Seit Mitte Januar ist die Bahnüberführung im Verlauf der Rottendorfer Straße für den motorisierten Verkehr gesperrt. Nur noch Fußgänger und Radfahrende können sie - vorerst - noch benutzen. DIe Straße war bis zu ihrer Sperrung eine der Hauptachsen zwischen der Innenstadt, dem oberen Frauenland, dem Hubland mit der Universität und Gerbrunn. Und nun?
Bis zur Fertigstellung des Ersatzneubaus der maroden Brücke über die Bahnlinie Würzburg-Treuchtlingen und Würzburg-Stuttgart, deren Unterbau in Teilen aus dem Jahr 1870 stammt, muss sich der Verkehr neue Wege suchen. Das wird bis Ende 2026 der Fall sein. Wie geht es den Anwohnern und Geschäftsleuten ohne den stetig rollenden Durchgangsverkehr in der nun "ruhigen" Rottendorfer Straße?
Christian Knies wohnt seit Ende 2020 an der Ecke Rottendorfer Straße / Annastraße im zweiten Stock. Er arbeitet viel im Home Office und ist deshalb auch tagsüber viel zu Hause, wie er berichtet. "Es ist deutlich weniger geworden, das ist ja fast eine Sackgassensituation vor meiner Tür", sagt er. "Alles, was noch kommt, biegt höchstens in die Annastraße ab." Man merke deutlich, dass es keinen Durchgangsverkehr mehr gebe. Nur das eine oder andere Baustellenfahrzeug fahre noch oder mal ein Lieferservice. "Es fahren auch keine Rettungsfahrzeuge mehr vorbei, aber komplett ruhig ist es nun auch nicht", meint er.
Der Großteil der Kundschaft der Filiale arbeitet in der Umgebung
Und die Geschäftsleute? "Morgens merken wir es etwas, weil die Leute fehlen, die sonst hier auf den Bus gewartet haben", sagt Melek Emir von der Filiale der Bäckerei Schiffer in der Rottendorfer Straße 9. Das Geschäft habe sich nun etwas auf den Nachmittag verschoben. "Warum weiß ich nicht", sagt sie. Der Großteil der Kundschaft der Filiale würde in der Umgebung arbeiten oder wohnen, deswegen seien die Auswirkungen der Sperrung für sie nicht so spürbar.
Michael Hannig betreibt die Luitpold-Apotheke in der Rottendorfer Straße 4 an der Ecke zur Dürerstraße. Er ist hingegen ganz und gar nicht begeistert: "Derzeit erleben wir einen deutlichen Rückgang der Kundenfrequenz, da die Apotheke nicht mehr so ohne Weiteres erreichbar ist", beklagt er. Hinzu komme der Wegfall von drei Buslinien, über die seine Kunden die Apotheke bisher leicht erreichen konnten. Kurz vor der Brückenschließung seien zudem öffentliche Parkplätze direkt vor der Apotheke entfernt worden, die seit Gründung der Apotheke im Jahr 1907 bestanden hätten, wie er sagt. Dies sei ohne Ankündigung seitens der Stadt geschehen, beklagt der Apotheker.
"Wir leben vom Straßenverkehr, und die Rottendorfer Straße ist tot."
Er wünscht sich, dass die Stadt in Erwägung ziehe, während der Brückenschließung diese Parkplätze doch wieder für Kunden zu aktivieren. "Auch als ortsnahe Versorger im Not- und Nachtdienst möchten wir sicherstellen, dass Kunden uns leicht erreichen können", lautet seine Begründung.
Ins gleiche Horn stößt der Betreiber der Tankstelle gegenüber. Er will namentlich nicht genannt werden, gibt aber bereitwillig Auskunft. Wie auch Hannig gefällt ihm die Sperrung nicht. Das Geschäft habe um etwa 50 Prozent nachgelassen. "Wir sind eine Tankstelle, wir leben vom Straßenverkehr, und die Rottendorfer Straße ist tot", sagt er. "Zum Glück haben wir viele Stammkunden, die uns treu geblieben sind und extra herfahren." Auch die Nachbarn kämen ja nach wir vor. "Aber trotzdem haben wir wahnsinnige Einbußen", beklagt er.
"Aus meiner Sicht hat sich vor unser Haustür beim Verkehr wenig verändert"
Thomas Hawel wohnt nur wenige Meter von der Rottendorfer Straße entfernt an der Kreuzung der Annastraße mit der St.-Benedikt-Straße. Als Selbstständiger, der viel von zu Hause arbeite, könne er den Verkehr vor seiner Haustür sehr gut verfolgen, sagt er. "Aus meiner Sicht hat sich vor unser Haustür beim Verkehr wenig verändert", so Hawel. Wobei die meisten Autofahrer dort den Kennzeichen nach Auswärtige seien, wie er festgestellt habe. Das liege seiner Ansicht nach wohl hauptsächlich daran, dass diese mit Navis ohne Updates fahren würden, bei denen die Sperrung "noch nicht angekommen" sei.
Der Anwohner glaubt, dass die Hinweisschilder ungünstig platziert seien
"Die fahren nach wie vor in die Rottendorfer Straße, werden dann dort vom Sackgassenschild auf Höhe der Jet-Tankstelle überrascht und versuchen dann über die Dürerstraße Richtung St.-Benedikt-Straße die Sperrung zu umfahren", vermutet er. An der St.Benedikt-Straße stünde dann jedoch erneut ein Sackgassenschild. "Also fahren sie die Dürerstraße weiter bis zur Konradstraße, biegen da links ab, fahren die St.-Benedikt-Straße wieder runter und stehen dann bei uns vor der Haustür auf der großen Kreuzung und überlegen, wo es weitergeht", erzählt der Anwohner.
Er glaubt, dass die Hinweisschilder ungünstig platziert seien. "Wenn ich von der Sanderau komme, steht das Schild zum Beispiel erst nach dem Kreisverkehr am Friedrich-Ebert-Ring", sagt er. Doch genau an diesem Kreisverkehr könnte der Verkehr bereits über die Valentin-Becker- und Seinsheimstraße Richtung oberes Frauenland umgeleitet werden, sagt Hawel. Aber das geschehe dadurch nicht.