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Würzburg
Soldat mit Depressionen wegen unerlaubter Abwesenheit in Würzburg vor Gericht: "Habe Meldekette immer eingehalten"
Prozess am Amtsgericht in Würzburg gegen einen jungen Soldaten aus Veitshöchheim: Was die Meldekette der Bundeswehr und die Verwechslung eines Kompaniefeldwebels damit zu tun hat.
Er leidet unter Depressionen und versteht nicht, warum er vor Gericht steht: Einem 23-jährigen Soldaten aus Veitshöchheim wird in Würzburg der Prozess gemacht.
Foto: Thomas Obermeier | Er leidet unter Depressionen und versteht nicht, warum er vor Gericht steht: Einem 23-jährigen Soldaten aus Veitshöchheim wird in Würzburg der Prozess gemacht.
Aaron Niemeyer
 |  aktualisiert: 25.02.2024 03:32 Uhr

Ein wenig unbedarft wirkt der junge Mann mit dem blonden Pferdeschwanz, als er am Mittwoch seine Personalien bestätigt. Bei seiner Mutter wohne er, sagt er und fragt, ob er denn zur Verhandlung eigentlich einen Anwalt mitbringen dürfte. Darf er natürlich, denn der Soldat muss sich am Amtsgericht Würzburg wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Wehrstrafgesetz verantworten.

Louis P. (Name geändert) ist Oberstabsgefreiter des Fernmeldebattalions der Bundeswehr in Veitshöchheim. Vor Gericht muss er sich verantworten, weil er in fünf Fällen unentschuldigt seinem Dienst ferngeblieben sein soll. "Fahrlässige eigenmächtige Abwesenheit" wirft die Anklage ihm vor.

So ist die Meldekette bei der Bundeswehr in Veitshöchheim im Krankheitsfall

Es ist ein ungewöhnliches Verfahren. Das lässt sich an den teils fragenden Blicken ablesen, die Staatsanwältin und Richterin Lena Pohle austauschen. Doch so richtig macht sich die Ratlosigkeit im Gerichtsaal breit, als der Angeklagte mit einer Einlassung beginnt. Der 23-Jährige kann das Verfahren gegen ihn nämlich so gar nicht nachvollziehen. Er leide nachweisbar unter Depressionen und habe im vergangenen Jahr einige Zeit im psychiatrischen Krankenhaus in Lohr verbracht, sagt er. Dies wisse die Bundeswehr und er könne nachweisen, dass er sich um Krankschreibungen bemüht habe.

"Ich habe meine Meldekette immer eingehalten", sagt der Angeklagte. Die sehe vor, dass Soldatinnen und Soldaten sich im Krankheitsfall bei ihrem "Herrn Spieß" (umgangssprachlich für Kompaniefeldwebel) und dann im Sanitätsbereich melden. Ein Arzt oder eine Ärztin sei dann nach einem Termin für die Krankschreibung zuständig. In Ausnahmefällen, wie bei ihm, sei so etwas auch per Telefon möglich. In den vorliegenden Fällen sei ihm von der behandelnden Ärztin am Telefon eine Krankschreibung zugesagt worden. Warum dies nicht erfolgt sei, könne er sich nicht erklären.

Darum wurde der "Herr Spieß" am Amtsgericht Würzburg verwechselt

Krankschreibung per Telefon sei ungewöhnlich, aber schon vorgekommen, sagte eine als Zeugin geladene Zuständige der Bundeswehr. Zum konkreten Fall konnte sie aufgrund des Arztgeheimnisses keine Angaben machen. Ein als Hauptbelastungszeuge geladener Vorgesetzter des Soldaten sagte: "Ich belehre jeden Soldaten mehrfach, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt." Entweder man erscheine um 6.45 Uhr zum Dienst, oder man könne eine Entschuldigung vorweisen. Der Angeklagte habe mehrfach keine Entschuldigung gehabt. Nach wenigen Minuten wurde der Zeuge wieder entlassen.

Doch warum wird der Fall eines depressiven Soldaten nun vor Gericht verhandelt? Die Frage ließ sich nicht mehr klären, denn wie sich herausstellte, handelte es sich beim gerade entlassenen Zeugen um den "Herrn Spieß". Mit echtem Nachnamen heißt der natürlich anders, doch als der Richterin und der Staatsanwältin das auffiel, war der Zeuge schon wieder weg. 

Auch die Frage der fehlenden Krankschreibung ließ sich nicht mehr klären, denn die zuständige Ärztin befindet sich im Mutterschutz. Der Prozess wird am 6. März um 9.30 Uhr fortgesetzt, der Angeklagte will dann auch einen Verteidiger mitbringen.

 
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  • Edgar König
    Egal wie, dieser Soldat hat entweder schon lange keinen Bock mehr, oder kann tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr bei der BW dienen.
    Mir persönlich unverständlich, weshalb man den jungen Mann nicht schlicht und einfach aus dem Truppendienst entlässt.
    Liegt wahrscheinlich daran, dass unser Militär im Gegensatz zu den Nordamerikanern und vielen anderen Militärs keine Soldaten "unehrenhaft" entlassen kann.

    gez. R. König
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  • Klaus Fiederling
    Werter Herr König, bei "unehrenhaft" muß schon etwas größeres vorfallen, wie krank sein. Bei uns damals hat jm.
    mal an die Fahne gep..., der war sofort unehrenhaft entlassen.
    Wie lange ist z. Z. eigentlich die Wehrpflicht?Bei mir waren es
    15 Monate. Möchte die Zeit bei der BW nicht missen.
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  • Jürgen Gittel
    Die Wehrpflicht hat damals Herr Guttenberg ausgesetzt. Faktisch könnte die wieder kommen, da sie nicht abgeschafft ist. Derzeit geht nur freiwilliger Wehrdienst oder eben Soldat auf Zeit.
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  • Martin Deeg
    ....."entweder schon lange keinen Bock mehr, oder kann tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr bei der BW dienen."...

    Interessante Ferndiagnose. Wer sagt Ihnen denn, dass der Mann nicht Opfer von Mobbing - bspw. durch Vorgesetzte mit rückständigem Hierarchiedenken - wurde, worauf der Bericht durchaus auch Hinweise liefert?

    Meines Wissens gibt es auch bei der Bundeswehr eine Fürsorgepflicht, Beschäftigte sind nicht nur einfach zum "Dienen" da und können nicht nach Gutdünken mal eben entsorgt werden sobald bspw. die Haarlänge o.ä. Missfallen erregt...
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  • Klaus Fiederling
    ich finde es auch schon amüsant, mit was sich die Richter bei uns heutzutage herumschlagen müssen. Wenn doch der junge Mann sich hat krankschreiben lassen, und da spricht nun zuerst mal die Unschuldsklausel, warum muß man das groß vor einem Gericht ausschlachten? Falls es seinen Vorgesezten nicht gefallen oder genügt hätte, hätte er ja dem jungen Soldaten ein paar Tage Arrest geben können und gut wär es gewesen. Was mir aber z. Z. bei der Bundeswehr auffällt, wie im Bericht sichtbar: müssen die Männer bei der BW keine kurzen Haare mehr tragen? Bei uns damals war das noch so, wehe, wenn die Haare am Kragen des Hemdes aufgelegen haben, war der Hauptfehl stinke sauer und der Friseur musste sofort aufgesucht werden. Ist aber schon eine Weile her. Versteh ich nicht: lange Haare erlaubt - aber wegen Fehlens bei Krankheit gleich so einen Zoff zu machen!
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  • Martin Deeg
    Da haben die örtlichen "Strafverfolger" ja mal wieder einen richtig dicken Fisch geschnappt...

    Macht sich bei dieser seltsamen Justiz eigentlich irgend einer der Verantwortlichen und Entscheidungsträger mal Gedanken über die ZUKUNFT von Betroffenen und "Angeklagten", die man hier so dreist unbedarft mal eben vor Gericht und in die Medien zerrt?

    Eventuell sollten Richter/-in und Staatsanwälte sich mal VORHER austauschen, was eigentlich Sache ist und der Presse nicht ständig neue Beweise für die eigene Orientierungslosigkeit und völlige GLEICHGÜLTIGKEIT gegenüber den Belangen Rechtsuchenden zu liefern.

    Wieso wurde dieses Verfahren nicht sofort eingestellt ?
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