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Würzburg/München
Streit um Neueste Geschichte an Uni Würzburg: Lehrstuhlinhaber und Präsident werden ins Ministerium zitiert
Der Vorgang schlägt hohe Wellen: Die Studierendenvertretung sieht neurechte Strömungen am Lehrstuhl, der Professor wittert eine Kampagne und kritisiert die Uni-Leitung.
Müssen wegen der heftigen Auseinandersetzung in der kommenden Woche zum Gespräch ins Münchner Wissenschaftsministerium: Uni-Präsident Paul Pauli (links) und Geschichtsprofessor Peter Hoeres.
Foto: Thomas Obermeier, Gerhard Bayer | Müssen wegen der heftigen Auseinandersetzung in der kommenden Woche zum Gespräch ins Münchner Wissenschaftsministerium: Uni-Präsident Paul Pauli (links) und Geschichtsprofessor Peter Hoeres.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 12.04.2025 02:32 Uhr

In die Auseinandersetzung um den Lehrstuhl für Neueste Geschichte an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg hat sich jetzt das bayerische Wissenschaftsministerium eingeschaltet. Wie ein Sprecher am Freitagabend gegenüber der Redaktion mitteilte, wurden Lehrstuhlinhaber Peter Hoeres und Uni-Präsident Paul Pauli für kommende Woche zu einem Gespräch auf höchster Ebene nach München gebeten.

Ziel sei, den Hochschulfrieden zu wahren und die Freiheit von Forschung und Lehre zu gewährleisten, heißt es aus dem Ministerium. Details zu dem anberaumten Krisengespräch wurden nicht genannt. 

Lehrstuhlinhaber sieht Versagen der Uni-Leitung

Wie berichtet, hatten Teile der Studierendenschaft Mitarbeitern des Lehrstuhls eine "neurechte Diskursverschiebung" und Kontakte in "offen rechtsextreme Kreise" vorgeworfen. Das Studierendenparlament forderte in einem Beschluss von Mitte März die Hochschulleitung zum Handeln auf. Hoeres und sein Mitarbeiter Benjamin Hasselhorn wiesen die Kritik zurück.

Über Social-Media-Plattformen und rechtskonservative Medien witterte Hoeres zuletzt eine angeblich "politisch motivierte" Kampagne linker Aktivisten und befeuerte damit die Debatte. Gegenüber dieser Redaktion spricht er von einer "Verflechtung mit Personen der Hochschulleitung, der Gewerkschaften und der Parteijugenden". Außerdem kritisierte er die Uni-Leitung, sie verletze ihre Fürsorgepflicht.

Die Universität selbst hat sich mittlerweile mit einer schriftlichen Erklärung zu Wort gemeldet. Sie erfolgte einige Tage nach einem Gespräch zwischen Uni-Präsident Pauli und Lehrstuhlinhaber Hoeres. In der Stellungnahme heißt es, eine in der Angelegenheit eingesetzte Taskforce habe in einer ersten Einschätzung bislang "keinerlei Anhaltspunkte für irgendein straf- oder disziplinarrechtlich relevantes Verhalten" gefunden.

Die Universitätsleitung verweist auch auf ein von aktuellen und ehemaligen studentischen Hilfskräften unterzeichnetes Schreiben, mit dem sie dem Lehrstuhl ein breites Spektrum an politischer Haltung attestieren. Andererseits, so heißt es in der Erklärung, seien auch Schreiben eingegangen, die Kritik an Inhalt und Formen der Lehre üben.

Uni-Präsident warnt vor einer Spaltung

Uni-Präsident Pauli habe eine "Taskforce aus Juristen und Kommunikatoren" eingesetzt. Er betont: "Es ist unsere Aufgabe, unseren Studierenden ein hochwertiges und ausgewogenes Lehrangebot zu machen. Dabei schützt die Universität Würzburg das hohe Gut der Freiheit von Forschung und Lehre ebenso, wie sie jede Form von Extremismus, Antisemitismus oder Diskriminierung entschieden ablehnt."

Die Angelegenheit werde mittlerweile auch in der Öffentlichkeit stark polarisiert, was der Uni-Präsident nach eigenen Worten mit Sorge verfolgt: Der inhaltliche Diskurs dürfe nicht zu einer Spaltung führen, so Pauli laut Mitteilung. Die Universität versichere ihre bestehende Fürsorgepflicht für die betroffenen Mitarbeiter.

Sowohl Universitätsleitung als auch Taskforce hätten sich eingehend mit den vom Studierendenparlament vorgebrachten Forderungen auseinandergesetzt. Man habe Stellungnahmen der Philosophischen Fakultät eingeholt und mit Studierenden gesprochen. "Darüber hinaus wurden ausführliche schriftliche Stellungnahmen der betroffenen Mitarbeitenden einbezogen."

Das Gespräch zwischen Pauli und Hoeres sei "intensiv" gewesen. Beide hätten sich darauf verständigt, bald einen ergänzenden Lehrauftrag im Fach Neueste Geschichte zu erteilen. Pauli: "Der Universität ist sehr an einer Deeskalation der Frage gelegen." Es werde geprüft, zu einer Versachlichung zeitnah externe Experten miteinzubinden. Nun müssen Pauli und Hoeres aber erst einmal nach München.

In dieser aktualisierten Version des Beitrags wurden zwei zunächst verwendete Begriffe durch die Wörter "kritisieren" und "witterte" ersetzt. Die ursprüngliche Wortwahl hätte den unbeabsichtigten Eindruck eines "Framings" erwecken können.

 
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Kommentare
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  • Thomas Diener
    Das Schlimme ist , jeder legt es nach seiner Meinung aus , fordert Konsequenzen und ist
    aber selbst nicht bereit eine andere Meinung zu respektieren oder anzuhören.
    Hauptsache man schreit und verurteilt Leute nach extrem rechts oder links . Dadurch
    erreicht man aber nur das die Mehrheit sich stillschweigend abwendet und kein
    Interesse mehr zeigt. Eine offene und ehrliche Diskussion ist leider von keiner Seite
    gewünscht unr unendliche Rechthaberei ! So kann man eine Demokratie auch unterwandern !
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  • Christiane Schmitt
    Erinnert irgendwie an die Umstände um einen Professor Bossle in den '80er Jahren. Oder die Störer der Marxisten-Leninisten, die ungestraft Seminare oder Vorlesungen in Soziologie oder Pädagogik stören konnten, dass man seine Scheine nicht machen konnte und somit Zeit verlor. Damit verbrauchte man auch sein BaföG. Aber auch Professor/innen, die angekündigte Seminare kurz vor Semesterbeginn absagten und damit die Vorbereitungen zunichte machten, trugen zu massiver Verzögerung bei. Solche extrem störenden Umstände in Lehre oder persönlichem Verhalten, die das Studium so negativ beeinflussen, sollten gestoppt werden. Die übrigen angeseheneren Profs oder Lehrenden konnten nicht alles abfangen.
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  • Manfred Englert
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de (fehlende Belege). Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Frank Stößel
    Ja, Frau Schmitt, ihre Erinnerungen an Störungen von Lothar Bossles Vorlesungen durch Studierende kann ich mich auch sehr gut erinnern. Ich konnte und wollte mein Erweiterungsstudium im Fach Soziologie deswegen nicht weiter verfolgen. Doch muss auch daran erinnert werden, dass FJS Bossle mit fatelen Hintergedanken gegen den Willen des Senats an unserer Universität installierte. Ich kannte zwei seiner Kommilitonen aus seiner Studentenzeit: Klaus Zeitler und Rudolf Scherer, beide mit Bossle SPD-und SDS-Mitglieder. Zeitler war Würzburger OB und mutierte vom Sozialdemokraten zum Mitglied von Schönhubers Partei Die Republikaner, Scherer war stv. Landrat vom Lkr. Kitzingen, blieb seiner Überzeugung als Sozialdemokrat und Freigeist treu. Anders Bossle. "Nach der Verabschiedung des Godesberger Programms ("Die SPD ist die Partei der Freiheit des Geistes" (F.Stößel) wandte er sich von SPD und SDS ab und trat in die... CDU ein. (Wikipedia) Bossle beriet Kohl und Filbinger.
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  • Frank Stößel
    Bossle unterstützte die Militärregierungen von Griechenland und Argentinien. Er war ähnlich wie Medizinhistoriker Keil aktiv in der "Würzburger Doktorfabrik". Hinweise auf Bossles Rechtslastigkeit gab es von Anfang genug, weshalb der Protest von Studierenden gegen Bossle aus damaliger wie heutiger Sicht mutig und richtig war. Die von Ihnen, Frau Schmitt, ebenfalls zu Recht kritisierten Störungen von Vorlesungen und Seminaren durch marxistisch-leninistische Studierendengruppen in anderen Studienfächern überlagerten sich teilweise mit jenen gegen den rechten Bossle. Das sah irgendwann sogar die CSU ein, deren Vorsitzenden FJS mit seinem Hass auf alle "Sozen" sie als Regierungspartei diese äußerst unapetittliche Bossle-Causa zu verdanken hatte. Insofern gilt es gerade auch heute in den Geschichts- und Gesellschaftswissenschaften aufmerksam zu bleiben, damit unser Schwur "Nie wieder" nicht zur heuchlerischen Phrase verkommt. Denk ich an Bossle, denk ich an Pinochet, denk ich an Trump.
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  • Paul Schüpfer
    Was, zum Teufel sind neurechte Strömungen? War es nicht schlimmer vor der Uni ein Protestcamp zu haben , in dem Antisemiten den Ton angeben durften? Sind das altrechte Strömungen?
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  • Hiltrud Erhard
    Der Haltung des Präsidenten kann man nur zustimmen.
    Und auch die angesprochene Ausgewogenheit muss gewährleistet sein. Dazu gehört aber auch alle extremistischen Ränder zu betrachten.
    Dazu gehört aber auch eine Selbstverpflichtung der Studentenbewegungen, dass eben diese sich weder von rechts noch von links unterwandern lassen.
    Und gerade diese Unterwanderungen und Einflussnahme führen zu Destabilisierung und Dissonanzen.
    Ein Entgegenstellen zu diesen Strömungen, rechts wie links ist nötig.
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  • Martin Heberlein
    Wenn ein "ergänzender Lehrauftrag" nötig ist, heißt das ja, dass das bisherige Angebot ziemlich einseitig ist.
    Man kann nur hoffen, dass der "ergänzende Lehrbeauftragte" die volle Rückendeckung der Uni-Leitung bekommt.
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  • Gerhard Müller
    Danke Professor Pauli für: „ Dabei schützt die Universität Würzburg das hohe Gut der Freiheit von Forschung und Lehre ebenso, wie sie jede Form von Extremismus, Antisemitismus oder Diskriminierung entschieden ablehnt."
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  • Manfred Englert
    Hallo Herr Müller, schrieben Sie eigentlich zur damaligen Uni Besetzung durch angebliche Umweltschützer auch etwas?
    Was war eigentlich die Reaktion auf diese Besetzung damals?
    War das nicht zufälligerweise der Hörsaal Ihres Parteikollegen, der dort besetzt war?
    Also, wenn das mal kein Verstoß gegen die Freiheit von Forschung und Lehre war!
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