eher ein Thema der Großstädte. Gleichwohl wenden sich immer wieder auch in Unterfranken betroffene Frauen an Hilfsorganisationen, die sich gegen Gewalt gegen Frauen engagieren. So unterstützen die Beratungsstelle Wildwasser aus Würzburg und die Organisation Solwodi (Solidarity with Women in Distress, auf Deutsch: Solidarität mit Frauen in Not) mit einer Beratungsstelle in Bad Kissingen die Forderung von Dorothee Bär.
"Wir wollen aber nicht von einem Prostitutionsverbot, sondern von Freierbestrafung sprechen", sagt Maria Decker, die Bundesvorsitzende von Solwodi. Die Profiteure von Prostitution sollten demnach bestraft werden. "Das lässt die Nachfrage austrocknen und verhindert, dass Frauen ausgenutzt werden, die meist eine Migrationsgeschichte und schwierige Verhältnisse hinter sich haben." Solwodi unterstützt Frauen mit Migrations- oder Fluchthintergrund, die Opfer von Menschenhandel, Ausbeutung oder Gewalt geworden sind.
Auch der Verein Wildwasser spricht sich für das Nordische Modell aus. "Wir wünschen uns, dass Prostitution als Gewalt anerkannt und von der Gesellschaft geächtet wird", sagt Sozialpädagogin Janika Schmidt. Sie hofft, dass durch ein Verbot von Prostitution die Nachfrage eingedämmt wird.
Gegner fürchten, dass das Verbot die Stituatation von Prostituierten verschlechtern würde
Anders äußert sich Kassandra, eine Fachberatungsstelle für Prostituierte in Nürnberg. "Von einem Sexkaufverbot halten wir nichts", sagt Mitarbeiterin Sarah Seubert. Der Verein berät und unterstützt Menschen, die in der Sexarbeit tätig sind, mit dem Grundsatz, Prostitution als Teil der Gesellschaft zu akzeptieren. "Ein Verbot würde eine deutliche Verschlechterung für Prostituierte bedeuten." Man sehe in Schweden, dass Sexarbeit durch ein Verbot an geheime Orte verdrängt werde. "Das sind dann Orte, die nicht überwachbar und auch für uns als Beratungsstelle nicht zugänglich sind", sagt Seubert.
Grünen-Politikerin Rottmann wirft Bär "eine Luftnummer" vor
Kritik erntet Dorothee Bär für ihren Vorstoß auch seitens der politischen Mitbewerber. So wirft die Grünen-Rechtspolitikerin Manuela Rottmann aus Münnerstadt (Lkr. Bad Kissingen) ihrer CSU-Kollegin eine "Luftnummer" nach dem Motto "Was verboten ist, das gibt es auch nicht" vor. Es fehlten Ansätze für Hilfsangebote und Strafverfolgung. Der Druck werde einseitig bei "Frauen abgeladen, die sich nicht wehren können und denen man keinerlei Perspektive bietet".
Benötigt werde stattdessen ein "umfassenderer Ansatz aus Hilfe, Empathie und Perspektiven für die Opfer, konsequenter Strafverfolgung und rechtlichen Änderungen", so Rottmann. Die Bundesregierung entwickle derzeit einen "Nationalen Aktionsplan Menschenhandel". Mit einem Federstrich sei es nicht getan.
Ähnlich wie Rottmann sieht auch Gesundheitsstaatssekretärin Sabine Dittmar (SPD) aus Maßbach (Lkr. Bad Kissingen) die Problematik. Würde man Prostitution kriminalisieren, schaffe man eher Probleme als dass man sie löse. Prostituierte würden dann - "weil es einen Markt gibt" - eben illegal arbeiten. Die "gewisse Fürsorge", wie sie im Prostituiertenschutzgesetz unter anderem durch Gesundheitsberatung, getrennte sanitäre Anlagen für Sexarbeiterinnen und Freier oder ein Notrufsystem vorgesehen sind, sei dann nicht mehr zu leisten.
Dittmar verweist auf Organisationen wie Amnesty International und die WHO, die das Nordische Modell ebenfalls ablehnten und wie Deutschland auf die Entkriminalisierung von Prostitution setzten.
Allerdings ist diese Position innerhalb der SPD umstritten. Die Leitlinien, die das EU-Parlament jetzt verabschiedet hat und ein Sexkauf-Verbot favorisieren, wurden unter Federführung der bayerischen SPD-EU-Abgeordneten Maria Noichl erarbeitet.
Prostitution gabs schon immer und wird auch weiterhin gebraucht, damit Er/Sie/Es seine sexuellen Triebe abreagieren kann und damit im Gegenzug „normale“ Frauen unbehelligt bleiben. Weiterhin sollten alle Damen dieses Gewerbes nur mit staatlicher Genehmigung diesen Beruf ausüben dürfen. So könnte man eindämmen ( verhindern wird nicht möglich sein), dass Frauen aus dem Ausland oder mit Migrationshintergrund zur Ausübung der Prostitution gezwungen werden.
Aber die Erfahrung hat gezeigt, dass Bayern eine Frau Bär nicht braucht.
Diese Sichtweise ist leider nach wie vor allzu häufig, und genau deshalb werden in weiterentwickelteren Ländern eben auch die Freier zu recht bestraft.
Mann sollte sich doch allmählich dazu durchringen, Frau nicht mehr als Mittel zur Triebabfuhr zu betrachten.
Und daß Prostituierte deshalb "benötigt" werden, damit "normale" Frauen unbehelligt bleiben, das ist schon eine extrem rückständige Sichtweise.
Ich empfehle, den weithin bekannten Spruch zu beherzigen:
"wer f.....n will muß freundlich sein"!
Denn so wird niemand mehr zum Objekt zur Befriedigung degradiert.
Selbstverständlich ist jegliche sexuelle Betätigung zwischen Menschen grundsätzlich von der Freiwilligkeit und dem gegenseitigen Einverständnis abhängig zu machen.
Ich gehe trotzdem davon aus, dass es ähnlich laufen wird wie mit dem Cannabisverbot, gerade in Bayern mit angeblicher Null-Toleranz durchgesetzt, und das seit Jahrzehnten.
Der grundlegenden Logik nach dürfte also in Bayern seit Jahrzehnten kein einziger Joint geraucht worden sein.
Frau Bär hätte auch ihre Position zu Merkels Zeiten gut für dieses Thema nutzen können, da war sie ja im Verkehrsministerium an leitender Position.
Allerdings war da kaum was zu Prostitution von ihr zu hören.
Gehts am Ende gar nicht um die Abschaffung der Prostitution, sondern um Diffamierung der aktuellen Bundesregierung auf Kosten der tatsächlich überwiegend ausgebeuteten Frauen?
Es gibt aber viele, für die Beides nicht zutrifft …..🤷🏻♂️