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Würzburg
Sexueller Missbrauch: Ordensgemeinschaften im Bistum Würzburg wollen Fehler bekennen und Verbrechen verhindern
Ziel der 13 Orden und Kongregationen ist es, gemeinsam Aufarbeitung und Prävention voranzutreiben. Dabei helfen soll ein Beraterstab. Zwei Mitglieder berichten.
Wie jetzt bekannt wurde, haben 13 Orden und Kongregationen, die im Bistum Würzburg  tätig sind, 2021 gemeinsam einen Beraterstab ins Leben gerufen. Im Fokus steht die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle.
Foto: Ivana Biscan (Symbolbild) | Wie jetzt bekannt wurde, haben 13 Orden und Kongregationen, die im Bistum Würzburg  tätig sind, 2021 gemeinsam einen Beraterstab ins Leben gerufen. Im Fokus steht die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle.
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:57 Uhr

Nicht nur die katholischen Bistümer in Deutschland bemühen sich um die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle. Auch die Ordensoberenkonferenz (DOK) hat dazu verbindliche Richtlinien erlassen. 13 Orden und Kongregationen, die im Bistum Würzburg tätig sind, haben sich daraufhin zusammengetan. Sie wollen "Fehler bekennen, Verbrechen verhindern" und "der Wahrheit ins Gesicht sehen" sowie die "Aufarbeitung und Prävention vorantreiben" und "Betroffenen Gerechtigkeit widerfahren lassen". Erstmals stellten sie in einer Pressemitteilung ihr Anliegen sowie die Vertreter des gemeinsamen Beraterstabs vor.

Dazu gehört zum Beispiel der Würzburger Sozialrichter im Ruhestand, Burkhard Löffler. Im Gespräch mit dieser Redaktion schildert er seinen Eindruck: "Die Orden haben ein großes Interesse, das Thema anzugehen."

Burkhard Löffler, Würzburger Sozialrichter im Ruhestand und Mitglied des Beraterstabs der 13 Ordensgemeinschaften.
Foto: Archiv Löffler | Burkhard Löffler, Würzburger Sozialrichter im Ruhestand und Mitglied des Beraterstabs der 13 Ordensgemeinschaften.

Bisher habe es drei Treffen gegeben. Bei diesen Zusammenkünften hielten Löffler und andere Mitglieder des Beraterstabs Vorträge zu ihren Fachgebieten. "Ich habe meine juristischen Kenntnisse eingebracht", sagt Löffler, der auch als Gutachter tätig ist. In seinem Vortrag sei er auf die Plausibilität von Missbrauchsvorwürfen eingegangen. Ebenso auf die Frage, wann ein Vorwurf nicht nur plausibel, sondern auch glaubwürdig sei.

Löfflers Angaben zufolge koordiniert Monika Edinger, Generaloberin der Würzburger Kongregation der Schwestern des Erlösers, die Treffen. Zudem habe sie die Räumlichkeiten für die Treffen zur Verfügung gestellt.

Die Erlöserschwestern gehören zu den Orden, die mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert sind. Das sei nicht bei allen der Fall, so Löffler. "Etwa, wenn Orden nichts mit Minderjährigen zu tun hatten und keine Heime oder Internate geleitet haben." Es habe aber eine Solidarität bestanden, dass alle 13 Ordensgemeinschaften die Aufarbeitung voranbringen wollen.

Vorwurf des "rituellen Missbrauchs"

Die Erlöserschwestern waren in der Wickenmayersche Kinderpflege im Würzburger Stadtteil Grombühl, einer städtischen Einrichtung, viele Jahre mit der Kinderbetreuung beauftragt. Im Juni 2021 wurde der Vorwurf des "rituellen Missbrauchs" bekannt. Er soll sich in den 1960er Jahren ereignet haben. Eine Frau beschuldigt Männer in Priestergewändern und einen Mann im Bischofsgewand, sie als Sechsjährige - mit Hilfe von Ordensschwestern - in der einstigen Kapelle der Einrichtung missbraucht zu haben.

Ebenfalls beratend tätig ist Rechtsanwalt Thomas Braun, der zugleich Ansprechperson der Erlöserschwestern für Verdachtsfälle sexuellen Missbrauchs ist. Mit dabei ist auch Elisabeth Kirchner von Wildwasser Würzburg, ein Verein gegen sexuelle Gewalt an Mädchen und Frauen. "Ich sehe mich als Lobbyistin für Betroffene", sagt die Psychotherapeutin. "Ich möchte, dass deren Anliegen verstanden werden." Orden würden oft nicht erkennen, wie schwer es für Betroffene sei, sich an sie zu wenden und ihren Missbrauchsvorwurf zu äußern. "Denn der Orden steht für die Person, die den Missbrauch begangen hat."

Kirchner betont: Der Beraterstab sei keine unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs (AAK), wie es sie für das Bistum Würzburg gibt. "Die Orden wollen beraten werden", so Kirchner. Auf Anregung des Beraterstabs seien jedoch AAK-Mitglieder zum jüngsten Treffen im März eingeladen gewesen: die Vorsitzende Professorin Anja Amend-Traut, sowie Hülya Düber, Sozialreferentin der Stadt Würzburg.

Sie stellten laut Pressemitteilung die Arbeit der AAK vor: Im Rahmen eines strafrechtlichen Gutachtens sollen systemische Schwächen aufgedeckt und auf dieser Grundlage Empfehlungen für eine Umstrukturierung ausgesprochen werden – um in Zukunft Missbrauch zu vermeiden. Laut Burkhard Löffler trifft sich der Beraterstab der Ordensgemeinschaften demnächst mit der AAK – mit dem Ziel "eine Aufarbeitungskommission für die Orden vorzubereiten. Dazu holen wir uns Gedanken und Erfahrungswerte."

Aufarbeitung Missbrauch: 13 Ordensgemeinschaften und ihr Beraterstab

Die Ordensgemeinschaften im Bistum Würzburg, die mit dem Beraterstab zusammenarbeiten, sind: Comboni-Missionare Deutschsprachige Provinz, Nürnberg, Deutsche Provinz der Claretiner, Deutsche Provinz der Karmeliten/Bamberg, Dillinger Franziskanerinnen, Deutsche Provinz, Fränkische Provinz der Dominikanerinnen/Neustadt sowie: Bayerisch-Deutsche Provinz der Augustiner, Deutsche Provinz der Missionare von Mariannhill, Deutsche Provinz der Schwestern vom Guten Hirten, Dienerinnen der heiligen Kindheit Jesu, Franziskaner Minoriten Provinz St. Elisabeth, Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz, Kongregation der Ritaschwestern, Kongregation der Schwestern des Erlösers (alle Würzburg).
Zum unabhängigen Beraterstab gehören: Rechtsanwalt Thomas Braun, Psychotherapeutin Elisabeth Kirchner (Wildwasser Würzburg), Sozialrichter i. R. Burkhard Löffler, Kirchenrechtler Prof. Martin Rehak (Katholische-Theologische Fakultät Würzburg) und Psychologin Nina Rübsam (Hauptamtliche der Kreuzschwestern, Gemünden).
Quelle: Ordensgemeinschaften
 
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  • K. F.
    oh mainkomentar, wenn du nicht glaubst ist das dein problem, und: es gibt menschen die solche einrichtungen suchen! auch noch 2022. sicher muss der missbrauch endlich mal richtig aufgearbeitet werden, wir leben aber mittlerweile in 2022. warum sind die missbrauchsopfer nicht schon in den 80er oder 90er jahren gekommen. das frag ich mich auch.
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  • R. B.
    Ich kann dieses ganze Gerede von "Aufarbeitung" und "Fehler bekennen" nicht mehr hören. Es sind Jene, welche an Tranparenz und Aufarbeitung interessiert sind, die sich nie etwas zu Schulden haben kommen lassen. Aber um die wahren Vergewaltiger und Täter zu benennen und zu bestrafen, bedarf es Kooperation bis in die höchsten Kreise und genau an diesen scheitern jegliche Bemühungen um Aufarbeitung. Es gibt und gab in den vergangenen 20 Jahren zahlreiche Beispiele, wo der angebliche Wille um Aufklärung jedes mal wie ein Kartenhaus in sich zusammen fiel. Der sexuelle Missbrauch geht in seiner Verantwortung bis in den Vatikan, wie jüngst bekannt wurde, ist selbst Papst Benedikt in einzelne Vorgänge verstrickt. Wer glaubt, die Katholische Kirche hat ein ehrliches Verlangen nach Aufklärung, der glaubt auch daran, dass Zitronenfalter Zitronen falten.
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  • M. F.
    Das einfachste wäre nach der vollständigen Aufarbeitung der Missbrauchsvorfälle und der Zahlung für jedes Missbrauchsopfer von Schadensersatz in mindesten 6 Stelliger Höhe zu zahlen und die (Missbrauchsgemeinschaften) "Ordensgemeinschaften" komplett aufzulösen und deren Einrichtungen zu schließen.
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  • G. W.
    Na, da haben Sie ja den perfekten Lösungsansatz gefunden!
    Klingt fast so logisch wie Putputins Plan zur Entnazifizierung der Ukraine.
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