Für Frauen, die Gewalt erfahren und in einem Frauenhaus Schutz suchen müssen, ist es oft schwierig, überhaupt einen Platz zu bekommen. Die beiden Häuser in Würzburg sind oft belegt: Die Konsequenz: Frauen müssen abgewiesen werden oder an andere Frauenhäuser vermittelt werden. Noch schwieriger ist es, wenn ältere Kinder untergebracht werden müssen. Denn Jungen ab 14 Jahren können nicht in jedem Frauenhaus zusammen mit ihrer Mutter unterkommen, weil es an den entsprechenden Apartments fehlt.
Das Problem ist bekannt – und die politisch Verantwortlichen im Landkreis Würzburg möchten helfen. Die Idee: ein sichtbares Frauenhaus in Giebelstadt. Der Kreistag hat dies auch im Juli beschlossen. Landrat Thomas Eberth (CSU) war nun in München im Sozialministerium und bringt keine guten Nachrichten mit, wie er am Freitag im Kreisausschuss berichtete. "Wo Licht ist, ist auch Schatten", so Eberth.
Die Polizei hat Sicherheitsbedenken
Denn, in einem Gespräch mit Sozialministerin Caroline Trautner wurde deutlich, dass es für das Frauenhaus im Moment keine staatliche Förderung geben würde, weil die Polizei Sicherheitsbedenken habe. Bei dem Gespräch in München war auch seine Stellvertreterin Christine Haupt-Kreuzer dabei. Sie hatte den Eindruck, dass hier das "Innenministerium das Sozialministerium sticht", weil es Zweifel an der Sicherheit für die Frauen gebe.
Bereits im Juli hatte Johannes Streib, stellvertretender Leiter für Kriminalitätsbekämpfung beim Polizeipräsidium Unterfranken, dazu seine Bedenken geäußert. Frauen könnten in einem sichtbaren Frauenhaus weniger geschützt werden, führte er aus. Dagegen ist die Adresse der beiden Häuser in Würzburg unbekannt.
CSU-Fraktionschef Jungbauer spricht sich für sozialen Wohnraum aus
Jürgen Maier, Leiter der zuständigen Polizeiinspektion Ochsenfurt, unterstreicht die Auffassung seines Kollegen. "Ein sichtbares Frauenhaus ist gleichwohl gefährdeter als ein anonymes", sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Grundsätzlich habe er keine Bedenken gegen ein sichtbares Frauenhaus, "aber nicht an diesem Ort". Denn, Giebelstadt sei mit Würzburg oder Ochsenfurt nicht vergleichbar, weil es in den beiden Städten durchschnittlich mehr Polizeipräsenz gebe, als in der 5000-Einwohner-Gemeinde. "Ein sichtbares Frauenhaus kann leichter Ziel eines gewalttätigen Aggressors sein, weil er die Örtlichkeit kennt", ist Maier überzeugt.
So sieht es auch CSU-Fraktionschef Björn Jungbauer: "Sicherheit ist Grundlage für ein Frauenhaus." Im Kreisausschuss sprach sich der ehemalige Polizist erneut dafür aus, doch lieber den zweiten Schritt zu gehen - nämlich sozialen Wohnraum für die Frauen zu schaffen. Aus der Kapitalkostenumlage zum Bau des Müllheizkraftwerkes habe der Landkreis noch zwei Millionen Euro übrig. "Von der einen Hälfte haben wir ein Schwimmbad gebaut, mit der anderen können wir sozialen Wohnungsraum schaffen", forderte er am Donnerstag.
Doch dann, so argumentiert Christine Haupt-Kreutzer dagegen, "würden wir jede Frau, die nicht in ein anonymes Frauenhaus möchte, weil sie sich nicht von ihren Kindern trennen will, im Stich lassen". Mit dem Konzept des sichtbaren Frauenhauses auf dem Land würde die Kreispolitik auch zur Sicherheit der Frauen beitragen. "Die Polizei kann auch nicht belegen, dass ein sichtbares Frauenhaus in einer Wohnumgebung besonders gefährdet ist."
Landrat Eberth ist enttäuscht über die Förderabsage aus München
Tatsächlich gebe es ein Frauenhaus mit einer offenen Adresse noch nicht in einer kleinen ländlichen Gemeinde, ergänzte Landrat Eberth. Daher wollte er es auch als Pilotprojekt fördern lassen. Die Absage habe ihn schon getroffen, sagte er. Eberth möchte die Polizeibeamten jetzt nicht überreden, sondern nun mit ihnen darüber sprechen, wie die Sicherheitsbedenken ausgeräumt werden können. Kreisrat Sven Winzenhörlein (Bündnis90/Die Grünen) möchte die Meinung der Polizei nicht überbewerten. "Wir sollten die Bedenken der Polizei nicht höher gewichten, als die Seite des Trägers", erklärte er. Er bezieht sich damit auf die Leiterin des Würzburger SKF-Frauenhauses Franziska Boes. Sie sagte bei der Kreistagssitzung im Juli, dass in Giebelstadt für die objektive Sicherheit der Bewohnerinnen und ihrer Kinder gesorgt sei.
Frauenhäuser mit offener Adresse gibt es beispielsweise in Germering bei München oder in Lübeck. "In diesen Städten gibt es schon eine gewisse Infrastruktur. Das kann man auch nicht mit Giebelstadt vergleichen", sagt Jürgen Maier. Er würde es begrüßen, wenn die Politik nun eine sinnvolle Möglichkeit finden würde, ohne dabei den Preis einer Gefährdung einzugehen. Das hat Landrat Eberth nun vor, bevor er wieder aufs Sozialministerium und die Kostenträger zugeht. Denn, ohne eine Beteiligung der Stadt Würzburg und der Landkreise Main-Spessart und Kitzingen, die sich jetzt schon finanziell an den Frauenhäusern beteiligen, möchte die Kreispolitik keinen Alleingang machen.