
Höher hinaus geht es hierzulande nicht. Auf dem Zugspitzplatt, knapp unterhalb von Deutschlands höchstem Gipfel, läuft gerade die Suche dem idealen Standort für ein mehr als 20 Meter hohes Radioteleskop. Federführend sind dabei Astrophysiker der Universität Würzburg. Sie wollen mit dem Teleskop Geheimnisse des Weltalls lüften, aber auch der Klimaforschung helfen.
Auf hohem Berg besserer Empfang von Signalen
Es geht um Schwarze Löcher und Satellitentechnik: (Zug-)Spitzenforschung in direkter Nachbarschaft zum Schneefernerhaus, Deutschlands höchstgelegener Umweltforschungsstation. Schon in zwei Jahren könnten sich Skifahrer und Bergwanderer über die große Schüssel wundern. Der Standort ist nicht zufällig gewählt. Je höher, desto besser, um Signale aus dem Weltraum zu erfassen.

Es sei wichtig, "möglichst wenig störende Atmosphäre über uns zu haben", erklärt Astronomie-Professor Matthias Kadler von der Uni Würzburg. Der 49-Jährige ist die treibende Kraft hinter dem riesigen Teleskop mit einem Durchmesser von 18 Metern. Drei Jahre hat er einst für die NASA in den USA gearbeitet. Schwarze Löcher und ihre Erforschung faszinieren ihn seit seinem Studium. Er hat eine Begeisterung für "das, was weit entfernt ist".
Die hochspeziellen Radioteleskope erfassen langwellige, elektromagnetische Strahlung – das nun entwickelte Modell misst die Wellenlänge im Millimeterbereich. Dies gelingt nur von hohen Bergen aus, an wenigen Standorten weltweit. Zusammengeschaltet liefern solche Millimeterteleskope unerreicht scharfe Bildaufnahmen, rund tausendfach schärfer als zum Beispiel das berühmte James-Webb-Weltraumteleskop.
Das "Wetterstein-Millimeter-Teleskop" auf Deutschlands höchstem Berg zu etablieren, sei für ihn persönlich das bisher spannendste Projekt überhaupt, sagt Kadler. Wie die meisten Spitzenforscher ist er international bestens vernetzt, Kooperation wird groß geschrieben. So ist es ihm gelungen, das Teleskop auf der Zugspitze einzubinden in das große Netzwerk "next-generation Very Large Array" (ngVLA), mit dem US-Forscher in einigen Jahren 260 Einzelteleskope zusammenschalten wollen. Ihre Standorte sind verteilt in Nordamerika – und jetzt auch in Europa.
Bekommen deutsche Firmen den Auftrag für Serienfertigung?
Deutsche Firmen, die das Design des Wetterstein-Teleskops entwickelt haben, erhoffen sich Aufträge für die Massenproduktion des geplanten Teleskopverbundes. Der erste Prototyp ist fertig – hergestellt hauptsächlich von Firmen aus Wiesbaden und Walldürn (Neckar-Odenwald Kreis). Er wird derzeit in den USA aufgebaut und dann getestet. Eines der nächsten ngVLA-Teleskope nach Bayern zu holen, wäre eine weitere große Erfolgsgeschichte für die Uni Würzburg.
Das Wetterstein-Teleskop auf der Zugspitze soll aber nicht erst im Verbund mit den 260 nordamerikanischen Teleskopen arbeiten, sondern auch selbst ein astrophysikalisches Forschungsprogramm absolvieren. Eng arbeitet Kadler mit den Satelliten-Spezialisten der Uni Würzburg zusammen. Daten von Kleinsatelliten, die künftig extrem weit draußen im Weltraum kreisen, könnten vom hochsensiblen Wetterstein-Teleskop aufgefangen werden.
Auch Projekte zum Schutz vor Weltraumschrott und Asteroiden sowie Kooperationen mit den Geowissenschaften sind laut Kadler geplant. Positiver Nebeneffekt: Forschende aus Würzburg müssen künftig nicht mehr um die halbe Welt fliegen, um Daten aus dem Weltraum zu sammeln – es reicht die Fahrt nach Garmisch-Partenkirchen.
Rund 4,5 Millionen Euro sind für den Bau der Anlage aus Stahl und Aluminium veranschlagt. Daran beteiligen wollen sich neben der Uni Würzburg und dem Freistaat weitere Partner. Das Teleskop auf den Berg zu bringen, dürfte die Verantwortlichen indes noch vor logistische Herausforderungen stellen. Das schwerste Einzelteil wiegt laut Kadler mehrere Tonnen.
Ziel: Beobachtungen ab 2027 und ein Zentrum für Besucher
Wenn alles gut geht, könne der Aufbau schon im nächsten Jahr erfolgen, erste Beobachtungen wären dann ab 2027 möglich. Neben dem Teleskop selbst wird auch über ein eigenes Besucherzentrum nachgedacht. Kadler drängt darauf. Er will den Leuten mehr über die Erforschung des Weltraums und ihren Nutzen vermitteln.
Widerstände gegen die spektakuläre Anlage auf dem Zugspitzplatt hat der Astrophysiker bislang nicht wahrgenommen. Eingriffe in die Natur sollen minimiert, bestehende Strom- und Datenleitungen genutzt werden. Umgekehrt erweitert das Riesenteleskop die Forschung am Schneefernerhaus.
Hat die Uni Würzburg denn schon eine Anbindung an das Internet erhalten?
Es wird tatsächlich mit hartem "p" geschrieben und gesprochen.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management