Es war die wissenschaftliche Sensation dieser Woche: Erstmals ist es Forschern gelungen, ein Schwarzes Loch im Weltraum in einem Bild festzuhalten. Experten aus der ganzen Welt hatten über Jahre daran getüftelt. Mitten unter ihnen: der aus Bischofsheim (Lkr. Rhön-Grabfeld) stammende Dr. Christian Fromm. Der Astrophysiker hat über Schwarze Löcher promoviert und forscht derzeit an der Goethe-Universität Frankfurt/Main.
Fromm ist die Begeisterung über den Erfolg auch zwei Tage nach der Bekanntgabe anzumerken. Dass sich dieser gigantische, weltumspannende Aufwand gelohnt hat - das ist für beteiligte Wissenschaftler wie ihn eine Genugtuung. Auch wenn sie in Medien und im Internet für den Durchbruch gefeiert wird: Die junge US-Amerikanerin Katie Bouman verweist auf die nötige Teamleistung. Was ihr Kollege Fromm genauso sieht: "Allein schafft man das nie. Dafür braucht es führende Experten für alle Felder", sagt der 36-Jährige.
Beide kennen sich - aus der entscheidenden Woche im Juli vergangenen Jahres an Harvard Universität in Boston: Vier internationale Arbeitsgruppen tagen getrennt voneinander. Sie bekommen eigene Konferenzsäle. Beim Kaffee sollen sie nicht über ihre Arbeit sprechen. Jedes Team soll - mit unterschiedlicher Software - aus den erfassten Teleskopdaten ein Bild erzeugen. Kommt man zu ähnlichen Ergebnissen, wäre der Bildnachweis des Schwarzen Lochs hieb- und stichfest.
"Das war für mich der bewegendste Moment und der Höhepunkt", erinnert sich Fromm. Als zum Abschluss des Workshops alle vier Gruppen ihre Bilder zeigen und "wir gesehen haben, wie fantastisch sie übereinstimmen." Fromm und Bouman gehören zu jeweils einer der vier Gruppen. Der Bischofsheimer ist einer von drei Deutschen in einem zwölfköpfigen, weitgehend europäischen Team. Bouman ist es, die die Bilder aus den vier Gruppen vergleicht. Mehrere Wissenschaftler filtrieren aus den Daten schließlich die Aufnahme, die diese Woche um die Welt gehen sollte.
Galaxie ist 55 Millionen Lichtjahre entfernt
Unsinnigerweise wurde in manchen Medien und im Internet vom "Foto" eines Schwarzen Loches gesprochen. Was bedeuten würde, dass das menschliche Auge oder eine Kamera die 55 Millionen Lichtjahre entfernte Galaxie Messier 87 erkennen könnte. Ausgeschlossen. Um trotz dieser unvorstellbaren Distanz noch Details wahrnehmen zu können, nutzte man riesige Radioteleskope an acht Standorten auf vier Kontinenten - darunter ein Observatorium am Südpol, das laut Fromm nur im arktischen Sommer angeflogen werden konnte, um die erfassten Daten einzusammeln.
Es handelte sich um derart große Datenmengen, dass ihr Transfer nur mit großen Festplatten möglich war. Zusammengeführt wurden sie in zwei Zentren: in den USA und im Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. "Damit wurde dann rechnerisch ein Teleskop gebaut, praktisch so groß wie die Erde", erklärt Fromm. Die acht Teleskope wurden vernetzt, zum "Event Horizon Telescope" (EHT). Und mit diesen so gebündelten Aufnahmen und Daten konnten die Forscher in ihren vier Expertengruppen die Bilder herausfiltern.
Es müssen im Juli 2018 wirklich aufregende Momente gewesen sein. Dem "Time Magazine" sagte Katie Bouman: "Es war schwer, den Mund zu halten. Ich habe nicht mal meiner Familie etwas davon erzählt." Für Astrophysiker Christian Fromm fing die eigentliche Arbeit damals erst an. Schließlich musste das Bild analysiert und interpretiert werden. Über ein halbes Jahr lang verglich er in einem internationalen Team zusammen mit seine Kollegen an der Goethe-Universität Frankfurt die gewonnenen Daten mit den bisherigen Modellen. Auf Abweichungen von Einsteins Relativitätstheorie stießen sie nicht.
Intensive Auswertung und Bewertung der gewonnenen Daten
"Wir haben eine der größten Datenbanken gebaut, die es bisher dafür gab", berichtet Fromm. Supercomputer in den USA und Europa kamen zum Einsatz, 60 000 synthetische Bilder wurden erzeugt. Erst dann machten sich die Wissenschaftler an ihre nun vorliegenden Publikationen zu dem Mega-Experiment.
Fromm kam über die Fachoberschule an die Uni Aachen, studierte dort Luft- und Raumfahrttechnik. An der Universität Bonn schloss er ein Studium der Physik und Astronomie an und promovierte am Max-Planck-Institut für Radioastronomie. Seit 2015 forscht er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe-Universität Frankfurt.
Der 36-Jährige ist fasziniert von der extremen Masse Schwarzer Löcher - und überhaupt von den Rätseln im Weltraum. Mit den neuen Erkenntnissen will er in den nächsten Monaten und Jahren weitere Theorien testen: "Wir wollen die physikalischen Prozesse verstehen." Und man will sich neue Phänomene anschauen. Das "galaktische Zentrum" in der Milchstraße zum Beispiel. Es gilt zwar als knifflig, weil relativ unruhig. Aber im Vergleich zur Galaxie Messier 87 liegt das "galaktische Zentrum" mit einer Entfernung von nur 25 000 Lichtjahren praktisch in der Nachbarschaft.