Obwohl es darin hauptsächlich um Gebäude geht, sind in einem neuen Buch über die Geschichte der Würzburger Stadtbau GmbH auch viele Gesichter zu sehen: Mieterinnen und Mieter, ehemalige Geschäftsführer, Oberbürgermeister und andere Zeitzeugen kommen darin zu Wort und berichten über "Wohnen in Würzburg – 90 Jahre Stadtbau".
Geschrieben haben das 372 Seiten starke Buch, das im Achter Verlag Weinheim erschienen ist, der scheidende Stadtbau-Geschäftsführer Hans Sartoris zusammen mit Roland Flade und Wolfgang Orians. In einer lockeren Gesprächsrunde, moderiert von Main-Post-Redakteurin Manuela Göbel, plauderten die drei Co-Autoren kürzlich vor geladenen Gästen im Felix-Fechenbach-Haus über ihr gemeinsames Werk. "Es sollte keine Firmenchronik werden, denn die liest oft niemand", sagte Sartoris. Zahlen, Fakten und historische Bilder über die Tätigkeit der Stadtbau und ihrer Vorgängergesellschaften waren im Fechenbach-Haus als Ausstellung auf mehr als zwanzig Stellwänden zu sehen.
Geschichte der Stadtbau Würzburg GmbH in die Stadtgeschichte eingebaut
Das Buch liest sich durch die vielen Interviews und Zeitzeugenberichte noch ein ganzes Stück interessanter. "Wir haben die Geschichte der Stadtbau in die letzten hundert Jahre der Stadtgeschichte mit ihren Meilensteinen eingebaut", so Sartoris, der durch die Arbeit am Buch auch nach 18 Jahren als Chef der kommunalen Wohnungsgesellschaft viel Neues über die Komplexität seines Unternehmens gelernt hat. Nicht vergessen wurden im Buch die Würzburger Wohnungsbaugenossenschaften, die teilweise älter sind als die Stadtbau: "Es ist wichtig, dass es sie gibt. (…) Ohne sie und uns wäre die durchschnittliche Miete in Würzburg mit Sicherheit zwei Euro pro Quadratmeter höher", betonte Sartoris.
90 Jahre Stadtbau sind es, weil das Vorgängerunternehmen "Gemeinnützige Baugesellschaften für Kleinwohnungen" 1934 gegründet wurde. Der Bau von Mietwohnungen in Würzburg begann aber schon früher: "Ich konnte mir nicht vorstellen, dass seit über hundert Jahren Wohnungsnot in Würzburg existiert", berichtete der Historiker und Journalist Roland Flade: "Bis zum 1. Weltkrieg war alles wunderbar, aber seit 1918 sind in Würzburg nie genug Wohnungen da gewesen." Flade konnte teilweise Zeitzeugenberichte von mittlerweile verstorbenen Personen aus früheren Buchprojekten verwenden.
Eine Zuhörerin der Gesprächsrunde wohnt bereits seit dem 18. Februar 1945 bei der Stadtbau: Damals war sie mit ihrer Familie in das Haus mit der Adresse Frankfurter Straße 59 eingezogen. Um eine Wohnung bei der "Gemeinnützigen" hatten sie sich bereits 1934 beworben. Einen knappen Monat später erfolgte am 16. März 1945 der Bombenangriff der Alliierten: "Wir hatten einen komfortablen Luftschutzkeller, in dem wir dann nach dem Krieg lange gewohnt haben", erzählte die Zeitzeugin.
Heutige Stadtbau GmbH verwaltet über 5700 Wohnungen
Gegründet wurde die "Gemeinnützige" ein Jahr nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten als gemischt-wirtschaftliche Gesellschaft der Stadt mit Bauunternehmen. "In den offiziellen Verlautbarungen wurde zum Bau von Wohnungen für minderbemittelte Volksgenossen aufgerufen", sagte Wolfgang Orians, der zusammen mit Roland Flade unter anderem in einem Archiv der Main-Post recherchiert und alte Zeitungen gesichtet hat. Bei seinen Interviews mit Mieterinnen und Mietern hat der Journalist und Kommunikationsexperte vor allem eins herausgefunden: "Die Menschen leben unheimlich gerne bei der Stadtbau."
Die heutige Stadtbau GmbH entstand als hundertprozentige Tochter der Stadt offiziell im Jahr 2011 durch eine Verschmelzung mit der 1966 zur Entwicklung des neuen Stadtteils gegründeten Heuchelhofgesellschaft. Heute verwaltet sie als eine der fünfzig größten kommunalen Wohnungsgenossenschaften Deutschlands mehr als 5700 Wohnungen und sorgt weiterhin für bezahlbaren Wohnraum in der Stadt. "Entstanden ist eine Stadtbau-Familie", sagt Hans Sartoris, dessen Nachfolger Lars Hoffmann seit Anfang Juli im Amt ist.
Das Buch ist im Buchhandel erhältlich und kostet 29,80 Euro.
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