Alles in der Reichswaldhalle im mittelfränkischen Feucht erinnerte an eine Prunksitzung. Das Präsidium des Fastnacht-Verband Franken (FVF) wirkte wie ein Elferrat auf der Bühne, das Publikum aß gut gelaunt Leberkäse und Kartoffelsalat. Es wurde viel gescherzt. Doch die Narren in Zivil trafen sich an diesem sonnigen Herbsttag nicht aus Spaß, sondern zur Hauptversammlung mit Tätigkeits- und Finanzbericht – und am Ende läuteten sie auch eine neue Ära ein.
Der neue Mann heißt Marco Anderlik
Nach 15 Jahren an der Spitze des Verbandes kandidierte Bernhard Schlereth nicht mehr für das Präsidentenamt. Der 66-Jährige aus Veitshöchheim (Lkr. Würzburg) ist kein Pattex-Funktionär, der an seinem Stuhl klebt „wie mancher in der Politik“. Der Seitenhieb von SPD-Kreisrat Schlereth galt durchaus auch eigenen Parteigenossen in der Region. Er habe die Weichen gestellt, und wenn ein Jüngerer bereit sei, die Verantwortung in diesem Ehrenamt zu übernehmen, „sei es ein guter Zeitpunkt, den Weg freizumachen“.
Der Jüngere heißt Marco Anderlik. Der 55-jährige aus dem oberfränkischen Weidach bei Coburg wurde mit überwältigender Mehrheit der rund 270 Delegierten zum neuen Präsidenten gewählt. „Dieses klare Votum freut mich und macht mich stolz“, so Anderlik, „das ist ein deutlicher Auftrag und ich bin mir der Verantwortung bewusst“, so der verheiratete Vater einer Tochter, der seit 2001 in verschiedenen Ämtern des Verbandes mitarbeitet. „Heute geht es aber nicht um mich, es ist der Tag des Bernhard Schlereth“.
Laudatio von Büttenredner Peter Kuhn
Zahlreiche Redner wie Volker Wagner, Präsident des Bund Deutscher Karneval (BDK), würdigten die Leistung von Schlereth, der von der Versammlung zum Ehrenpräsidenten ernannt wurde. Die Laudatio hielt Büttenredner Peter Kuhn von der Schwarzen Elf in Schweinfurt. Anschließend wurden Landtagspräsidentin Barbara Stamm und der langjährige FVF-Jugendleiter Roland Wagner zu Ehrenmitgliedern ernannt.
„Der Bernhard ist für mich unser Käpt'n Blaubär des Faschings“, sagt auf Anfrage Ines Procter, die „närrische Putzfraa“. „Er wirkt nach außen etwas brummig, aber dahinter versteckt sich ein guter Humor. Er hat das Steuerrad fest in der Hand gehalten, ist zuverlässig und hat immer ein offenes Ohr für die Künstler. Er fehlt mir schon jetzt.“ Jonas Paul aus Schweinfurt ist ein Vertreter der jungen Garde in der Fastnacht: „Der Bernhard hat einen Blick für Talente und hatte immer einen guten Tipp parat“, sagt Paul. „Er reißt eine Lücke.“ Für Bauchredner Sebastian Reich war Schlereth eine „tragende Säule im Verband“. Dass er als Verantwortlicher von Seiten des FVF für Fernsehsendungen in Zusammenarbeit mit dem BR erhalten bleibt, „ist gut und wichtig“.
Vertrag mit BR wird um fünf Jahre verlängert
Auch wenn es immer mal unterschiedliche Meinungen mit dem Sender gegeben habe, wird der Vertrag mit dem BR für das Flaggschiff „Fastnacht in Franken“ und die anderen Sendungen um fünf Jahre verlängert, so Schlereth. Der Vertrag soll am 9. November unterschrieben werden. Auch als BDK-Vizepräsident wird der Veitshöchheimer noch eine Amtsperiode weitermachen, um auch da den Weg zu ebnen für Marco Anderlik.
Sein Antrieb sei es gewesen, „die Fastnacht mit der Förderung von Brauchtum und ihrer Vielfalt vom landläufigen Image der trinkenden Gaudiburschen zu lösen“, so Schlereth. Er fühlt sich da auf einem guten Weg. In seiner Amtszeit wurde die Jugend gefördert, das Deutsche Fastnachtsmuseum in Kitzingen neu und modern aufgebaut und die Fastnachtsakademie auf den Weg gebracht: Sie wird noch in diesem Herbst fertig und soll nach der Session im Frühjahr 2019 offiziell eröffnet werden. In den 15 Jahren seiner Amtszeit hat der Verband rund zwölf Millionen Euro investiert, die Zahl der Mitgliedsvereine wuchs von etwas über 200 auf 331 an. Im karnevalistischen Tanzsport gingen von den 117 Podestplätzen bei bundesweiten Turnieren in den vergangenen drei Jahren 55 nach Franken.
Weihnachtskonzert mit den Mainzer Hofsängern
„Ich gehe mit einem guten Gefühl“, sagt Bernhard Schlereth und dankte seiner Frau Christl für die Unterstützung. Später gab es für den scheidenden Präsidenten noch eine mächtige Narrentorte als Geschenk – und dann war es vorbei.
Am nächsten Morgen traf sich der neue Präsident Marco Anderlik mit seinem Präsidium zur konstituierenden Sitzung. „Es gibt viel zu tun“, sagte der Oberfranke. „Wir müssen jetzt Strukturen dafür schaffen, dass die Akademie auch ausgelastet wird.“ Und dann beginnt in wenigen Wochen die Session, sie ist eine Jubiläumssession. Der FVF wird 66 Jahre alt. Auftakt der Feierlichkeiten wird am 16. Dezember in den Mainfrankensälen in Veitshöchheim ein Weihnachtskonzert der Mainzer Hofsänger sein.