Für Wanderer sind sie ein Segen, Naturschützern und Behörden sind sie ein Dorn im Auge. Der Aufreger sind drei überdachte Sitzplätze im Naturschutzgebiet Trockenhänge bei Böttigheim. Die Gemeinde Neubrunn hat sie in Auftrag gegeben, Standorte bestimmt und dort, wo Naturfreunde eine besonders schöne Aussicht haben, aufstellen lassen.
Von einer biologischen Schatzkammer schreibt die Regierung von Unterfranken in ihrem Werbeprospekt für das Naturschutzgebiet Trockenhänge bei Böttigheim. Auf 151 Hektar leben und blühen hier seltene und streng geschützte Tier- und Pflanzenarten, darunter zahlreiche Orchideen. Gerade diese will der Arbeitskreis Heimische Orchideen Bayern schützen und erhalten. Klaus Henning arbeitet ehrenamtlich für den Verein. Im Naturschutzgebiet Böttigheim ist er unterwegs, um Orchideen zu kartieren.
Sind besonders schutzbedürftige Gebiete gefährdet? Die Polizei hat einen Anfangsverdacht
Dabei hat er im Frühjahr 2021 am Hirschberg die erste überdachte Sitzgelegenheit entdeckt, später stellte er fest, dass die gleichen Konstruktionen auch im Sparrental und am Eisberg stehen. "Solche Picknik-Pavillons gehören nicht in ein Naturschutzgebiet", ist Henning überzeugt. Also hat er sich damit an die Höhere Naturschutzbehörde an der Regierung von Unterfranken gewandt. Weil sich aber nichts getan hat, zeigte er den Sachverhalt im März bei der Polizei an.
Diese hat einen Anfangsverdacht, bestätigt Martin Kuhn, Pressesprecher der Polizei Unterfranken, die Ermittlungen gegen die Gemeinde Neubrunn, weil schutzbedürftige Gebiete gefährdet sein könnten. Orchideenliebhaber Henning weiß von fünf Orchideenarten in unmittelbarer Nähe zur Sitzgruppe am Hirschberg. Zwei Orchideenarten seien am Sparrenberg kartiert, sagt er. Und im Bereich Eisberg beim dritten Holz-Pavillon, habe der geschützte Diptam gelitten.
Im Naturschutzgebiet sind Bauwerke verboten
In einer Stellungnahme für die Polizei beurteilt die Regierung von Unterfranken als Höhere Naturschutzbehörde aus naturschutzfachlicher und -rechtlicher Sicht die Holz-Pavillons: "Es sind alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer erheblichen Störung führen können", schreibt die Höhere Naturschutzbehörde der Polizei. Auszüge der Stellungnahme hat Regierungs-Pressesprecher Johannes Hardenacke dieser Redaktion auf Anfrage zur Verfügung gestellt.
Ausdrücklich heißt es in der Naturschutzverordnung für die Trockenhänge bei Böttigheim, dass bauliche Anlagen verboten sind. Die Regierung habe auch festgestellt, dass beim Aufstellen der drei Pavillons Flächen in sensiblen Biotopbereichen des Naturschutzgebietes teilweise abgegraben und eingeebnet wurden. Im Teilgebiet Hirschberg sei für den Transport und Aufbau des Pavillons Geäst im Wegbereich abgeschlagen worden. Für beide Eingriffe wäre eine Befreiung durch die Regierung von Unterfranken nötig gewesen. "Eine solche wurde aber nicht erteilt, es lag auch kein Antrag vor", teilt Hardenacke mit.
Bürgermeister Heiko Menig ist das alles ziemlich unangenehm. "Das haben wir vergeigt", sagt er und räumt den Fehler ein. Er erklärt, dass jemand von der Gemeindeverwaltung zwar mit der Unteren Naturschutzbehörde am Würzburger Landratsamt telefoniert und die Standorte abgesprochen habe, aber eben nicht mit der Höheren Naturschutzbehörde. Jetzt will er bei der Regierung versuchen, eine Ausnahmegenehmigung für die überdachten Sitzgruppen zu bekommen. Und wenn nicht? "Dann werden wir andere Standorte finden."
Natur- und Orchideenschützer befürchten Picknik-Tourismus im Naturschutzgebiet
Das Landratsamt habe die Verantwortlichen bei der Gemeinde Neubrunn mehrmals aufgefordert, eine solche Ausnahmegenehmigung vorzulegen, erklärt ein Sprecher der Kreisbehörde, die nun dafür zuständig ist, den Rückbau der Bauwerke anzuordnen. Eine solche Anordnung sei aber noch nicht erlassen, weil Angestellte des Umweltamtes zur Zeit die Verantwortlichen anhören. Noch nicht entschieden sei auch, ob das Amt ein mögliches Ordnungswidrigkeiten-Verfahren einleiten wird. Hier will die Behörde erst die polizeilichen Ermittlungen abwarten, so der Pressesprecher des Landratsamtes.
Wie es aussieht, müssen die Pavillons aber wieder abgebaut werden. Denn, der Hoffnung auf eine nachträgliche Genehmigung erteilt das Würzburger Landratsamt bereits jetzt eine klare Absage: "Nach der nunmehr vorliegenden Stellungnahme der Höheren Naturschutzbehörde im Rahmen des polizeilichen Ermittlungsverfahrens ist keine Genehmigungsfähigkeit gegeben", so der Pressesprecher des Landratsamtes.
Dies ist ganz im Sinne des Bund Naturschutzes (BN) und der Orchideenschützer. "Die Pavillons müssen weg", fordern Steffen Jodl, Geschäftsführer der BN-Kreisgruppe Würzburg, und Klaus Henning. Denn mit den Picknick-Stellen würden auch größere Gruppen angelockt und besonders unter Schutz stehende Pflanzen und Tierarten zerstört, befürchten beide.
„Neubrunn tritt aus dem Schatten von Bielefeld“
Grosses Gedöns …..😉
und
'Naherholungsgebiet'
auseinanderzuhalten.
In einem Naturschutzgebiet sollte nach Möglichkeit keinerlei Infrastruktur vorhanden sein,
ein naturbelassener Feldweg ist für den Notfall völlig ausreichend.
In einem Naherholungsgebiet ist eine gewisse Infrastruktur vorzuhalten,
unter anderem auch Schutzhütten, Sitzgelegenheiten oder ähnliches.
Die Natur ist doch in Bayern jetzt schon auf gut zehn Prozent der Landesfläche reduziert.
Wenn erstmal angefangen wird, Naturschutzgebiete für Freizeitgestaltung
zu erschließen, wie gehts denn weiter:
Der Feldweg muß asphaltiert werden,
wegen Rollator, Kinderwagen, Rollschuhen, etc.
Dann braucht irgendwer ein Toilettenhäuschen,
einen Funkmast fürs Mobiltelefon,
letzten Endes muß ein Parkplatz her
und da soll dann bitteschön ein Kiosk vorhanden sein,
ebenso die für Franken dringend überlebensnotwendige Bratwurstbude.
Nach kürzester Zeit haben Sie keine schützenswerte Natur mehr.
Schlimmer finde ich folgendes:
2. Warum hat die höhere Naturschutzbehörde nicht auf das Schreiben von Herrn Hennig reagiert sondern erst nachdem die Anzeige von Herrn Henning bei der Polizei einging?
Hat man beim Amt erst den Versuch unternommen die Sache im Sande verlaufen zu lassen? Es schaut fast so aus, umso unverschämter wie forsch die Behörde dann plötzlich gegen die Gemeinde agiert nachdem eine Anzeige erfolgt ist!
Die Anzeige hätte man sich sparen können und somit auch mögliche Kosten für die Gemeinde wenn das Amt auf das Schreiben von Herrn Henning reagiert hätte.
Niemand will Touristen in seinem Umfeld, schon gar nicht solche die Picknick machen da der Rucksack zwar für das Picknick aber nur selten für den eigenen Müll benutzt wird. Den kann dann die Gemeinde abräumen, auf ihre Kosten.
Der Name sagt ja schon, daß Natur und natürliche Lebensräume geschützt werden sollen.
Selbst, wenn irgendjemand sich etwas bei diesen Partyhüttchen gedacht haben sollte:
Überall da, wo Menschen in ihrer Freizeit verweilen, fällt Müll an, da rennen Kinder und Hunde kreuz und quer über die geschützten Biotope und irgendjemand findet eine soooo schöne Blume, welche dann auch gepflückt oder gleich zerstört wird.
Man muss schon sehr leichtgläubig sein, um von Menschen vernünftiges Verhalten und Rücksichtnahme zu erwarten!
Ein rückstandsloser Rückbau ist zwingend erforderlich samt Strafe für die Auftraggebenden.
Da tut die Gemeinde etwas für das Gemeinwohl und dann wird dies von den selbsternannten Rettern der Welt konterkariert.
Vielleicht finden sich ja noch Plätze und Wege, wohin die Natursuchenden gelenkt werden können, ohne dass ein paar ‚wichtige‘ Halme beschädigt werden.
Konsequenterweise sperrt und überwacht man auch noch die vermutlich befahrbaren Wege durch das Naturschutzgebiet, damit die gewünschte Totenruhe einkehrt.
Wie gut, dass es Behörden gibt, die sich um solche wichtigen Dinge kümmern ...
Müll, weil ja leere Packungen so viel schwerer sind als volle,
Orchideenpflücken weil ja sooo schööö,
Niederntrampeln, weil mer auf nix achtet,
abendliche Parties, weil so schöne Pavillions,
Mountainbikestrampeln mit Rastmöglichkeit,
Lärm, weil mer sich ja ned nur unterhalten will, sondern Musik und Co haben will
usw....
Da ist schon einiges mehr dran als "150 Quadratmeter am Wegesrand für 3 Besucherpavillions, mit sichtbar geringer Bodenveränderung"