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Giebelstadt
Schulen vor dem Neustart: Wie gelingt der Alltag mit Corona?
Am Dienstag beginnt die Schule wieder. Wie haben sich die Schulen in der Region auf das neue Schuljahr mit Corona vorbereitet? Giebelstadts Grundschulrektorin berichtet.
Der Schulstart stellt die Einrichtungen in diesem Jahr vor nie dagewesene Herausforderungen. Unter anderem gilt es ein 26-seitiges Hygienekonzept umzusetzen, wie beispielsweise in der Grundschule Giebelstadt.
Foto: Thomas Obermeier | Der Schulstart stellt die Einrichtungen in diesem Jahr vor nie dagewesene Herausforderungen. Unter anderem gilt es ein 26-seitiges Hygienekonzept umzusetzen, wie beispielsweise in der Grundschule Giebelstadt.
Catharina Hettiger
 |  aktualisiert: 11.09.2020 02:11 Uhr

"Gemischte Gefühle" hat Barbara Bartsch, wenn sie an den diesjährigen Schulstart denkt. Die Rektorin der Grundschule Giebelstadt hatte in den vergangenen Wochen zusammen mit ihren Kolleginnen eine ganz besondere Aufgabe: das Vorbereiten eines neuen Schuljahres unter nie dagewesenen Umständen – mit vielen Unsicherheiten und unbekannten Variablen. "Natürlich ist da die Vorfreude auf die Kinder, auf das miteinander Lernen und Spielen“, sagt Bartsch. „Gleichzeitig gibt es die Sorge, ob alles gut geht."

Kann es gutgehen, wenn trotz der zunehmenden Zahl von Corona-Infektionen Präsenz-Unterricht an den Schulen stattfindet? Um das Risiko von Neuansteckungen zu minimieren, hat das Kultusministerium bereits Ende Juli ein 26 Seiten starkes Hygiene-Konzept für die Schulen vorgelegt. Dessen Umsetzung falle je nach Einrichtung sehr unterschiedlich aus, sagt Bartsch, allein die jeweiligen baulichen Voraussetzungen machten einheitliche Regelungen unmöglich.

An der Grundschule Giebelstadt werden knapp 190 Schüler unterrichtet.
Foto: Thomas Obermeier | An der Grundschule Giebelstadt werden knapp 190 Schüler unterrichtet.

Fünf Minuten Lüften pro Unterrichtsstunde

Der Bau der Giebelstädter Grundschule, in der je zwei erste bis vierte Klassen mit insgesamt knapp 190 Schülern unterrichtet werden, erweist sich als corona-tauglich: Da das Schulhaus aus nur einem Stockwerk besteht und somit alle Räume ebenerdig sind, "ist das Kommen und Gehen kein Problem", so Bartsch. Jedes Klassenzimmer kann direkt von außen über einen separaten Eingang betreten werden. Dadurch seien keine gestaffelten Anfangszeiten für die einzelnen Klassen nötig. Die Pausen sollen Erst- und Zweitklässler getrennt von den Dritt- und Viertklässler verbringen.

In den Schulräumen selbst wird die Umsetzung des Hygienekonzepts schon komplizierter: "Wenn Präsenzunterricht mit allen Kindern einer Klasse stattfinden soll, wie vom Kultusministerium gefordert, ist der Mindestabstand von 1,50 Meter nicht einzuhalten", stellt Bartsch fest. Und so gilt dieser Abstand nur dort, wo er möglich ist, etwa in den Gängen. Kinder und Lehrer sollen zudem Masken tragen, die sie nur abnehmen dürfen, wenn sie im Klassenzimmer sitzen, das pro Unterrichtsstunde mindestens fünf Minuten gelüftet werden muss.

"Normales kindliches Verhalten wird aktuell in manchen Situationen hintenangestellt."
Barbara Bartsch, Rektorin der Grundschule Giebelstadt
Aus Corona-Gesichtspunkten ideal: Jedes Klassenzimmer der Grundschule Giebelstadt kann direkt von außen über einen separaten Eingang betreten werden, wie Rektorin Barbara Bartsch demonstriert.
Foto: Thomas Obermeier | Aus Corona-Gesichtspunkten ideal: Jedes Klassenzimmer der Grundschule Giebelstadt kann direkt von außen über einen separaten Eingang betreten werden, wie Rektorin Barbara Bartsch demonstriert.

Spontaneität im Klassenzimmer ist nicht ohne weiteres möglich: "Die Kinder dürfen zum Beispiel im Unterricht nicht einfach aufspringen und zum Papierkorb laufen", erklärt Bartsch. Arbeitsmaterialien dürfen nicht geteilt werden, "der angekaute Bleistift soll nicht getauscht werden." Will der Lehrer dem Schüler etwas am Platz erklären, müssen beide ihre Maske aufsetzen. "Normales kindliches Verhalten wird aktuell in manchen Situationen hintenangestellt", so das Fazit von Bartsch.

Anders als in den Wochen vor den Sommerferien findet auch wieder Musik- und Sportunterricht statt. "Beim Sport dürfen die Kinder in den Bewegungsphasen die Masken abnehmen", erklärt Bartsch, "außerdem dürfen gemeinsame Geräte benutzt werden, wie zum Beispiel ein Volleyball." Vor und nach dem Sport sollen die Kinder die Hände waschen – und sich während des Unterrichts nicht ins Gesicht fassen. "Schwierig, wenn man schwitzt", findet Bartsch. Bei der Umkleide muss die Rektorin improvisieren: "Der Raum ist sehr klein und hat kein Fenster, da können wir die geltenden Vorschriften nicht einhalten." Eine Möglichkeit wäre es, die Kinder am Tag des Sportunterrichts bereits in Sportkleidung zur Schule zu schicken, überlegt die Rektorin.

CD und Sitzgymnastik statt Singen und Herumlaufen

Beim Musikunterricht achtet der Lehrer darauf, dass Instrumente wie Rasseln und Klangstäbe nicht unter den Schülern weitergegeben werden. Singen ist nur erlaubt, wenn die Schüler mit zwei Meter Abstand versetzt zueinander stehen, dabei nach vorne schauen – und alle zehn Minuten gelüftet wird. "Das geht gerade im Klassenzimmer nicht", sagt Bartsch und lacht etwas hilflos. Singen als Auflockerung im Schulalltag, gerade für die Kleinen, fällt somit weg. "Dann schalten wir eben eine CD ein und machen Sitzgymnastik."

Auch der Religionsunterricht birgt seine Tücken: Da manche Schüler statt dem Religions- den Ethikunterricht besuchen, mischen sich hier die Klassen, was der Vorgabe aus dem Ministerium - "die Gruppen sind getrennt zu halten" - widersprechen würde. "Eventuell können die Kinder einer Klasse zusammensitzen und dafür einen größeren Abstand zu den Kindern der Parallelklasse halten", so Bartschs Überlegung.

"Wir sollten im Sinne aller sehr vorsichtig sein."
Barbara Bartschs Appell an die Eltern

Ganz praktische Probleme in der Umsetzung ergeben sich aus der Forderung nach häufigem Händewaschen: "Die Kinder sollen unter anderem vor und nach der Schule, vor und nach der Pause, vor und nach dem Sport und vor und nach der Mittagsbetreuung die Hände waschen", zählt Bartsch auf. Bei nur einem Waschbecken pro Klassenraum ergibt sich so schon rein zeitlich ein Problem. "Wenn wir das Händewaschen auf das WC verlegen, begegnen die Schüler dort Kindern aus anderen Klassen", erklärt Bartsch. Desinfektionsspender werden vom Ministerium nicht empfohlen, da die Mittel nicht gut für Kinderhaut seien.

Fester Bestandteil des neuen Corona-Alltags: das gründliche und häufige Händewaschen, auch und gerade in der Schule.
Foto: Thomas Obermeier | Fester Bestandteil des neuen Corona-Alltags: das gründliche und häufige Händewaschen, auch und gerade in der Schule.

Bei all diesen Regelungen und Einschränkungen sieht die Rektorin auch die Eltern in der Pflicht: Sie müssten mit dem Schulteam bei der Vermittlung und Einhaltung der Vorschriften zusammenarbeiten. Sollte ein Kind Krankheitssymptome aufweisen, müssten zunächst die Eltern einschätzen, ob es zur Schule kommen kann oder nicht, findet Bartsch. Es gebe zwar ein offizielles "Erkältungskonzept", das sei aber "sehr dehnbar". "Wir sollten im Sinne aller sehr vorsichtig sein", so ihr Appell.

Was passiert, wenn trotz aller Vorsicht an der Schule ein Corona-Fall auftritt? "Dann würde ich schleunigst Kontakt zum Gesundheitsamt aufnehmen, das die nötigen Maßnahmen trifft", sagt Bartsch. Das Amt prüfe sehr individuell, ob nach einer Infektion eine Klasse, der ganze Jahrgang oder gar die gesamte Schule schließen müsse.

Schülerlaptops für den Fall eines erneuten Lockdowns

Sollte es zu einem erneuten Lockdown kommen, ist die Schule laut Bartsch digital gerüstet. "Seit etwa zwei Schuljahren werden bei uns Schülerlaptops genutzt", sagt die Rektorin. "Aus Geldern aus dem Subventionstopf für Schülerleihgeräte haben wir außerdem 19 Geräte angeschafft." Zwei Schülern pro Klasse könnte also ein Laptop für zuhause zur Verfügung gestellt werden, falls es dort keinen gibt. In den Ferien hätten die Lehrer außerdem Online-Fortbildungen absolviert, um zu sehen, welche digitalen Entwicklungen auch an der Grundschule sinnvoll einsetzbar sind.

Nicht nur durch die Hygienevorschriften wird Corona an den Schulen weiterhin präsent sein – auch als Thema im Unterricht wird es immer wieder aufgegriffen - "allein schon, um zu vermitteln, warum die Hygienemaßnahmen wichtig sind", so Bartsch. Und: "Nach den Ferien sollen die Kinder auch emotional in der Schule wieder ankommen." Dazu gehören unter anderem Gesprächsrunden, in denen Bartsch und ihre Kolleginnen auf die Fragen und eventuellen Ängste ihrer Schüler, auch hinsichtlich Corona, eingehen. "Grundschule ist ganz viel Beziehungsarbeit", betont Bartsch. "Zwischen Lehrer und Schülern, aber auch zwischen den Schülern selbst."

 
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