Bereits seit 1966 gibt es die Städtepartnerschaft zwischen Würzburg und Mwanza in Tansania, doch reicht die deutsch-tansanische Geschichte weiter zurück: Von 1885 bis 1918 war das heutige tansanische Festland ein Teil der Kolonie Deutsch-Ostafrika. Spuren dieser Geschichte finden sich auch heute noch in Mwanza. Besonders sichtbar, weil auf einem Hügel gelegen: das "Gunzert House", die ehemalige Residenz des deutschen Kolonialbeamten Theodor Gunzert.
Gunzert starb 1964 im Alter von 90 Jahren in Heidelberg, wo sich der Verein "schwarzweiß e.V." auch mit Gunzerts Zeit als Bezirksamtmann in Mwanza (1907–1916) beschäftigt hat und aus dessen Memoiren zitiert: "Im Jahre 1912 wurde im Herzen der Stadt auf dem ‚Kalbhügel‘ schließlich ein schönes Haus für mich erbaut. Es hatte vier Zimmer, eine Küche und eine große Terrasse mit einem wundervollen Blick über den See."
Ehemaliges Konialhaus könnte Begegnungszentrum werden
Die deutschen Kolonialherren sind mit dem Ende des Ersten Weltkriegs aus Tansania verschwunden, Gunzerts Villa ist heute verfallen. Das Haus mit der schönen Aussicht auf die Stadt und den Viktoriasee könnte indes eine neue Bedeutung bekommen: als ein Zentrum, das einerseits die koloniale Vergangenheit aufarbeitet, andererseits aber auch als Begegnungsstätte zur Vertiefung der Städtepartnerschaft dient.
Die Villa, für die zurzeit Pläne der Restaurierung und der späteren touristischen Nutzung entwickelt werden, war deshalb in der vergangenen Woche auch eine Station beim Arbeitsbesuch von OB Christian Schuchardt in Mwanza. "Ich könnte mir vorstellen, dass aus dem Gunzert-Haus vielleicht so etwas Ähnliches wird wie das Würzburg-Haus in Otsu", so Schuchardt gegenüber dieser Redaktion. Im japanischen Otsu steht seit 1998 ein fränkisches Fachwerkhaus, das als Gasthaus genutzt wird. Für die bauliche Sicherung des Gunzert-Hauses hat das Auswärtige Amt bereits Gelder zur Verfügung gestellt, die Arbeiten könnten laut Schuchardt in diesem Jahr beginnen. Die Stadt Würzburg würde sich dann an der inneren Ausgestaltung des Hauses beteiligen.
Projekte gegen Tropenkrankheit waren ein Schwerpunkt beim Besuch des OB
Eine komplette Woche war Schuchardt in Mwanza. Hauptschwerpunkt waren Projekte zur Bekämpfung der Schistosomiasis, eine durch Larven von Saugwürmern verursachte Wurmerkrankung. Die Region um Mwanza am Viktoriasee ist besonders betroffen. Es fehlt an sauberem Wasser und an Sanitäranlagen.
Bereits 2016, zum 50-jährigen Jubiläum der Städtepartnerschaft zwischen Würzburg und Mwanza, hatten die Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW) und das Missionsärztliche Institut (MI) die Initiative "Würzburg hilft Mwanza" ins Leben gerufen. Gemeinsam mit Partnern vor Ort sorgen DAHW und MI mithilfe von Spenden für Gesundheitsaufklärung und eine Verbesserung der Medikamentenversorgung, Schirmherr ist OB Schuchardt. 2018 startete dann ein "Leuchtturmprojekt", das zum Ziel hat, auf der im Viktoriasee gelegenen Insel Ijinga die Schistosomiasis-Krankheit auszurotten.
"Das Ziel ist vor allem, den jetzigen Kreislauf zu durchbrechen", so Schuchardt, der in Mwanza von DAHW-Geschäftsführer Burkard Kömm begleitet wurde. Beim Wasserholen aus dem See setzen sich die Menschen bereits dem Infektionsrisiko aus. Weil Fäkalien und Abwässer ebenfalls im See landen, schließt sich der Kreis. Hier setzt das Projekt an. In einem ersten Schritt soll nun zunächst ein Hochbehälter entstehen, der das Wasser aus dem See reinigt und so die rund 2000 Bewohner der Insel mit sauberem Wasser versorgt. In einem zweiten Schritt ist der Bau von Sanitäranlagen geplant.
Spendengelder fließen in mehrere Brunnenbauprojekte
Um sauberes Wasser ging es auch an anderer Stelle während Schuchardts Besuch. In den Brunnenbau in einem Stadtviertel in Mwanza und an zwei Schulen sollen jetzt Hilfsgelder aus Würzburg fließen, die aus dem Spendenerlös des Benefizkonzerts stammen, das Schuchardt im Februar anlässlich seines 50. Geburtstags veranstaltet hatte. Damals waren 55 000 Euro zusammengekommen. Wie nötig die Unterstützung ist, davon konnte sich Schuchardt vor Ort überzeugen: Die Wasserleitungen an den Schulen sind tot, nach wie vor holen die Schüler ihr Wasser aus dem See. Jetzt soll mit dem Brunnenbau die Infektionskette unterbrochen werden.
Für DAHW-Geschäftsführer Burkard Kömm sind die Würzburger Projekte in Mwanza der Beweis für die Wirksamkeit auch kleinerer Spenden: "Wir haben festgestellt, dass man auch mit wenig Geld viel bewirken kann", so Kömm. Schuchardt hofft, dass die Unterstützung für Mwanza und der Kampf gegen Schistosomiasis jetzt erst richtig Fahrt aufnimmt. Der OB setzt dabei neben zivilgesellschaftlichem Engagement auch auf die Unterstützung durch die Politik. Ein erstes Zeichen setzte eine Bundestagsdelegation. Mitglieder des Parlamentarischen Beirats gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten, darunter der Würzburger FDP-Abgeordnete Andrew Ullmann, verschafften sich just zum Zeitpunkt des Schuchardt-Besuchs ein Bild von der Lage vor Ort.