Der öffentliche Personennahverkehr hat in Würzburg eine lange Geschichte. Schon 1892 sind Menschen mit einer Art Straßenbahn von Stadtteil zu Stadtteil befördert worden. Der Fuhrpark umfasste damals 14 Wagen mit je zwölf Sitzplätzen. 56 Pferde sowie 45 Kutscher wurden zum Ziehen der offenen Wagen benötigt. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 12 km/h. Diesen Service haben damals rund eine Million Menschen im Jahr genutzt.
Heute, 127 Jahre später, sieht das natürlich anders aus. Über 30 Millionen Mal jährlich lassen sich Fahrgäste von Fahrzeugen der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) durch die Stadt fahren. Die Mehrheit wählt die Straßenbahn. Dafür braucht es auch Pferdestärken wie früher – nur sind das mit 1000 PS starken Elektro-Fahrzeugen "etwas" mehr als früher.
Mit den Fahrgastzahlen sind auch die Anforderungen an den ÖPNV gestiegen. Doch diesen wird er nicht immer gerecht. Regelmäßig melden sich Leser bei dieser Redaktion, die sich über vermeintlich schlechte oder unzureichende Verbindungen beschweren. "ÖPNV Taktung mindestens verdoppeln", fordert einer von ihnen. Seiner Meinung nach müsse "endlich mal geklotzt und nicht gekleckert werden".
Massive Kritik übten kürzlich zum Beispiel Versbacher am Beispiel Buslinie 12: Fahrzeiten von bis zu einer Stunde vom Hauptbahnhof nach Versbach seien nachmittags an Werktagen Realität, weil die Busse regelmäßig in der Ludwigstraße im Stau stehen müssen. Unter Beteiligung der Bürger sollen sich solche Verbindungen aber in Zukunft bessern. Aktuell finden dazu Bürgerworkshops statt. Die Ergebnisse werden dem Stadtrat am 2. Dezember vorgestellt. Das Gesamtkonzept soll dann im kommenden Frühjahr beschlossen und so schnell wie möglich umgesetzt werden. Oftmals sind es auch Busverbindungen in den Landkreis, die kritisiert werden.
Leserin: Wabensystem zu kompliziert
So ärgert es einen Leser, dass er nicht direkt von seinem Wohnort zu seinem Ziel fahren kann. "Stattdessen geht der meiste Busverkehr sternförmig vom Busbahnhof aus. Das heißt, immer erst zum Busbahnhof fahren und dann in den anderen Bus umsteigen". Hinzu kommt, dass es viele Fahrgäste unübersichtlich finden würden, welches Ticket sie kaufen müssen, wenn sie durch mehrere Waben fahren.
Darunter ist eine Leserin aus Eibelstadt, die mit dem Bus zu einem Termin bei einer Lengfelder Firma gefahren ist. Ihre Fragen vor und während der Fahrt: "Welche Fahrkarte muss ich lösen? Von wo bis wo geht eine Großwabe? Hätte ich nur eine Fahrkarte lösen müssen?" Wünschen würde sie sich mehr Transparenz und verständlichere Informationen. "Eine kleine Landkarte mit dem ganzen Main-Dreieck nützt dem (kleinen) Fahrgast nichts", meint sie.
Es gibt auch Lob
Bei aller Kritik erreichen diese Redaktion auch immer wieder Lobesworte über nette Busfahrer oder Verbesserungen von Seiten der Verkehrsbetriebe. Denn untätig sind sie nicht. Die WVV sammelt zur Zeit beispielsweise auch online Vorschläge, wie das Busnetz verbessert werden könnte. Bei einer Umfrage in der Innenstadt loben Fahrgäste schnelle Straba-Verbindungen im Zentrum und auch die Möglichkeit, das Auto an der Talavera abzustellen und mit der Straßenbahn zum Einkaufen zu fahren. Obwohl die Fahrkarten dieses Jahr zum Teil teurer geworden sind, haben mehrere Befragte angegeben, die Preise in Ordnung zu finden.
Vier Experten in der Diskussion
Doch wie sehen Experten den Würzburger ÖPNV? Das ist das Thema des kommenden StadtGesprächs der Mediengruppe Main-Post. Daran teilnehmen werden Thomas Schäfer (WVV), Niklas Dehne (Bündnis Verkehrswende Jetzt), Nahverkehrsplaner Mathias Schmechtig und Wolfgang Weier (Stadtmarketing).
Korrektur: In einer ersten Version des Artikels hieß es, dass 30 Millionen Menschen jährlich die öffentlichen Verkehrsmittel in Würzburg nutzen. Dies ist nicht richtig. Die Zahl bezieht sich auf Fahrten von Fahrgästen in Würzburg.
wenn nicht ich es bin, der hier zitiert wird, so möchte ich das gerne unterschreiben.
Ich habe leider das Gefühl, dass die Optimierung des ÖPNV bei der Stadtplanung konstant hinten runterfällt (w. z. B. Termin für Zuschussantrag/ Linie 6 verbaselt, oder wie war das?) und andere Dinge (w. z. B. ein niegelnagelneues Schwimmbad) immer Vorrang erhalten, incl. Vermiesung des MIV durch Verknappung der Parkplätze, eine halbherzige Fahrradpolitik und Fußgängerzonen, die entweder nicht wirklich welche sind (Innenstadt) oder da wo sie sind nicht wirklich Sinn machen (Hofstraße).
Zusammengefasst, preiswürdig ist das mMn nicht, was in WÜ verkehrspolitikmäßig geboten wird - es sei denn, im Rathaus schielt man auf die Goldene Himbeere...