
Das Würzburger Institut für Anatomie und Zellbiologie, eine Einrichtung der Universität, ist im fränkischen „Tatort“ Schauplatz für viele Szenen. Wir haben beim Institutsleiter Professor Dr. Süleyman Ergün nachgefragt, wie authentisch der Film die Arbeit des Instituts darstellt und was sich noch in dem historischen Gebäude in der Koellikerstraße 6 abspielt, wenn dort nicht gerade ein „Tatort“ gedreht wird.
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Im Jahr 2012 sorgte die Anatomie der Universität Köln für einen Skandal. Damals wurde bekannt, dass Dutzende Leichen oder Leichenteile zu spät oder gar nicht bestattet worden sind. Juristische Folgen hatte das Ganze nicht, doch war der öffentliche Druck groß. Ein ehemaliger Institutsleiter nahm sich wegen des Skandals gar das Leben.
Der Leiter der Anatomie Würzburg, Süleyman Ergün, sagt: „In Würzburg werden die Körper nach Abschluss des anatomischen Präparierkurses für Studierende der Human- und Zahnmedizin zusammen mit den präparierten Körperteilen als Ganzes beigesetzt, weshalb so etwas wie in Köln hier nicht passieren kann.“
Wie viele Körperspenden erhält die Anatomie Würzburg pro Jahr?
„Pro Jahr brauchen wir etwa 40 bis 45 Körperspenden“, sagt Ergün. Der Bedarf werde durch ausreichend viele Spender gedeckt, ohne dass man aktiv für Körperspenden werbe. „Eingesetzt werden die Körper beispielsweise in Präparierkursen für Studenten der Human- und Zahnmedizin oder in klinisch-anatomischen Kursen, in denen Ärzte unter realistischen Bedingungen chirurgische Eingriffe üben“, so Ergün. Das sei nur mit echten Körpern möglich. „Mir ist kein Modell bekannt, das Gewebe, Organe und die feinen Strukturen der Leitungsbahnen wie Nerven in seiner ganzen Komplexität abbilden könnte“, so der Professor.
Grundsätzlich kann jeder seinen Körper nach dem Tod zur Verfügung stellen. Professor Ergün sagt, dass es jedoch auch Einschränkungen gebe. So nehme die Anatomie nur Spender ab einem Alter von über 55 Jahren an, außerdem dürften keine großen operativen Eingriffe zu Lebzeiten vorgenommen worden sein und der Körperspender nicht übermäßig fettleibig sein. Einige Präparate würden bis zu vier Jahre aufgehoben. Anschließend werden die Körper von der Universität in Anwesenheit hunderter Studierender und Angehöriger der Körperspender beigesetzt. In Würzburg kostet dies den Vermächtnisgeber 350 Euro, in München sind es 1150 Euro. Alle Körperspender würden ihren Leichnam aus Gründen der Ausbildung und Forschung bereitstellen, einige wenige auch um der Familie nach dem Tod nicht weiter zur Last zu fallen, sagt Ergün.
„Dass Doktoranden im Institut über Nacht durcharbeiten, ist tatsächlich nicht auszuschließen“, sagt Professor Ergün. Heutzutage hätten Doktoranden zwar mehr Laborexperimente und wären weniger direkt am menschlichen Körper tätig. Aber für längere Analysen könne es schon vorkommen, dass mal eine Nacht durchgearbeitet werde. „Die Szene im Film ist stark zugespitzt, aber nicht gänzlich unglaubwürdig“, meint Ergün.
„Acht Skelette haben wir im Schrank“, so der Institutsleiter. Eine Mazerationsanlage zur Gewinnung von Skeletten gebe es seit längerer Zeit nicht mehr in der Anatomie Würzburg. Auch in den meisten anderen Universitäten werde nicht mehr mazeriert. Heutzutage konzentriert sich die Forschung in den meisten anatomischen Instituten, so auch in Würzburg, auf mikroskopische, molekularbiologische und ultrastrukturelle Analyse von Zellen und Geweben. Für bestimmte Vorlesungen gibt es jedoch Knochensammlungen, damit die Studenten die Knochen von allen Seiten betrachten können.
„Nein, das Herz war ein Modell“, sagt Süleyman Ergün. Der Professor hatte vor dem Filmdreh darauf geachtet, dass dieses realistisch aussah. „Die Oberfläche des Herzens ist spiegelglatt. Ich habe so ein Modell auch in der Hand gehabt, um die Konsistenz und Oberfläche zu prüfen.“ Die Dreharbeiten fanden in den Räumen statt, in denen tatsächlich die Präparationen durchgeführt werden. „Wir haben aber viel Wert darauf gelegt, dass die Anonymität der Körperspender bewahrt wurde“, erklärt Institutsleiter Ergün. Echte Leichen sind im Film also nicht zu sehen.

„Hat der Verstorbene einen Körperspenderausweis, werden wir informiert. Institutsmitarbeiter fahren dann mit unserem Leichenwagen zum Verstorbenen, prüfen den Körper auf Eignung und bringen ihn in unsere Räume, wo sofort konservierende Maßnahmen eingeleitet werden“, sagt Ergün. Das müsse recht schnell gehen, denn sonst schreite die Verwesung rasch voran.
„Die Konservierungsflüssigkeiten und das Gewebe riechen schon etwas. Wenn Studenten das erste Mal in den Präparationskurs kommen, sind diese zunächst etwas verunsichert – auch weil viele zum ersten Mal eine Leiche sehen“, sagt Ergün. Relativ schnell, nach zwei bis drei Tagen, hätten sich die Medizinstudenten jedoch daran gewöhnt. Der Kurs sei unter diesen sehr beliebt, da er nach viel Theorie das erste Mal den direkten Kontakt mit dem menschlichen Körper ermögliche. „Durch die Präparation erfahren die Studenten, was für ein Wunderwerk der Mensch in seiner Gesamtheit ist“, so der Institutsleiter. Viele seien von der Komplexität fasziniert.
„Vermutlich verändert der Umgang mit Leichen die Einstellung zum Tod“, sagt Ergün. Man werde ständig damit konfrontiert, wie vergänglich das Geschenk Leben ist. „Das normalisiert den Tod ein Stück weit und hilft zu verstehen, ihn nicht als Bedrohung, sondern als Teil des Lebens zu sehen“, so der Professor.
Aber am meisten stört mich immer der zu dick aufgetragene fränkische Dialekt. Diesmal war es vor allem eine Szene, in der man im Hintergrund einen Radiomoderator hört - ebenfalls fränkisch redend!
Hat schonmal jemand irgendeinen(!) Radiomoderator in irgendeinem Dialekt reden hören?? Also, ich nicht!
In der Regel sind TV- und Radio-Sprecher dazu ausgebildet perfekt Hochdeutsch zu reden - auch in Franken.
"Mazeriert sehen Sie mit Sicherheit besser aus", das hat schon ein Geschmäckle ...
;-)