
Lieber Gordon Herbert,
als Sie das Halbfinale der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft gegen die USA coachten, war das für mich als Basketballer natürlich ein Pflichttermin. Gemeinsam mit fast 100 Kindern und Trainerkollegen verfolgten wir das Spiel im Rahmen eines Basketball-Camps in Veitshöchheim (Lkr. Würzburg) auf einer eigens dafür eingerichteten Leinwand im Geräteraum der Halle.
Jede erfolgreiche Aktion wurde bejubelt, und als Andreas Obst mit einem Dreipunkte-Wurf das Comeback der Amerikaner beendete, herrschte die pure Ekstase. Für Sie als Kanadier war der Erfolg gegen den Nachbarn USA sicher besonders emotional.

Zwei Tage später gelang Ihnen mit ihrer Mannschaft Historisches: Zum ersten Mal wurde Deutschland Basketball-Weltmeister. Als Sportjournalist verfolgte ich das Finale am Sonntag in der Redaktion. Eine solche Freude, auch bei mir selbst, über ein Sportereignis habe ich zuletzt beim WM-Titel der Fußballer im Jahr 2014 erlebt.
In Würzburg nahm Ihre Karriere Fahrt auf
Für Sie war es die Krönung Ihrer bisherigen Karriere, die in der Saison 2000/01 in Würzburg eine entscheidende Wendung nahm. Mit den "jungen Wilden" Marvin Willoughby, Robert Garrett und Demond Greene und dem erst 17-jährigen Kreso Loncar, der heute Sportdirektor in Würzburg ist, wurden Sie Fünfter der Hauptrunde in der Bundesliga.
Mit Freude erinnern Sie sich "an die wunderschöne Stadt mit der Burg auf einem Hügel", in der ihre Karriere als Trainer nach Stopps in Österreich und Finnland Fahrt aufnahm.

Über 20 Jahre später sind Sie ein Kenner des deutschen Basketballs, gewannen mit Frankfurt eine Meisterschaft und den "Fiba Europecup" und wurden glücklicherweise vor gut zwei Jahren zum Bundestrainer ernannt.
Basketball-Deutschland lag zwar damals nicht am Boden, immerhin hatten die DBB-Männer sich für die Olympischen Spiele qualifiziert und dort das Viertelfinale erreicht. Trotzdem war es Zeit für einen Neuanfang. Sie versprachen bei ihrer Antrittspressekonferenz Medaillen. Nach Bronze bei der Heim-EM gab es nun Gold bei der Weltmeisterschaft.
Herr Herbert, Ihre stoische Ruhe zahlt sich aus
Herzlichen Glückwunsch an die Verantwortlichen beim Deutschen Basketball-Bund zu diesem Geniestreich. Denn mit Ihrer stoischen Ruhe sind Sie der perfekte Gegenpool zum emotionalen Dennis Schröder, den Sie zum Anführer und Kapitän der Mannschaft machten.

Mögliche Probleme erstickten Sie bereits im Keim, beispielsweise als Schröder in einem Podcast gegen den Würzburger NBA-Profi Maxi Kleber wetterte oder sich in einer Auszeit beim Spiel gegen Slowenien Ihren Anweisungen widersetzte. Das Vertrauen zahlte Schröder als bester Spieler des Turniers zurück.
Während Ihre Spieler auf dem Feld ausgelassen den Finalerfolg feierten, mussten Sie sich erstmal zurückziehen. Das Bild von Ihnen, wie Sie dort auf dem Boden sitzend versuchen zu realisieren, was Sie soeben erreicht hatten, ging um die Basketball-Welt. Es erinnerte mich an Dirk Nowitzki, der 2011 nach dem Gewinn der NBA-Finals auch von seinen Gefühlen überwältigt in die Katakomben flüchtete.

Ob Sie mittlerweile wissen, was dieser Erfolg für Basketballerinnen und Basketballer in Deutschland bedeutet? Der Journalist Andre Voigt hat es mit einem Post in den sozialen Medien passend zusammengefasst: Dieser Erfolg sei für alle Kids, die am Wochenende um acht Uhr zum Auswärtsspiel fahren, für alle Trainer, Schiedsrichter, Eltern, Großeltern, Ehrenamtliche und Tischoffizielle.
Ein WM-Titel für alle Basketball-Fans also - auch für die der Würzburg Baskets, die ihre Mannschaft sogar über 700 Kilometer zu Auswärtsspielen begleiten. Denn genau für diese Menschen bedeutet diese Weltmeisterschaft wortwörtlich die Welt.
DFB sorgt für negativen Höhepunkt
Herr Herbert, zur Wahrheit gehört leider auch: Basketball ist in Deutschland eine Randsportart, die Wertschätzung für den Fußball ist viel größer. Womit wir auch beim negativen Höhepunkt des vergangenen Wochenendes wären. Genau in der "Crunch-Time", der entscheidenden Spielphase, platzt die Meldung, dass der DFB Bundestrainer Hansi Flick entlassen hat.
Dass der DFB den Basketballern nicht mal diesen Moment des Erfolgs für sich alleine gönnt, macht mich wütend. Noch vor dem Ende des Spiels mussten sich die Basketballer die Aufmerksamkeit der Sportfans mit den Fußballern teilen. Im Basketball nennt man das ein unsportliches Foul!
Aber das soll nicht Ihre Sorge sein, Herr Herbert. Behalten Sie ihre ruhige Art und arbeiten Sie weiter so hart für den Erfolg in Basketball-Deutschland. Vielleicht gelingt es Ihnen auch, Maxi Kleber im kommenden Sommer bei den Olympischen Spielen wieder ins Team zu integrieren.
Bei den Spielen in Paris wird vielleicht auch die Öffentlichkeit in Deutschland wahrnehmen, was Nationalspieler Moritz Wagner so zusammenfasst: "Deutscher Basketball ist endlich sexy!"
Liebe Grüße aus der Stadt mit der Burg auf einem Hügel,
Tim Eisenberger, Sportredakteur und Basketball-Fan
die perfekte Würdigung eines sporthistorischen Moments, den alle Basketballfreunde ausgiebig genießen sollten. Hervorragend formuliert, den Kern sehr schön herausgearbeitet.
Die Mannschaft hatte es schon im EM - Halbfinale 2022 gegen Spanien in der Hand (war selbst in der Halle damals), hat es diesmal verdient und mit Glück geschafft und besitzt jetzt die Möglichkeit, die Geschichte positiv weiterzuschreiben. Hoffentlich erhält der Basketball endlich die Aufmerksamkeit, die er - im Gegensatz zum oft ziemlich langweiligen Fußball - verdient hat.
Und eines noch, nicht vergessen: Deutschland ist Basketball - Weltmeister !🏀😊
Gerhard Müller, Grüner Bezirksrat mit Bssketballherz💚