
"Morgens und zur Feierabendzeit ist es am schlimmsten", sagt Oliver Bertsche. Unterhalb seiner Wohnung in der Würzburger Siligmüllerstraße reihen sich dann die Autos und Busse aneinander, es wird gehupt, geparkt und rangiert, Rettungswagen bahnen sich mit lauter Sirene ihren Weg durch den dichten Verkehr. Ruhe? Daran ist neuerdings in Bertsches Wohnung nicht mehr zu denken. Seit vielen Jahren wohnt er dort, laut war es allerdings nie. Kein Wunder: Bis vor kurzem lag sein Zuhause in einer gemütlichen Anwohnerstraße. Gegenüber liegt der Hauptfriedhof - von Haus aus ein stiller Ort - und so war unterhalb seiner Wohnung kaum was los: "Das war traumhaft - aber jetzt ist es vorbei."
Nach 28 Jahren ist plötzlich was los in der einst ruhigen Anwohnerstraße
28 Jahre lang war die Siligmüllerbrücke direkt neben Bertsches Haustür gesperrt gewesen, bevor die erneuerte Brücke vergangenes Jahr wieder für den Verkehr freigegeben wurde. In dieser Zeit verirrte sich kaum ein Fahrzeug in die Straße. Als die Brücke 2023 wiedereröffnet wurde, nahm der Verkehr etwas zu. "Richtig schlimm ist es aber erst, seitdem die Rottendorfer Straße dicht ist", sagt Bertsche.
Seit Mitte Januar dieses Jahres ist wenige Meter weiter die Rottendorfer Straße gesperrt, auch hier wird jetzt die Brücke über die Bahngleise erneuert. Während nun dort die Geschäftsleute über weniger Zulauf klagen, sind die Siligmüllerstraße und die angrenzende Annastraße zu Hauptverkehrsachsen geworden. Nicht nur wesentlich mehr Autos fahren neuerdings hier durch, auch die Routen diverser Buslinien führen nun dort entlang, genauso wie die der Rettungsfahrzeuge, die zur Missio-Klinik müssen.
Lesen Sie hier, wie die Anwohner und Geschäftsleute der nun gesperrten Rottendorfer Straße mit der neuen Situation umgehen.
Etwas unterhalb von Oliver Bertsches Wohnung liegt in der Annastraße die Maria-Ward-Schule. "Auch wir merken, dass wesentlich mehr Verkehr vor der Schule herrscht, gerade zu den Stoßzeiten", sagt Birgit Thum-Feige, die Schulleiterin der Mädchen-Realschule. Besonders laut seien außerdem auch die vielen Rettungswagen, die jetzt dort entlang fahren. "Wir sind froh, dass wir gute Fenster haben." Aber: Beschweren möchte sich Thum-Feige nicht. "Wir sind nun mal eine Schule mitten in der Stadt, da ist viel Verkehr eigentlich ganz normal." Jahrelang sei die eigentlich zentral gelegene Schule aufgrund der Lage neben der stillgelegten Brücke und dem Friedhof eine "Oase der Ruhe" gewesen, so nennt es die Rektorin. "Es war klar, dass dieser Zustand irgendwann endet."

Problematisch ist ihrer Ansicht nach eher die Geschwindigkeit, mit der die vielen Autos an der Schule vorbei brettern: "An die vorgeschriebenen 30 Kilometer pro Stunde hält hier kaum einer", sagt sie. Eine Gefahr für ihre Schülerinnen befürchtet Thum-Feige aber nicht: "Unsere Schülerinnen sind alt genug und verkehrssicher. Die wissen, dass sie aufpassen müssen." Für die Schulkinder hat die neue Situation in ihren Augen auch etwas Positives: "Viele Buslinien halten wegen des geänderten Fahrplans jetzt hier in der Annastraße direkt vor der Schule. Das ist für unsere Schülerinnen natürlich auch ein Gewinn."
Eine Gefahrenstelle ist direkt am Kindergarten
"Wir waren jedes Mal von der Stadt gut vorbereitet auf die anstehenden Baumaßnahmen. Aber wir merken jetzt, dass es Gefahrenpunkte gibt, an denen wir noch nacharbeiten müssen", sagt Tanja Krauß, Leiterin des Maria-Ward-Kindergartens, der unterhalb der Schule an der Ecke zwischen Annastraße und Martin-Luther-Straße gelegen ist. Einer dieser Gefahrenpunkte ist genau dieser Einmündungsbereich. Hier ist der Gehsteig besonders schmal.
Auch die Stadt ist auf dieses Problem schon aufmerksam geworden. "Nachdem mit den Umbauarbeiten im letzten Jahr dort auch taktile Leitelemente eingebracht wurden, konnten auf deren weißer Materialfarbe Radspuren von LKW erkannt werden. Hinzu kamen entsprechende Hinweise aus der Bevölkerung.", schreibt die Stadt auf Anfrage der Redaktion. Heißt zu Deutsch: Große Fahrzeuge fahren beim Abbiegen auf den Gehsteig. "Der Fachbereich Tiefbau und Verkehrswesen hat daraufhin umgehend ein Abbiegeverbot für den Schwerverkehr ausgeschildert, sodass eine potenzielle Gefahr für Fußgänger unterbunden wurde." Busse fahren allerdings weiterhin um die enge Kurve.
Ein Stück Mauer für ein Stück Gehsteig
Auch eine Gehsteigverbreiterung werde derzeit geprüft, heißt es weiter von der Stadt. Tanja Krauß geht ins Detail: "Wie es aussieht, werden wir ein Stück unserer Mauer abgeben, um hier einen breiteren Gehsteig zu bekommen", sagt sie. Dieser käme dann nicht nur den Kindern und Eltern zu Gute, sondern auch allen anderen Passanten.

Bleibt also der Lärm. "Den hören wir im Kindergarten natürlich auch", sagt Krauß. "Aber wir waren verwöhnt - und müssen jetzt das Beste draus machen." So sieht es auch Oliver Bertsche. Der Schnitt seiner Wohnung lässt es nicht zu, dass er sein Schlafzimmer in den Teil verlegt, in dem weniger vom Dauer-Verkehr zu hören ist. "Mir graut es aktuell vor dem Sommer, wenn man immer die Fenster aufhat", sagt er. Was er dann machen wird, weiß er noch nicht. "Wenn es gar nicht anders geht, muss ich wohl umziehen", sagt er. Denn die Oase der Ruhe, sie wird wohl nicht so schnell zurückkommen: Bis die Rottendorfer Straße wieder geöffnet wird, soll es Herbst 2026 werden.
Das ist Blödsinn, sorry. Kommt man aus dem Hubland und fährt Richtung Bahnhof, ist sofort eine Fußgängerampel vorhanden, man steht. Man müsste schon mit sehr viel Zuversicht die Strecke herunter rasen. Ab Mittag kann nicht schneller als 30 gefahren werden, da es Rückstaus gibt.
Ich habe bei meinem Auto schon oft die durchschnittliche Geschwindigkeit protokolliert und die befindet sich in der Innenstadt bei 12-17 km/h.
Elterntaxis empfinde ich als unnötig. Es gibt viele Schulen in Würzburg und Kinder mussten auf dem Land auch laufen.
Jeder will eine neue Brücke, eine neue Straße, aber bitte keinen Verkehr darauf, weder Lärm noch Baustelle. Wasch mich, aber mach mich nicht nass.
Kindergarten und Schule sind Teil des Problems. Wie auch andernorts hat sich in der Elternschaft der Vorgenannten die Unsitte der „Elterntaxis“ etabliert. Besonders im Bereich Anna-/Siligmüller-/ Leiblstr. stauen sich die verkehrswidrig haltenden Autos der (vermeintlich) gehfaulen Kinder, die zu großen Teilen auch nicht über Bustickets verfügen.
Zudem ist die Annastr. zwischen Einmündung Rottendorfer Str. und Siligmüllerstr. zur Durchfahrtsstraße für diverse motorisierte Verkehrsteilnehmer geworden - obwohl dies durch Verkehrszeichen verboten ist. Erkennbar ist das v.a. an den vielen Lieferdienstautos, die sich den Unweg über die Martin-Luther-Str. sparen. An Tempo 30 hält sich dort außerhalb der Stoßzeiten kaum jemand.