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WÜRZBURG
Foodwatch: Rückrufe kommen oft zu spät
Foodwatch-Pressesprecherin Sarah Häuser kritisiert Behörden und Unternehmen für deren Rückruf-Taktiken.
Foto: Foodwatch | Foodwatch-Pressesprecherin Sarah Häuser kritisiert Behörden und Unternehmen für deren Rückruf-Taktiken.
Lucas Kesselhut
Lucas Kesselhut
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:48 Uhr

Keime und gefährliche Gegenstände in Lebensmitteln sollten ausreichenden Anlass bieten, Verbraucher schnell und ausführlich zu warnen und die Produkte aus dem Verkehr zu ziehen. In den allermeisten Fällen geschieht dies auch, allerdings oft zu spät und für viele Verbraucher kaum wahrnehmbar. Zu diesem Ergebnis kommt der Verbraucherschutz-Verein Foodwatch. Pressesprecherin Sarah Häuser erklärt, wer ihrer Meinung nach Schuld daran ist.

Frage: Sie bemängeln, dass belastete Lebensmittel zu spät zurückgerufen werden. Was führt Sie zu diesem Vorwurf?

Sarah Häuser: Am Beispiel des Portals haben wir festgestellt, dass jeder zweite Rückruf mit einer Verzögerung auf die Website gestellt wird.

Woran liegt das?

Häuser: Das hat unterschiedliche Gründe. Es liegt zum Beispiel daran, dass Behörden keinen Wochenenddienst leisten und es deswegen zu Verzögerungen kommt. Ähnlich sieht es bei Feiertagen aus. Zusätzlich sind die Mechanismen bei Behörden sehr bürokratisch geregelt und es ist nicht klar, wie die Zusammenarbeit zwischen kommunalen und Oberbehörden konkret aussieht.

Ist das Portal gescheitert?

Häuser: Kaum ein Verbraucher kennt das Portal, das ist das Problem. Da Verbraucher nicht durch einen Newsletter über Warnungen informiert werden, müssen diese also aktiv auf der Seite suchen. Dazu kommt, dass die Website unübersichtlich und lückenhaft ist und die Rückrufe verzögert erscheinen. Ja, das Portal ist gescheitert und erfüllt seinen Zweck nicht.

Sie kritisieren auch, dass viele Verbraucher gar nichts von Rückrufen mitbekommen.

Häuser: Die Unternehmen sind natürlich im Konflikt. Sie müssen eine Pressemeldung veröffentlichen, das machen sie meistens auch. Allerdings müssen sie dafür nicht alle Kanäle nutzen. Instrumente, die sie gerne für Marketingmaßnahmen verwenden, nutzen sie nur ungern für Rückrufe – zum Beispiel Social Media und Online-Newsletter.

Ist es nicht im Interesse der Unternehmen, gefährliche Lebensmittel schnell aus dem Markt zu ziehen?

Häuser: Es kann natürlich positiv sein, wenn Unternehmen schnell reagieren und ein Lebensmittel zurückrufen anstatt einen Skandal zu riskieren. Gleichzeitig sind Unternehmen um das eigene Image besorgt.

Werden in jüngster Vergangenheit mehr Produkte zurückgerufen?

Häuser: Ja, in 2017 ist die Zahl der Produktwarnungen weiter gestiegen, auf drei bis vier pro Woche. Über die vergangenen sechs Jahre verzeichneten wir einen konstanten Anstieg.

Ist das ein gutes oder schlechtes Zeichen?

Häuser: Das ist kein Beweis dafür, dass die Produkte immer unsicherer werden. Im Gegenteil kann es eher positiv sein, dass Unternehmen transparenter arbeiten.

Was muss sich in Zukunft Ihrer Meinung nach verbessern?

Häuser: Die Handelsketten müssen proaktiver reagieren und auch jeden Kanal zur Information nutzen. Denn sie sind sehr nahe am Kunden dran. Aber die gesetzlichen Vorgaben müssten auch verschärft werden, denn bis jetzt wird eher auf Freiwilligkeit plädiert. Behörden müssten da mehr Rechtssicherheit bekommen. Momentan warten die Behörden eher auf Rückrufe von Unternehmen.

Über Sarah Häuser

Sarah Häuser ist seit Juli 2017 Pressesprecherin bei Foodwatch. Sie studierte Sozialwissenschaften in Düsseldorf und Internationale Beziehungen in Berlin und Prag. Vor ihrem Start bei dem Verbraucherschutzverein setzte sich Häuser beim Bund für Umwelt und Naturschutz für Verbraucherschutz ein. Foodwatch wurde im Oktober 2002 in Berlin vom ehemaligen Greenpeace-Geschäftsführer Thilo Bode gegründet. (lke)
 
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