
Gibt es am Lehrstuhl für Neueste Geschichte der Universität Würzburg neurechte Strömungen und Verbindungen? Die Wellen schlagen hoch nach einem Beschluss des Studierendenparlaments und Berichten von Main-Post und Bayerischem Rundfunk (BR). Hinweise an beide Redaktionen hatten zu gemeinsamen Recherchen geführt.
Lehrstuhlinhaber Prof. Peter Hoeres geht nun über bestimmte Medien und Social-Media-Kanäle in die Gegenoffensive, kritisiert die Studierendenvertretung massiv und sieht sich als Opfer einer "politisch motivierten Kampagne linker Aktivisten". Dagegen mahnen verschiedene Gruppierungen und Verbände eine Aufklärung an. Die Auseinandersetzung hat den Charakter eines politischen Richtungsstreits.
Auseinandersetzung als politischer Richtungsstreit?
Wie berichtet, hatte das Studierendenparlament in einem Beschluss vor einer "neurechten Diskursverschiebung" am Lehrstuhl für Neueste Geschichte gewarnt. Die Rede ist von "politischen Färbungen, Auslassungen und Haltungen, die Einfluss auf die Lehre nehmen." Die Studierendenvertretung fordert eine Erklärung der Universitätsleitung.
Im Mittelpunkt der Kritik steht neben Peter Hoeres vor allem sein Mitarbeiter Dr. Dr. Benjamin Hasselhorn. Der 38-Jährige hatte auf Anfrage von Main-Post und BR erstmals zugegeben, bis 2014 unter einem Pseudonym mehrere Beiträge in der neurechten "Sezession" veröffentlicht zu haben. Die Zeitschrift wurde bis 2024 vom "Institut für Staatspolitik" (IfS) herausgegeben, das der rechtsextreme Vordenker Götz Kubitschek und Hasselhorns früherer Schullehrer Karlheinz Weißmann gegründet hatten.
Der Verfassungsschutz stufte das IfS als rechtsextrem und verfassungsfeindlich ein. Zur Zeit seiner Mitarbeit sei die Zeitschrift noch nicht vom Verfassungsschutz beobachtet worden, sagt CSU-Mitglied Hasselhorn. Er sei nach 2014 auf Distanz zur "Sezession" gegangen, teilt der Historiker mit, der auch CDU-Sachverständiger im Hohenzollernstreit war.
Unklar bleibt, warum Historiker überhaupt unter Pseudonym und nicht immer unter ihrem Klarnamen veröffentlichen. Peter Hoeres verweist als Begründung auf die "aktuelle Schmutz- und Vernichtungskampagne" gegen ihn und seinen Mitarbeiter, er sieht einen Fall von "Cancel Culture". Er selbst, so Hoeres auf Anfrage dieser Redaktion, habe Pseudonyme nicht nötig.
Hoeres bekannt für markant konservative Haltung
Der Historiker, seit 2013 als Professor an der Uni Würzburg, scheut üblicherweise weder das offene Wort noch Provokation und macht aus seiner konservativen, katholischen sowie migrations- und genderkritischen Haltung keinen Hehl. Kund tut er sie in Beiträgen für dezidiert konservative Organe und in den sozialen Medien.
Damit wird Hoeres auch national wahrgenommen: Im vergangenen Juni schlugen ihn die Anwälte des rechtsextremen AfD-Politikers Björn Höcke als möglichen Sachverständigen im Strafprozess zur umstrittenen Aussage "Alles für Deutschland" vor. Er habe keine konkrete Anfrage von den Anwälten erhalten, "und wäre ihr auch nicht nachgegangen", sagt Hoeres. "Keine Ahnung, wer meinen Namen da gestreut hat."
In einer Replik auf die vom Studierendenparlament erhobenen Vorwürfe teilt der 53-Jährige nun ordentlich aus. Die in Würzburg erscheinende katholische "Tagespost" und das konservative Magazin "Cicero" – in beiden ist Hoeres als Autor tätig – brachten Interviews mit ihm.
Darin spricht er von einer "konzertierten, politisch motivierten Aktion ohne konkreten Auslöser" und beschuldigt namentlich studentische "Rädelsführer" aus linken Gruppierungen. Keiner von ihnen habe im Vorfeld das Gespräch mit ihm gesucht. Die Vorwürfe weist Hoeres in den Interviews entschieden zurück, sein Lehrpersonal sei politisch "sehr breit gestreut". Anders als behauptet, werde zu NS-Zeit und Holocaust ausreichend gelehrt.
Dagegen zweifelt der Professor die Legitimation des Studierendenparlaments an. Es sei bei einer Wahlbeteiligung von 16 Prozent kaum repräsentativ, die Resolution hätten linkslastige Vertreter im Alleingang verabschiedet. Man habe einen Anwalt eingeschaltet, sagte Hoeres dem "Cicero", und prüfe rechtliche Schritte. Es gehe um üble Nachrede und falsche Verdächtigungen. Hoeres sieht die Wissenschaftsfreiheit gefährdet.
Mitarbeitende des Lehrstuhls wenden sich empört an die Uni-Leitung
Unterstützung erfährt er aus seinem Lehrstuhl selbst: Vier wissenschaftliche Mitarbeiter – drei Doktoranden und ein Habilitand – haben sich mit einem Brief, der dieser Redaktion vorliegt, an die Universitätsleitung gewandt. Darin ist von einem "ungeheuerlichen und heimtückischen Vorgehen" die Rede, man fühle sich von den Studierenden hintergangen.
Es solle gezielt die "Karriere eines Nachwuchswissenschaftlers" zerstört werden. Benjamin Hasselhorn sei hochqualifiziert und bei den Studierenden "außerordentlich geschätzt". Die freiheitlich-demokratische Grundordnung habe er nie infrage gestellt. Kritik üben die vier Mitarbeiter auch an der Uni-Leitung: Sie habe bisher nicht auf Gesprächsanfragen des Lehrstuhls reagiert und "verletzt damit ihre Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern".

Auch der emeritierte Würzburger Geschichtsprofessor Rainer F. Schmidt springt seinen früheren Kollegen Hoeres und Hasselhorn bei. In einer Zuschrift an diese Redaktion bescheinigt er beiden hohe fachliche Kompetenz sowie wissenschaftliche und persönliche Integrität. Die Anschuldigungen seien haltlos und sollten nur die Reputation der beiden Wissenschaftler beschädigen. Auch ein früherer Mitarbeiter des Lehrstuhls, Mitglied der SPD, bestreitet eine rechtskonservative Verengung in der Neuesten Geschichte. Am Lehrstuhl seien unterschiedliche politische Haltungen vertreten.
Dagegen haben mehrere Gruppierungen über die sozialen Medien, begleitet von teils hitzigen Diskussionen, eine umfassende Untersuchung der Vorwürfe einer "neurechten Diskursverschiebung" verlangt und die Uni-Leitung zum Handeln aufgefordert – so die DGB-Hochschulgruppe als eine der Antragsteller im Studierendenparlament, die Grüne Jugend und die Würzburger Gruppe der Deutsch-Israelischen Gesellschaft.
Hinweise an den Unipräsidenten bereits vor vier Jahren
Aber nicht nur linke Studierende fordern Aufklärung. Bereits vor vier Jahren hatte sich Johann Hinrich Claussen, der Kulturbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), an den Würzburger Uni-Präsidenten gewandt und auf seine Auseinandersetzung mit Benjamin Hasselhorn hingewiesen. Dieser ist auch promovierter Theologe. Claussen hatte ihn in einem Beitrag für das evangelische Magazin "Zeitzeichen" mit der Neuen Rechten in Verbindung gebracht – was Hasselhorn in einem Folgebeitrag zurückwies. Laut Claussen soll er mit Anwälten und Drohungen reagiert haben.
An diesem Freitag soll nun ein klärendes Gespräch zwischen Lehrstuhlinhaber Hoeres und Unipräsident Paul Pauli stattfinden. Im Vorfeld gibt sich die Universität bedeckt. Wieweit sie den Hinweisen vor vier Jahren nachgegangen sei? Keine Antwort. Mittlerweile, so Uni-Sprecherin Esther Knemeyer auf Anfrage von Main-Post und BR, habe die Uni-Leitung "zur zügigen Aufarbeitung und Prüfung des Sachverhalts eine Task Force eingerichtet". Aktuell könne man keine weiteren Auskünfte geben.
Ich hoffe, alle, die sich hier so kenntnisreich zur Studierendenvertretung äußern, haben sich die Mühe gemacht, die originalen Texte zu lesen.
Übrigens ist der RCDS auch hochrangig vertreten.
Dies für alle von Grün, Volt usw. Traumatisierten zur Beruhigung und Tröstung.
Einem späteren bayerischen "Spitzenjuristen" z.B., der in der Vergangenheit das Klima in der Justiz mit prägte, hielt selbst diesen RCDS für "links":
...."Damals gründete er – unter Beifall des damaligen Parteichefs Franz Josef Strauß – die Hochschulunion (HSU), weil ihm der Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) zu lasch und linkslastig agierte. Lückemann etablierte die HSU, wurde ihr Vorsitzender. Später begeisterte er auch die Junge Union Würzburgs für seine „offensive Politik“. Diese Zeitung berichtete, wie er sich und seine Bataillone sah: als „kleine, harte CSU-Kämpfer“.
Quelle: Mainpost, 17.04.2009
Da muss man sich kaum wundern, wie hier mit rechten Umtrieben umgegangen wird....
Ist damit jetzt schon rechts? Bei dem Unterton muss man sich als Konservativer über nichts mehr wundern.
Wenn diese Linken,Grünen,Volt Studenten in 10 Jahren tatsächlich mal einen Job suchen sollten, müßte man auch nachforschen was sie in ihrer Studentenzeit so alles getrieben haben.
Vermutlich würde man sich eine Anzeige wegen Verstoß gegen Persönlichkeitsrechte einhandeln.
Schaut man sich auf der Webseite der Uni, Studentenparlament, 40 Mitglieder!, mal an, wieviele Menschen dort als „campusLINKE“ verzeichnet sind, so sind in dieser Liste 3 (drei von vierzig) Namen zu finden, die laut Klammerzusatz sich auf diese Gruppierungen verteilen: „campusLINKE, Jusos, DGB“.
Wovor hat @Spitznagel Angst?
Ich verstehe an solchen Stellen Journalisten nicht. Danke, dass ihr mir sagt, was der Betroffene dazu sagt, aber wie sind die Fakten? Ab wann wurde das IfS denn jetzt als rechtsextrem und verfassungsfeindlich eingestuft? Gab es danach noch Artikel, die sich auf Herr Hasselhorn mit jetzigem Wissen zurückführen lassen?
Ich lese eure Zeitung doch damit ihr recherchiert und nicht damit ich die Meinung von Herr Hasselhorn erfahre!
Das Studierendenparlament, bestehend aus Linken, Grünen und Volt.
Was da rauskommt dürfte klar sein .
werden mußten.
„Seit Anfang der 1970er Jahre unterstützte Bossle Franz Josef Strauß, der ihm 1977 zu seinem Lehrstuhl an der Universität Würzburg verhalf. Auf Betreiben von Strauß wurde Bossle vom damaligen Kultusminister Hans Maier unter 55 Mitbewerbern ausgewählt und gegen die Voten des akademischen Senats, des Berufungsausschusses und des Fachbereichsrats auf den Lehrstuhl für Soziologie eingesetzt, was massive Proteste bei den Studenten hervorrief. Im Jahr 1977 erschien in Würzburg seine Soziologie des Radikalismus.„
wenn man sich mal die (Mehrheits-)Verhältnisse in Sachen Hochschul-Verwaltung zu Gemüte führt, stellt man - so man nicht beschließt auf dem Auge blind zu sein - sehr schnell fest, dass die Studierenden-Vertretung eigentlich GARNIX zu melden hat (und zwar so ziemlich völlig egal wie hoch die Wahlbeteiligung war).
Blöd ist es dann natürlich, wenn eine derartige pressewirksame Kampagne lanciert wird. Da versucht man schon sein Möglichstes, um zu verhindern, dass die (nichtsnutzigen) Studis sich in den (gottgegebenen) Lauf der Dinge einmischen (können), und dann sowas...
Aus der zugrundeliegenden Diskussion als solcher möchte ich mich aber raushalten, denn die Freiheit der Forschung (und die "ungeschminkte" Veröffentlichung der Ergebnisse) ist mMn ein wirklich hohes Gut, und ich mag aus dem Stand nicht beurteilen, wer da bis wohin "Recht hat"!
An Unis mit einer Dominanz der Soziologie und Genderforschung ist diese schon abhandengekommen.
Offensichtlich hält er nicht die Tätigkeit von Bossle für skandalös, sondern die Tatsache, dass er von Polizeikräften beschützt werden musste.
Danke für diese Klärung Herr Englert!
Und zum Glück entscheidet weiterhin unser Wahlgesetz, dass allein die Einträge im Wählerverzeichnis ausschlaggebend sind und nicht etwa die Dauer des Aufenthaltes.
Ich liebe den bayerischen MP (CSU) für seine absolut „neutralen politischen“ Ansichten!!! Er ist uns ein Vorbild für das, was Sie wahrscheinlich meinten?