
"Eigentlich ist es traurig, dass es solche Veranstaltungen wie heute braucht", sagt Thomas Hart. Zusammen mit seinem Partner Ernst Königsberger besuchte er am Montagabend den Segnungsgottesdienst "Liebe gewinnt" in der Augustinerkirche in Würzburg. Seit 20 Jahren sind die beiden Männer aus Bad Neustadt an der Saale (Lkr. Rhön-Grabfeld) ein Paar. Den Gottesdienst haben sie spontan besucht, um ein Zeichen zu setzen.

Die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare sorgte zuletzt für hitzige Diskussionen. Mitte März hatte die Glaubenskongregation des Vatikans die Segnung von homosexuellen Paaren verboten. Als Reaktion auf das römische Segnungsverbot fanden unter dem Motto "Liebe gewinnt" am Montag deutschlandweit Segnungsgottesdienste statt – auch in Würzburg.
Regenbogen als Zeichen der Vielfalt
"Willkommen zu einer ungewöhnlichen Zeit, zu einem eher ungewöhnlichen Gottesdienst", begrüßte Bruder Peter Reinl von den Augustinern um kurz nach 19 Uhr die rund 170 Gottesdienstbesucher. Der Segen Gottes gebühre allen, es gebe keinen Unterschied zwischen den Menschen, erklärte Reinl. Der Gottesdienst stehe ganz im Zeichen des Segens: "Wir können doch gar nicht anders als zu lieben. Wir können doch gar nicht anders als zu segnen."
Auch der Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose wandte sich an die Besucher des Gottesdienstes. Für die Aktion "Liebe gewinnt" habe man den 10. Mai ausgewählt, erklärte er, da dieser im ökumenischen Heiligenkalender der Gedenktag des heiligen Noah ist. Der Regenbogen, der in der Geschichte Noahs vorkommt, sei ein Zeichen für die Vielfalt der Schöpfung und seit vielen Jahren auch das der queeren Bewegung.
Das Nein aus Rom habe bei vielen Menschen Erschütterung hervorgerufen. Der Gottesdienst sei jedoch weder demonstrativ, noch richte er sich gegen Rom. Stattdessen feiere er die Vielfalt der Schöpfung, sagte Hose. "Niemand verliert, wenn Liebe gewinnt. Wir gewinnen alle, wenn es weniger Ausgrenzung gibt." Der Segen gelte allen, die in Liebe und Partnerschaft verbunden sind. "Das sagen wir heute öffentlich und nicht mehr im Geheimen", so der Hochschulpfarrer.

Anders sah das ein Gegendemonstrant, der die Aktion kritisierte. Vor Beginn des Gottesdienstes stand er mit einem selbst gemalten Plakat vor der Augustinerkirche. "Segnungsgottesdienst lästert und spottet dem Sühneopfer Jesu", war unter anderem darauf zu lesen.
Ernst Königsberger und Thomas Hart haben sich von der Kritik nicht stören lassen. "Jeder hat das Recht, seine Meinung kundzutun, solange niemand dabei gestört wird", sagt Hart. Keiner habe ein Problem damit, Feuerwehrautos zu segnen, so Königsberger. Gleichgeschlechtliche Paare zu segnen führe bei vielen aber noch zu Unverständnis. "Dabei nimmt man mit dem Segen doch niemandem etwas weg."

Am Ende des Gottesdienstes bestand die Möglichkeit, sich segnen zu lassen. Neben einzelnen Gottesdienstteilnehmern konnten auch heterosexuelle, gleichgeschlechtliche und befreundete Paare den Segen empfangen. Sabine Schiedermair aus Würzburg ließ sich zusammen mit einer Freundin segnen. Sie finde es wichtig, den Gottesdienst zu unterstützen, erklärt die 48-Jährige.
"Segen ist für mich etwas Gutes, er ist eine Kraftquelle, eine Stärkung." Die Würzburgerin ist überzeugt davon, dass mit der Aktion "Liebe gewinnt" ein klares Zeichen gesetzt wird, um andere zu ermutigen. "Liebe hat ganz viele Formen. Uns steht es nicht zu, darüber zu urteilen, ob es eine richtige oder falsche Form davon gibt."