
Nicht nur die katholischen Bistümer in Deutschland bemühen sich um die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle. Auch die Ordensoberenkonferenz (DOK) hat dazu verbindliche Richtlinien erlassen. 13 Orden und Kongregationen, die im Bistum Würzburg tätig sind, haben sich daraufhin zusammengetan. Sie wollen "Fehler bekennen, Verbrechen verhindern" und "der Wahrheit ins Gesicht sehen" sowie die "Aufarbeitung und Prävention vorantreiben" und "Betroffenen Gerechtigkeit widerfahren lassen". Erstmals stellten sie in einer Pressemitteilung ihr Anliegen sowie die Vertreter des gemeinsamen Beraterstabs vor.
Dazu gehört zum Beispiel der Würzburger Sozialrichter im Ruhestand, Burkhard Löffler. Im Gespräch mit dieser Redaktion schildert er seinen Eindruck: "Die Orden haben ein großes Interesse, das Thema anzugehen."

Bisher habe es drei Treffen gegeben. Bei diesen Zusammenkünften hielten Löffler und andere Mitglieder des Beraterstabs Vorträge zu ihren Fachgebieten. "Ich habe meine juristischen Kenntnisse eingebracht", sagt Löffler, der auch als Gutachter tätig ist. In seinem Vortrag sei er auf die Plausibilität von Missbrauchsvorwürfen eingegangen. Ebenso auf die Frage, wann ein Vorwurf nicht nur plausibel, sondern auch glaubwürdig sei.
Löfflers Angaben zufolge koordiniert Monika Edinger, Generaloberin der Würzburger Kongregation der Schwestern des Erlösers, die Treffen. Zudem habe sie die Räumlichkeiten für die Treffen zur Verfügung gestellt.
Die Erlöserschwestern gehören zu den Orden, die mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert sind. Das sei nicht bei allen der Fall, so Löffler. "Etwa, wenn Orden nichts mit Minderjährigen zu tun hatten und keine Heime oder Internate geleitet haben." Es habe aber eine Solidarität bestanden, dass alle 13 Ordensgemeinschaften die Aufarbeitung voranbringen wollen.
Vorwurf des "rituellen Missbrauchs"
Die Erlöserschwestern waren in der Wickenmayersche Kinderpflege im Würzburger Stadtteil Grombühl, einer städtischen Einrichtung, viele Jahre mit der Kinderbetreuung beauftragt. Im Juni 2021 wurde der Vorwurf des "rituellen Missbrauchs" bekannt. Er soll sich in den 1960er Jahren ereignet haben. Eine Frau beschuldigt Männer in Priestergewändern und einen Mann im Bischofsgewand, sie als Sechsjährige - mit Hilfe von Ordensschwestern - in der einstigen Kapelle der Einrichtung missbraucht zu haben.
Ebenfalls beratend tätig ist Rechtsanwalt Thomas Braun, der zugleich Ansprechperson der Erlöserschwestern für Verdachtsfälle sexuellen Missbrauchs ist. Mit dabei ist auch Elisabeth Kirchner von Wildwasser Würzburg, ein Verein gegen sexuelle Gewalt an Mädchen und Frauen. "Ich sehe mich als Lobbyistin für Betroffene", sagt die Psychotherapeutin. "Ich möchte, dass deren Anliegen verstanden werden." Orden würden oft nicht erkennen, wie schwer es für Betroffene sei, sich an sie zu wenden und ihren Missbrauchsvorwurf zu äußern. "Denn der Orden steht für die Person, die den Missbrauch begangen hat."
Kirchner betont: Der Beraterstab sei keine unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs (AAK), wie es sie für das Bistum Würzburg gibt. "Die Orden wollen beraten werden", so Kirchner. Auf Anregung des Beraterstabs seien jedoch AAK-Mitglieder zum jüngsten Treffen im März eingeladen gewesen: die Vorsitzende Professorin Anja Amend-Traut, sowie Hülya Düber, Sozialreferentin der Stadt Würzburg.
Sie stellten laut Pressemitteilung die Arbeit der AAK vor: Im Rahmen eines strafrechtlichen Gutachtens sollen systemische Schwächen aufgedeckt und auf dieser Grundlage Empfehlungen für eine Umstrukturierung ausgesprochen werden – um in Zukunft Missbrauch zu vermeiden. Laut Burkhard Löffler trifft sich der Beraterstab der Ordensgemeinschaften demnächst mit der AAK – mit dem Ziel "eine Aufarbeitungskommission für die Orden vorzubereiten. Dazu holen wir uns Gedanken und Erfahrungswerte."
Klingt fast so logisch wie Putputins Plan zur Entnazifizierung der Ukraine.