Bald sind auch in Bayern die Sommerferien vorbei –und für Bayerns Schulen schlägt die Stunde der Wahrheit: Gelingt trotz der zunehmenden Zahl von Corona-Infektionen die Rückkehr zum Präsenz-Unterricht in den Schulhäusern? Greifen die Hygiene-Konzepte? Und wie reagieren die Schulen, wenn dort Corona-Fälle auftauchen?
Zwar hat das Kultusministerium bereits zum Start der Sommerferien Ende Juli ein 26 Seiten starkes Hygiene-Konzept für die Schulen vorgelegt. Doch hört man sich im Umfeld der Schulen um, scheint es dort noch immer mehr Fragen, als Antworten zu geben. "Alles, was wir hier tun, hängt an einem seidenen Faden", bestätigt etwa Simone Fleischmann, Vorsitzende beim Lehrerverband BLLV. Klar bleibe nur eines: "Keine Schule wird funktionieren wie vor dem 15. März."
Präsenz-Unterricht steht in vielen Teilen Bayerns bereits wieder in Frage
Die Unsicherheit beginnt schon bei der Frage, ob überall Präsenz-Unterricht in voller Klassenstärke überhaupt möglich sein wird. Schließlich sieht das Hygiene-Konzept vor, in Städten oder Landkreisen ab 35 Corona-Fällen auf 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche wieder in den schichtweisen Unterricht mit geteilten Klassen zu gehen. Ab der Sieben-Tage-Inzidenz von 50 Fällen fordert die Vorgabe gar "Umstellung auf Distanz-Unterricht". Im Klartext: Die Schulen wären wieder zu.
15. März."
Großstädte wie München, Augsburg und Ingolstadt oder der Landkreis Kelheim kommen der 35er-Marke bereits jetzt bedenklich nahe. In der Stadt Rosenheim wäre derzeit nur Online-Schule möglich. Unterfranken liegt flächendeckend zwar noch weit unterhalb der kritischen Inzidenz-Werte. Experten warnen aber bereits, dass im Herbst überall in Bayern mit steigenden Infektionszahlen zu rechnen sei.
Hygiene-Plan: 14 Tage Klassen-Quarantäne auch bei negativem Corona-Test
Im Falle eines konkreten Corona-Falls in einer Schule sollen die Schüler einer betroffenen Klasse 14 Tage lang daheim in Quarantäne – auch wenn die beiden verpflichtenden Tests am Tag nach dem Bekanntwerden des Corona-Falls und fünf bis sieben Tage später negativ sind. Tomi Neckov, Schulleiter an der Schweinfurter Frieden-Mittelschule, befürchtet, dass es schwierig wird, alle Schüler tatsächlich schnell zu testen: "Viele Gesundheitsbehörden sind doch jetzt schon an ihrer Grenze."
Dies gelte auch für die Organisation der freiwilligen Corona-Tests für Lehrer: In Schweinfurt sei seiner Schule "ein Zeitfenster von einer Stunde" für die Testung zugewiesen worden. In Würzburg sollen die Lehrer am Wochenende im Testzentrum an der Talavera getestet werden. Manche Schulleiter in Bayern seien für die Lehrer-Tests gar an regionale Hausärzte verwiesen worden, berichtet Fleischmann: "Und was ich höre, hat das noch längst nicht überall geklappt."
Regelmäßige Tests für Lehrer? Eher unwahrscheinlich.
"Eigentlich bräuchten wir regelmäßige Tests wie für Mitarbeiter in Krankenhäusern", findet Schulleiter Neckov. Ob dies vor allem im Falle steigender Infektionszahlen überhaupt möglich ist? Eher fraglich. "Wir müssen halt das Beste aus der Situation machen", sagt Neckov.
An diesem Montag will Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit den Schulverbänden über den Start des neuen Schuljahres in Bayern sprechen. Ein Thema dürfte eine generelle Maskenpflicht auch im Unterricht sein. Das Hygiene-Konzept sieht diese Maßnahme derzeit bei regional mehr als 20 Corona-Fällen auf 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen vor.
Erst in den Schulbus quetschen, dann in der Schule penibel Abstand halten
"Masken im Unterricht sind für mich ein No-Go", findet Susanne Arndt, Vorsitzende der Elternvereinigung Bayern. "Mit Maske ist besser, als überhaupt kein Unterricht", glaubt dagegen Lehrerverband-Chefin Simone Fleischmann. Wichtig sei vor allem, stringente Lösungen innerhalb und außerhalb der Schule zu finden, glaubt Michael Schwägerl vom Lehrerverband bpv: "Denn Schule ist kein von der Gesellschaft isolierter Bereich." Auch Schüler würden letztlich nur Regeln akzeptieren, die auch anderswo gelten.
Die Widersprüche bei den Vorgaben beginnen aber schon beim Schulweg, findet BLLV-Chefin Fleischmann: "Erst in den Bus quetschen und dann in der Schule penibel 1,5 Meter Abstand halten – das funktioniert nicht." Letztlich werde Schule in Corona-Zeiten nur funktionieren können, wenn Lehrer, Eltern und Schüler mit viel gutem Willen an einem Strang ziehen, mahnt sie: "Die Schul-Realität wird uns dann zeigen, was geht, und was nicht."